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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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in die Tasche irgendeiner Zimmermagd?«
    »Diese Zimmermagd heißt Doktorwürde der Medizin.«
    »Ho! Hundert Dukaten, um zum Doktor erhoben zu werden?«
    »Hundertdreißig! Dreißig fehlen mir noch! Die Auslagen eines Doktoranden nehmen kein Ende!«
    »Wenn Euch noch dreißig Dukaten fehlen«, sprach sie darauf, »werde ich sie Euch aus meiner eigenen Schatulle geben.«
    »Oh, Madame!« rief ich aus, »Ihr seid der holdeste Engel auf Erden, doch meine Scham verbietet mir, dies anzunehmen.«
    »Wie!« sprach sie zornigen Blicks, »lehnet Ihr meine Gabe etwa ab, weil ich als Jungfrau nicht in Eure ›Schule der Verzückung‹ eintreten kann? Muß es erst so weit kommen, um Eure Freundin zu sein?«
    Mir blieb nichts anderes, als anzunehmen, sonst hätte sie sich erzürnt, so unendlich gebefreudig ist das zarte Geschlecht, sobald sein Herz gerührt ist, sei es auch nur durch freundschaftliche Gefühle. Denn sie duldete nicht die kleinste Vertraulichkeit, nur einige züchtige Küßchen auf ihre Grübchen und einen einzigen ganz kurzen Kuß auf ihre schönen Lippen, mit beiden Händen auf dem Rücken – so befahl sie es.
    Ich verließ das Palais derer von Joyeuse beschwert mit Dukaten, erleichtert an Sorgen und voller dankbarer Gefühle für diese beiden trefflichen Frauenzimmer. Allein, nachdem mein Beutel wohlgefüllt, mußte ich ihn doch bald wieder leeren, so leid es mir auch tat. Also machte ich mich auf, meinem »Va ter «, dem Kanzler Saporta, die ihm geschuldete Summe zu bringen: dreißig Dukaten Honorar, denn er sollte bei meinen triduanes den Vorsitz führen. Während dieses Besuches hoffte ich inständig, Typhema, das hübsche junge Eheweib dieses Graubartes, zu Gesicht zu bekommen, doch vergebens. Saporta war ein wahrer Türke, welcher sein Weib in einer Kammer eingesperrt hielt aus Angst, es könnte sie ihm einer entführen – und sei es nur mit den Augen, so gingen meine dreißig Dukaten dahin, ohne daß ich das Vergnügen ihres Anblickes hatte, und erhielt auch kaum ein Dankeschön dafür.
    Beim Doyen Bazin, den mein Studiengenosse Merdanson »Fötus« nannte – er war nämlich klein, mager, schwächlich und kränklich, gleichwohl aber giftig in Blick und Rede –, ward ich noch unfreundlicher empfangen, denn als den »Sohn« des Kanzlers Saporta haßte er mich ebenso wie meinen »Va ter «. Überdies hatte er den Vorsitz bei meinen
triduanes
führen wollen und fühlte sich nun, da Saporta ihm dieses Amt weggeschnappt hatte, um die dreißig Dukaten gebracht, war er doch ein Geizkragen und Küssenpfennig wie kein Sohn einer ehrlichen Mutter im ganzen Languedoc. So kann man sich leicht vorstellen, wie er mit sauertöpfischer und verdrossener Miene meine zwei Dukaten und zehn Sols einsteckte und mir mit schneidender Stimme »stürmische und fährnisreiche«
triduanes
prophezeite.
    Doktor Feynes indes, welcher der einzige Katholik unter den vier königlichen Professoren war, nahm meinen Obolus mit seiner gewohnten Gutmütigkeit entgegen. Bläßlich und verschroben, zog er sich hier noch mehr in sich zurück, wo er sich vorkam wie eine arme kleine papistische Maus, welche sich in ein hugenottisches Loch verirrt hat. Von ihm waren keine Schikanen zu erwarten, aber auch keine Hilfe: er machte kaum den Mund auf und würde in unseren Disputationen keine große Rolle spielen.
    Was den Doktor Salomon betraf, den ich als letzten aufsuchte, so dankte er mir für meine zwei Dukaten und zehn Sols, als hätte ich ihm alle Schätze jenes Königs zu Füßen gelegt, dessen Namen er trug. Gemeiniglich führte er jedoch diesen Namen nicht mehr, sondern ließ sich d’Ássas nennen nach seinem Besitz in Frontignan. Wie schon einige Male delektierte er mich im schattigen Grün seines Gartens mit dem köstlichen Rebensaft seiner Weinberge und dem Kuchen, welchen seine Hausmagd Zara verfertigt, die in ihrer lieblichen Anmut so schön war, daß ich nach dem Backwerk gern die Bäckerin genossen hätte. Doch solches durfte nicht sein. Es wäre Frevel und Verrat gewesen, da der Doktor d’Ássas sie gar sehr liebte und mir so große Freundschaft bezeugte.
    »Höret, Pierre de Siorac«, sprach er, »nehmet Euch wohl in acht: der Mann, welcher Euch ›stürmische und fährnisreiche‹ Disputationen prophezeit hat, bereitet Euch gar hinterhältige Fallen. Keine Frage ohne Hinterlist! Dies ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«
    »Was soll ich nur beginnen? Was dagegen tun?«
    »Ich will es Euch sagen«, entgegnete d’Ássas,

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