Die Haarteppichknüpfer - Roman
und so heftig angegriffen, dass wir uns zunächst zurückziehen mussten.«
Natürlich war Borlid attraktiv, nach allgemeinen Maßstäben. Und was man so hörte, ließ er wenig Chancen bei den weiblichen Angehörigen der Palastverwaltung ungenutzt. Lamita horchte tief in sich hinein. Das war wirklich nicht der Grund, warum sie ihn ablehnte. Es war mehr … seine Unreife. Sie fand ihn als Mann flach, unreif, uninteressant.
»Man muss dazu bedenken, dass wir bis dahin ja nur eine kleine Expeditionsflotte waren, bestehend aus einem Schweren und drei Leichten Kreuzern sowie fünfundzwanzig Expeditionsbooten. Wir warteten also das Eintreffen der vom Rat bewilligten Kampfverbände ab, griffen dann die Station an und besetzten sie schließlich mit relativ geringen eigenen Verlusten. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem schwarzen Loch in Wirklichkeit um das Portalfeld eines riesigen Dimensionstunnels handelte, groß genug, um mit übergroßen Transportschiffen beflogen zu werden. In diesem Dimensionstunnel waren, und das seit Jahrzehntausenden, samt und sonders alle in Gheera hergestellten Haarteppiche.
Lamita wusste, dass sie, schlank, mit langen blonden Haaren und endlosen Beinen, gut aussah. Kein Mann, der nicht nach ihr den Kopf drehte, wenn sie vorbeiging. An ihrem Aussehen konnte es nicht liegen, dass sie schon so lange allein war. Sie fragte sich, was sonst mit ihr nicht stimmen mochte.
»Wir brachten ein Transportschiff auf, das aus dem Tunnel kam. Es war beladen mit leeren Containern, die wohl für den Transport von Haarteppichen gedacht waren. Nach eingehenden Untersuchungen und Überlegungen wagten wir es, mit einem kompletten Kampfverband aufs Geratewohl durch den Dimensionstunnel zu fliegen. Und wir entdeckten ein Sonnensystem, von dem jeder geglaubt hatte, dass es nicht mehr existiere, weil wir es da, wo es sich den Sternkarten zufolge hätte befinden müssen, nicht mehr vorgefunden hatten – wir fanden den Planeten Gheerh.«
Borlid war vergessen. Das hier war Geschichte hautnah. Gheerh war vermutlich einmal das Zentrum eines großen Reiches gewesen, des Reiches Gheera, bevor die Flotten des Kaisers darüber hergefallen waren und es erobert hatten, um es dem Kaiserreich einzuverleiben. Und um es später aus irgendeinem unbekannten Grund vom restlichen Reich zu isolieren und wieder zu vergessen.
»Das Sonnensystem befand sich in einer gewaltigen Dimensionsblase, zu der der Tunnel, den wir benutzt hatten, der einzige Zugang war. Das war der Grund, warum wir Gheerh nicht an der in den Sternkarten verzeichneten Position gefunden hatten. Bis dahin hatten wir geglaubt, es sei zerstört worden, aber tatsächlich hatte man es mithilfe der Dimensionsblase aus unserem Universum entfernt; es sozusagen eingekapselt in ein winziges eigenes Universum, in dem es außer der Sonne Gheerhs keine Sterne gab. Aufrechterhalten wurde die Blase von Anlagen, die sich auf dem sonnennächsten Planeten des Systems befanden und die ihren unermesslichen Energiebedarf direkt aus der Sonne stillten. Diese Anlagen wiederum wurden von stark bewaffneten und extrem beweglichen Kampfraumschiffen bewacht, die uns unmittelbar nach unserem Eintreffen in der Blase attackierten. Da sie uns dabei den Rückweg abschnitten, griffen wir unsererseits die Blasenprojektoren an und zerstörten so viele davon, dass das Sonnensystem in das normale Universum zurückstürzte. Es kehrte an seine ursprüngliche Position zurück, und nachdem uns die übrigen Kampfverbände zu Hilfe gekommen waren, gelang es uns schließlich, die gegnerischen Kräfte zu neutralisieren und den Planeten Gheerh zu besetzen.«
Karswant hielt inne. Zum ersten Mal schien er nach den richtigen Worten zu suchen.
»Ich habe schon viele merkwürdige Dinge gesehen in meinem Leben«, fuhr er zögernd fort, »und die meisten Leute, die mich kennen, sagen mir nach, ich sei nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Aber Gheerh …«
Das Projektorbild zeigte einen größtenteils eintönig grauen Planeten, auf dem es fast keine Ozeane gab. Lediglich im Bereich der Pole waren geringfügige Verfärbungen auszumachen.
»Wir fanden einige Millionen Ureinwohner, die unter erbarmungswürdigen Umständen ein primitives Leben fristen. Und wir fanden einige hunderttausend Mann, die sich für Truppen des Kaisers halten und einen gnadenlosen Ausrottungskrieg gegen diese Menschen führten. Schritt um Schritt arbeiteten sie sich vor, töteten, brannten ab und metzelten nieder und zogen ihre
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