Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)
bitte.« Dan schnitt eine Grimasse.
»Wir haben die Inhaberin der Schrubberkompanie heute Morgen um acht erwischt. Sie heißt Merethe Finsen und wohnt irgendwo in Frederiksberg.« Flemming trank einen Schluck Kaffee. »Sie wusste sofort, über wen wir reden. Benjamin Winther heißt er. Er ist dreiundzwanzig und wohnt bei seiner Mutter in einem der Wohnblocks hinter dem Krankenhaus. Ich bin rausgefahren, als ich die Adresse hatte, und sie waren beide zu Hause, er und seine Mutter. Die Mutter hat seine Geschichte in jedem Punkt bestätigt.«
»Er sieht nicht so aus wie einer, der noch bei seiner Mutter wohnt, oder? Der macht doch eher den Eindruck, als hätte man ihn in einem Jugendzentrum großgezogen oder als hätte er nach dessen Abriss in irgendeiner anarchistischen Kommune in Berlin gelebt. Wie ist sie – die Mutter, meine ich?«
»Blond, groß, schlank, sieht eigentlich ganz nett aus, war aber ziemlich nervös. Sie hatte Angst, dass ihr Sohn Probleme bekommt.«
»Das kann man ihr ja auch nicht verdenken«, meinte Dan. »Hast du Hunger?«
Flemming schüttelte den Kopf. »Ich esse auf dem Rückweg einen Hotdog. Fällt dir eigentlich bei der Geschichte nichts auf?«
Dan runzelte die Brauen. »Ja, jetzt, wo du es sagst. Wieso hast du Lillianas Daten nicht bekommen, wenn es bei Benjamin so leicht ging?«
»Volltreffer.« Flemming lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich wusste doch, dass du aufgeweckter bist, als es zurzeit den Anschein hat. Merethe Finsen sagt, sie hätte nie von Lilliana gehört. Sie behauptet sogar, Benjamin würde seine Putzjobs allein erledigen.«
»Im Plural? Hat er noch andere Arbeitsstellen?«
»Na klar, was denkst du dir eigentlich? Glaubst du, man kann von zwei Arbeitsstunden am Tag leben?« Flemming schüttelte den Kopf. »Benjamin und vermutlich auch Lilliana haben abends an drei Orten geputzt. Von 17 . 00 bis 19 . 30 Uhr in einem Kindergarten am Klosterbakken, von 21 . 00 bis 22 . 00 Uhr bei euch und von 22 . 30 bis circa 0 . 30 Uhr bei einem Bäcker in der Algade.«
»Aber Lilliana war immer dabei. Das muss man doch an den Abrechnungen sehen können.«
»Eben nicht. Da steht nur ›Reinigung laut Vereinbarung in diesem oder jenem Monat‹. Kein Wort darüber, wer daran beteiligt war.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Nein, natürlich nicht. Ich habe mit einem richterlichen Beschluss gedroht, dann hat uns die Besitzerin die Erlaubnis gegeben, die Rechnungen der Firma durchzusehen. Sie dachte wohl, dass sie noch Zeit dafür haben würde, die eine oder andere Zahl ein bisschen zu frisieren, aber ich habe einen Streifenwagen der Polizei Frederiksberg geschickt, die standen schon vor der Tür, als sie zu ihrem Büro kam. Sie erschien, eine Viertelstunde nachdem wir unser Telefonat beendet hatten. Wahrscheinlich hat es sie überrascht, dass die Beamten auch ihren Laptop mitgenommen haben.« Er schüttelte den Kopf. »Die Sache stinkt schon von Weitem nach Schwarzarbeit. Wenn sonst nichts dabei rauskommt, tun wir wenigstens dem Finanzamt einen Gefallen damit, ihr ein bisschen auf die Finger zu schauen.«
»Was sagt Benjamin?«
»Er behauptet, keine Ahnung zu haben. Angeblich wusste er nur, dass seine Kollegin Lilliana hieß und nicht besonders gut Dänisch sprach. Sie haben anderthalb Jahre zusammengearbeitet.« Flemming zuckte mit den Achseln. »Mit ihm sind wir ganz sicher noch nicht fertig. Aber ich bin mir sicher, dass er die Geschichte sehr genau mit seiner Mutter abgesprochen haben wird, wenn wir ihn zu fassen kriegen.«
»Glaubst du, er war es?«
»Ich kann es dir wirklich nicht sagen. Ganz sicher gibt es die eine oder andere Sache, die er uns verheimlicht.«
Dan wippte eine Weile auf seinem Stuhl, sein Blick ging ins Leere. »Ich weiß nicht, vielleicht habt ihr ja bereits daran gedacht, aber …«
»Sag schon!«
»Na ja, vor einem Jahr haben wir die Alarmanlage der Agentur ausgetauscht, eine der interessanten Funktionen des neuen Systems ist, dass man überprüfen kann, wann die einzelnen Zugangskarten benutzt wurden.«
Flemming richtete sich auf. »Man kann also sehen, wann die einzelnen Mitarbeiter kommen und gehen?«
»Fast. Wenn man geht, braucht man nur den Türöffner zu drücken, dann sieht man natürlich nicht, wer das Büro verlässt. Immerhin kann man genau nachrecherchieren, wann der Türöffner von innen aktiviert wurde – und eine Liste von allen ausdrucken, die hineingegangen sind, oder jedenfalls, welche Zugangskarten benutzt
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