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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Luft besser fühlen. Mein Name ist Karl Henrik Jensen.«
    Ich merkte eine leichte Übelkeit, aber obwohl es heftig windete, gab es keine Wellen, nicht einmal als wir das alte Fährbecken verlassen hatten und auf den Streifen Land zusteuerten, der sich im Wasser erstreckte. Wir tuckerten um die Landspitze herum und an der anderen Seite wieder hinunter. Nach wenigen Minuten legte er an einem Bootssteg an. Es war ein kleiner Jachthafen. Es schien niemand dazusein an diesem kühlen Frühlingswerktag. Kreischend segelten die Möwen herum, als suchten sie nach den verschwundenen Fähren. Ich sah etwas, was einem Golfgelände ähnelte. Rote Fähnchen flatterten im Wind, und ein Mann hielt hilflos nach irgend etwas Ausschau. Karl Henrik Jensen half mir auf den Steg und zeigte auf ein wartendes Auto.
    »Gehen Sie zu dem Fahrzeug, ich komme gleich nach«, sagte er. Ich ging zu dem Auto, das aussah wie alle anderen Autos auch. Am Steuer saß ein junger Mann. Er langte über die Rücklehne und öffnete die hintere Tür.
    »Guten Tag, Herr Pedersen«, sagte er. Die waren alle so was von höflich. Einen Moment später kam Karl Henrik Jensen. Er setzte sich auf den Beifahrersitz. Bevor er die Tür zuknallte und wir losfuhren, hörte ich wieder das tuckernde Geräusch des Schiffsmotors. Also gab es noch einen dritten, der das kleine Boot wieder wegfahren konnte. Das schien eine sorgfältig geplante Aktion zu sein.
    »Wer beschattet mich? Und warum?« sagte ich ein bißchen angespannt.
    »Der PND oder die Kripo. Jedenfalls haben wir beobachtet, daß ein Auto hinter Ihnen auf den Parkplatz bog, während ein anderes an der Ausfahrt stehenblieb, falls Ihnen eingefallen wäre zurückzufahren.«
    »Ich habe nichts Verbotenes getan«, sagte ich.
    »Wir auch nicht. Wir möchten uns nur gern mit Ihnen unterhalten, ungestört und privat. Das ist das einzige, was wir sicherstellen wollen. Haben Sie die Unterlagen dabei?«
    »Nein. Mein Koffer ist verschwunden. Ich muß zur SAS. Ich kann wohl Schadenersatz verlangen.«
    Er drehte sich zu mir um und sagte mit seiner ruhigen Stimme: »Das ist nicht so gut.«
    »Dafür kann ich doch nichts«, sagte ich sauer.
    »Es ist einfach nicht so gut«, sagte er.
    Wir fuhren durch Nyborg und dann nach Süden in Richtung Svendborg.
    »Wo fahren wir hin?«
    »In weniger als einer halben Stunde sind wir da«, sagte er. »Dann gibt es auf alles eine Antwort. Nur noch ein wenig Geduld, Herr Pedersen, und genießen Sie unsere schöne fünische Landschaft.«
    Was anderes hatte ich eh nicht zu tun. Sie wollten sich nicht weiter erklären. Und es ist ja wunderschön auf Fünen, und ich ging nicht davon aus, daß sich die Insel zu einer dänischen Version von Tschetschenien entwickelt hatte. Es ergab nicht sehr viel Sinn, einen mittelaltrigen Akademischen Rat für Russisch und Geschichte zu kidnappen. So daß ich mich zurücklehnte und die hübsche Lilliputlandschaft an mir vorüberziehen ließ, bis wir von der Landstraße in eine schmale Nebenstraße abbogen und dann scharf rechts auf einen Kiesweg fuhren, der auf einen hinter einer Hecke liegenden, kleinen, weißgekalkten Hof mit Strohdach zuführte. Als wir auf dem Vorplatz hielten, konnten wir von der Nebenstraße aus nicht mehr gesehen werden.
    Ich kroch aus dem Auto und streckte meinen Rücken. Ein großer, aufrecht stehender Mann um die Fünfundsechzig stand in der Tür. Er hatte kräftiges, weißes Haar über einer hohen, schmalen Stirn und lange, starke Arme in einem kurzärmligen Hemd, das bis zum Hals zugeknöpft war. Als er auf mich zutrat und lächelte, entblößte er eine Reihe gleichmäßiger weißer Zähne, während sein Blick mich taxierte, ein wenig zu lange, so wie sein fester Händedruck ein wenig zu lange dauerte. Ganz so als wären wir alte Freunde, die sich nach Jahren der Trennung wundersamerweise wiedergetroffen hatten. Hinter ihm trat Fritz aus dem Haus und sah mich an.
    »Tag, Teddy«, sagte er.
    »Tag, Fritz. Hab ich mir doch gedacht, daß du was mit der Sache zu tun hast.«
    »Wäre besser, wenn Irma hier wäre«, sagte Fritz und wischte sich die Hände an der Hose ab. Er hatte sein altes graues Tweedsakko an, dazu trug er ein helles Hemd und einen sorgfältig gebundenen Schlips und eine blaue Hose. Er hielt seine kalt gewordene Pfeife in der Hand.
    »Ja, aber diesmal kann Irma uns nicht retten«, sagte ich.
    »Ich freue mich, dich kennenzulernen, Teddy. Ich freue mich, Irmas Bruder kennenzulernen. Du kommst wohl vor allem nach deiner

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