Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
dass ich herausfinde, was das alles zu bedeuten hat.«
    »Arbeitest du nicht mehr mit Rhuna zusammen?«
    »Rhuna wird neue Statthalterin von Lukdaria. Gestern ist sie abgeflogen. Ich bin jetzt allein für das kaiserliche Archiv zuständig.«
    »Statthalterin?« In der Stimme ihrer Mutter schwang deutliche Missgunst mit. »Unglaublich. Als wir damals den Kaiserpalast stürmten, konnte sie wahrscheinlich gerade laufen. Und heute macht sie große Karriere.«
    Lamita atmete tief ein. »Mutter, das gilt für mich genauso. Ich war damals vier.« Die alten Rebellen schienen sich schwer an den Gedanken gewöhnen zu können, dass nun, da der unsterbliche Kaiser nicht mehr regierte, in Zukunft eine Generation der anderen folgen würde.
    Interstellares Schweigen. Jede Sekunde kostete ein kleines Vermögen. »Ja, das ist wohl der Lauf der Dinge«, seufzte ihre Mutter schließlich. »Dann bist du jetzt also ganz allein in deinem Museum.«
    »Es ist kein Museum, es ist ein Archiv«, verbesserte Lamita. Sie spürte die unterschwellige Herabsetzung in den Worten ihrer Mutter und ärgerte sich, obwohl sie sich vorgenommen hatte, sich nicht mehr provozieren zu lassen. »Abgesehen davon ist es wirklich lächerlich. Eine Viertelmillion Jahre Geschichte des Kaiserreiches, und ich ganz allein mittendrin – dabei könnte man im Archiv Antworten auf Fragen finden, die wir noch nicht einmal gestellt haben …«
    Warum konnte ihre Mutter sie nur immer zur Weißglut treiben, indem sie die Hälfte von dem, was sie sagte, überhörte? »Und sonst? Bist du ansonsten auch allein?«
    »Mutter!« Diese Leier wieder. Wahrscheinlich würde eine weitere Million Jahre vergehen, und Eltern würden ihre Kinder immer noch ihr Leben lang bevormunden.
    »Ich frage doch nur …«
    »Und du kennst meine Antwort. Du wirst es erfahren, falls ich einmal ein Kind bekommen sollte. Meine Männergeschichten bis dahin gehen nur mich etwas an – in Ordnung?«
    »Kind, ich will mich bestimmt nicht in dein Leben einmischen; es würde mich nur beruhigen zu wissen, dass du nicht allein …«
    »Mutter? Können wir bitte das Thema wechseln?«
    Der Provisorische Rat hatte außergewöhnlich viele Beobachter zu dieser Sitzung eingeladen. Das war zu erwarten gewesen, ging es doch um den ersten Bericht über den Abschluss einer aufsehenerregenden Mission in der wieder entdeckten Provinz des Kaiserreiches. Da der Rat im ehemaligen Thronsaal tagte, der, wie es sich für den zeremoniellen Mittelpunkt des Reiches gehörte, von atemberaubender Ausdehnung und Ausstattung war, stellte das weiter kein Problem dar.
    Lamita zwängte sich zwischen zwei alten Ratsmitgliedern hindurch auf der Suche nach dem Sitzplatz, den man ihr zugewiesen hatte. Sicher in einer der hinteren Reihen. Satzfetzen verfolgten sie, bauten ein Bild der Stimmung.
    »… im Moment wirklich andere Sorgen als uns um einen obskuren Kult in einer verloren gegangenen Galaxis zu kümmern.«
    »Ich halte das für ein Manöver von Jubad und Karswant, um ihren Einfluss im Rat …«
    In den hinteren Reihen war nichts. Sie hielt ihre Einladung fest umklammert und ärgerte sich über ihre Unsicherheit angesichts all dieser alten Helden der Rebellion.
    Zu ihrem Schrecken fand sie ihr Namensschild ganz vorn, unmittelbar hinter dem Halbrund der Tische, an denen die Räte saßen. Man schien tatsächlich Wert darauf zu legen, dass sie sich eine Meinung bildete. Sie setzte sich unauffällig und sah sich um. Mitten im Halbrund, vor dem Projektor, stand ein großer Tisch. Schräg gegenüber entdeckte sie Borlid Ewo Kenneken, mit dem sie in der Gheera-Angelegenheit seit einiger Zeit zu tun hatte. Er gehörte dem Verwaltungsausschuss für den imperialen Nachlass an und war, was das Archiv betraf, in manchen Belangen so etwas wie ihr Vorgesetzter. Er nickte lächelnd herüber, und Lamita bemerkte wieder einmal, dass sein Blick sich nur sehr zögernd vom Anblick ihrer Figur löste.
    Der Gong wurde geschlagen, um den baldigen Beginn der Sitzung anzukündigen. Lamita betrachtete das mannshohe und überreich verzierte Instrument fasziniert. Eines Tages würde der Sitz der Regierung woanders und der alte Kaiserpalast ein Museum sein, das faszinierendste Museum des Universums.
    Sie entdeckte die gedrungene Gestalt eines Generals in voller Uniform, der in Begleitung einiger Offiziere eben den Saal betrat. Er wirkte bullig, bärbeißig und von unerschütterbarer Selbstsicherheit. Das musste Jerom Karswant sein, der die Gheera-Expedition

Weitere Kostenlose Bücher