Die Haarteppichknüpfer - Roman
Körper fuhr und ihn vorwärts schleuderte wie ein unerwarteter Stoß in den Rücken. Unwillkürlich griff er, ohne im Laufen innezuhalten, nach der Stelle, wo der Schmerz seinen Ursprung hatte, und durch Tränen in seinen Augen sah er Blut an seiner Hand. Viel Blut.
Der Feind hatte ihn getroffen, aber er lebte noch. Nicht aufgeben. Weiterrennen. Der Feind hat einen Fehler gemacht. Auch der Feind machte einmal Fehler. Auch diese Kolosse hatten nicht unbegrenzte Macht. Er war weit genug weg gewesen, um entkommen zu können. Er würde entkommen. Er würde es schaffen. Er blutete, ja, aber das hieß nichts. Er kämpfte. Rennen. Immer weiter rennen. Er wählte immer den Kampf. Die Herausforderung. Er, der Krieger. Er, Cheun vom Stamm der Oneun. Er schaffte es bis zum Fuß der Berge, schaffte es auch noch ein Stück den Pfad hinauf, der jetzt im hellen Licht lag, bevor er zusammenbrach.
Diesmal war es so weit. Cheun lag mit geschlossenen Augen auf dem Rücken, die Hände auf seine Wunde gepresst, und spürte, wie das Leben aus ihm rann. Mit unvermuteter Klarheit wusste er, dass er sterben würde, und es tat ihm nur leid um die Horde, die jetzt ohne ihre Krieger fliehen musste in eine feindliche, tote Weite, in der sie alle umkommen würden.
Er hörte die Geräusche der vorrückenden Feinde, spürte das hilflose Beben des Bodens im Rücken und hörte das vieltausendfache Knistern und Brechen niedergewalzter Pflanzen. Sein Atem ging schwer. So also war es, das Ende. Sein Ende. Wenigstens würde er verblutet sein, lange ehe die Maschinen anfingen, den Berg zu erklimmen. Einsamkeit erfüllte ihn, während er keuchend dalag und sich an die letzten Funken seines Lebens klammerte. Er überlegte, ob es jemanden gab, dessen Gegenwart er sich jetzt gewünscht hätte, doch es fiel ihm niemand ein. So also war sein Ende: elend.
Und dann war auf einmal Stille, und kein Licht drang mehr durch die Lider. Cheun schlug die Augen auf. Über sich, am endlos weiten Nachthimmel, schaute er die Sterne.
Die Rückkehr
Wozu das alles? Er wusste es nicht. Nach all den Jahren, all den grausigen Entdeckungen und blutigen Ereignissen, nach all den Albträumen …
»Kommandant Wasra?«
Er sah unwillig auf. Es war Jegulkin, der Navigator, und man sah ihm an, dass es ihm leid tat, ihn stören zu müssen.
»Ja?«
»Wir erreichen den Planeten G-101/2. Haben Sie besondere Anweisungen?«
Wasra brauchte nicht zu überlegen. So oft hatten sie in den vergangenen Monaten Planeten wie diesen angeflogen, so oft das Ende des Kaiserreiches verkündet, dass er sich manchmal fühlte wie in einem endlosen Albtraum, in dem er dazu verurteilt war, für alle Zeiten die gleichen Worte sagen und die gleichen Handbewegungen vollführen zu müssen. Nein, fiel ihm ein, diesmal war es anders; für diesen Planeten hatte er einen besonderen Befehl. Aber der machte es auch nicht leichter.
»Keine besonderen Anweisungen. Wir suchen den Raumhafen und landen dort.«
»Jawohl, Kommandant.«
Wasra starrte auf den großen Hauptschirm, der den Weltraum so zeigte, wie ihn auch das unbewehrte Auge gesehen hätte. Ein kleiner, matt leuchtender Fleck kam näher: der zweite Planet der Sonne G-101. Auch hier lebten Haarteppichknüpfer, wie auf tausenden anderer Planeten. Planeten, die sich alle zu ähneln schienen.
Und dahinter glommen kalt und starr die Sterne, von denen jeder eine andere Sonne war oder eine andere Galaxis. Wasra fragte sich düster, ob sie es wohl jemals schaffen würden, das Kaiserreich endgültig hinter sich zu lassen, das Erbe der Kaiser endgültig loszuwerden. Es kam ihm so aussichtslos vor. Wer würde je mit Sicherheit sagen können, dass sich hinter einem dieser starren Lichtpunkte nicht ein weiterer unentdeckter Teil des Reiches verbarg, dass sich nicht eine weitere Tür zu einem weiteren, schrecklichen Geheimnis auftun konnte?
Er sah sein Spiegelbild in der Abdeckung eines Geräts und wunderte sich, wie so oft in den letzten Wochen, dass sein Gesicht immer noch jung wirkte. Die graue Uniform des Kommandanten schien ihm aus einem schwereren Stoff gemacht als die Uniformen, die er bis dahin getragen hatte, und das Abzeichen seines Ranges schien von Tag zu Tag mehr zu wiegen. Er war gerade volljährig gewesen, als er sich der Expedition unter General Karswant angeschlossen hatte, ein junger Soldat, der aufregende Dinge erleben und sich beweisen wollte. Und heute, nach nur drei Jahren in dieser riesigen Provinz, fühlte er sich uralt, so alt wie der
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