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Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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solange der General dem Rat der Rebellen nicht Bericht erstattete, konnte dieser nicht entscheiden, was zu tun war. Und solange keine Entscheidung gefallen war, würde die Flut der Haarteppiche weitergehen, würden sie überall diese obszönen Stapel, diese Berge, diese Unmengen von Haarteppichen ansehen müssen.
    »Heißt das, wir sollen jetzt den ganzen Planeten absuchen?«, fragte Stribat ahnungsvoll.
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Nein, aber ist der Aufwand zu rechtfertigen? Ich meine, angenommen, Nillian lebt – dann hätte er sich doch sicher bis hierher in die Hafenstadt durchgeschlagen. Hier ist der Raumhafen; wenn überhaupt, dann hat er hier Chancen, gefunden zu werden. Oder aber er ist tot, und dann ist er doch wahrhaftig nicht das einzige Opfer, das diese Expedition zu beklagen hat.«
    »Er hat das Phänomen der Haarteppiche entdeckt.«
    »Ja, und?« Stribat warf dem Kommandanten einen prüfenden Seitenblick zu, als wolle er sich versichern, ob er ihm das, was er zu sagen hatte, zumuten konnte. »Ich will dir nicht deinen Stolz nehmen, Wasra, aber könnte es vielleicht sein, dass General Karswants Motive nicht ganz so edel sind, wie du glauben möchtest?«
    Wasra horchte auf. »Wie meinst du das?«
    »Vielleicht will er hauptsächlich einem ganz bestimmten Ratsmitglied einen Gefallen tun?«
    »Einem ganz bestimmten Ratsmitglied?«
    »Ratsmitglied Berenko Kebar Jubad.«
    Wasra sah den Kameraden forschend an, während er angestrengt überlegte, was dieser ihm wohl zu sagen versuchte. Jubad war es gewesen, der damals beim Sturm auf den Sternenpalast den Kaiser gestellt und im Zweikampf erschossen hatte, und seit jener Zeit genoss er einen geradezu legendären Ruf.
    »Was hat Jubad damit zu tun?«
    »Jubads Vater«, sagte Stribat langsam, »hieß Uban Jegetar Berenko …«
    Er hätte ihn genauso gut ohrfeigen können. Wasras Unterkiefer klappte haltlos herab. »Jegetar!«, wiederholte er mühsam. »Nillian Jegetar Cuain. Die beiden sind verwandt …«
    »Offensichtlich.«
    »Und du meinst, Karswant wartet deswegen … ?«
    Stribat zuckte nur die Schultern.
    Wasra hob den Kopf, starrte in den dunkel werdenden Himmel, in dessen Zenit die ersten Sterne auftauchten. Die Sterne, die dem Kaiser gehörten. Es nahm kein Ende. War der Kaiser tot? Oder war es schon so weit, dass sie seinen Bezwinger zum nächsten Kaiser machten?
    »Wir kehren zurück zum Schiff«, stieß er schließlich hervor. Er hatte plötzlich das Gefühl, es nicht einen Augenblick länger hier auszuhalten, nicht ausgerechnet hier, im Tor zum Zählhof. »Sofort.«
    Stribat gab den Soldaten der Eskorte hastig ein Zeichen, und sofort sprangen die Motoren der beiden Panzerwagen an, dumpf und markerschütternd. Die Zugtiere, die schon ausgeschirrt waren und sich zum Schlafen aneinander gelegt hatten, hoben ruckartig die Köpfe und stierten herüber.
    Jeder auf dem Platz ging bereitwillig zur Seite, als sie losfuhren. Sie folgten der Spur des dritten Panzerwagens, der schon vorausgefahren war mit dem Mann, den sie befreit hatten. Dem Flötenmeister. Eine Weile kreisten Wasras Gedanken um diesen Begriff, und er versuchte sich vorzustellen, was das sein mochte. Dann, als das Vibrieren des Sitzes auf seinen Körper übergriff, erinnerte er sich wieder an das Gefühl, mit dem er hierher gefahren war: Stärke und Überlegenheit hatte er empfunden, und er hatte es genossen. Die Macht und ihre Versuchungen – es schien, als würden sie es niemals lernen, auch nach zweihundertfünfzigtausend Jahren Kaiserreich nicht.
    Er beugte sich vor und griff nach dem Mikrofon der Kommunikationseinheit. Als er den Dienst habenden Funker der SALKANTAR erreichte, befahl er: »Schicken Sie einen Mehrfachfunkspruch an die TRIKOOD, General Jerom Karswant. Text: Nillian Jegetar Cuain ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tot. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass er religiöser Lynchjustiz zum Opfer gefallen ist. Guten Heimflug, und meine besten Empfehlungen an die Zentralwelt. Gezeichnet Kommandant Wasra und so weiter.«
    »Sofort?«, fragte der Funker.
    »Ja, sofort.«
    Als er sich zurücklehnte, fühlte er sich eigensinnig und trotzköpfig, und es fühlte sich gut an. Es war wie kaltes Feuer in seinen Adern. Morgen würde er die Aufklärungsgruppe in der ganzen Stadt ausschwärmen lassen, damit sie jedem, den sie kriegen konnten, erzählten, was in dieser Galaxis vor sich ging. Und dass der Kaiser tot war. Himmel, er konnte es plötzlich kaum erwarten, den

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