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Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Kaiser selber, und konnte es nicht fassen, dass man es seinem Gesicht nicht ansah.
    Tausende von Landungen wie diese, so kam es ihm vor, hatten sie schon hinter sich, und es schien immer so weitergehen zu wollen.
    Obwohl, nein – dieser Planet war doch etwas Besonderes. In gewissem Sinn hatte hier alles angefangen. Die SALKANTAR hatte diesen Planeten schon einmal angeflogen, in einem mühsamen, Wochen dauernden Irrflug, ausgestattet nur mit schlechten, uralten Karten. Damals war er noch ein ganz normales Besatzungsmitglied gewesen, und niemand hatte geahnt, dass ihnen blutige Kämpfe mit kaiserlichen Truppen bevorstanden, die nichts davon wussten, dass der Kaiser tot und das Kaiserreich besiegt war. Damals hatte es so ausgesehen, als sei die Expedition so gut wie abgeschlossen. Man hatte sich für die Rückkehr eingerichtet, Vorkehrungen getroffen für den großen Sprung durch den Leerraum zwischen den Galaxien. Wasra hatte Aufräumarbeiten auf dem dritten Deck geleitet, und wenn ihm einer erzählt hätte, dass er zwei Jahre später das Kommando über die SALKANTAR innehaben sollte, dann hätte er ihn ausgelacht. Und doch war es so gekommen, und diese zwei Jahre hatten unbarmherzig einen Mann aus dem Jungen gemacht, der er einmal gewesen war. Und alles hatte hier seinen Anfang genommen, auf diesem Planeten, dessen helle, trostlos sandbraune Scheibe langsam größer und runder wurde und auf dessen Oberfläche sie jetzt erste Konturen ausmachen konnten.
    Wasra erinnerte sich an das Gespräch mit General Karswant, als sei es gestern gewesen, nicht schon vor Wochen. Der bärbeißige alte Mann, vor dem sich alle fürchteten und den sie doch alle liebten, hatte ihm ein Foto gezeigt. »Nillian Jegetar Cuain«, hatte er gesagt, und eine unerklärte Traurigkeit hatte in seiner Stimme gelegen. »Ohne diesen Mann wären wir seit fast drei Jahren wieder zu Hause. Ich möchte, dass Sie herausfinden, was aus ihm geworden ist.«
    Dieser Mann war auf G-101/2 gelandet, einer ausdrücklichen Anweisung zum Trotz, und hatte die Haarteppiche entdeckt. Wasra hatte zuerst nicht glauben wollen, was an Gerüchten in die Mannschaftsquartiere durchsickerte, so absurd schien es; doch dann wurde der Bericht Nillians in allen Einzelheiten bestätigt. Bei den Haarteppichen, so gab die Expeditionsleitung bekannt, handele es sich um äußerst aufwändige Knüpfarbeiten aus menschlichem Haar, so aufwändig tatsächlich, dass ein Knüpfer in seinem ganzen Leben nur einen einzigen Teppich vollendete. Doch das alles wäre trotzdem kaum mehr als eine Anmerkung im Expeditionsbericht wert gewesen ohne die unerwartete Begründung: Diese Teppiche, so erklärten die Haarteppichknüpfer, waren für den Palast des Kaisers bestimmt, und ihre Herstellung war eine heilige Pflicht. Das ließ aufhorchen – denn jeder, der jemals im kaiserlichen Palast gewesen war, bestätigte, dass dort zwar die merkwürdigsten Dinge zu finden waren, aber ganz bestimmt kein Haarteppich.
    Die Expeditionsflotte legte sich auf die Lauer, und nach einigen Monaten war tatsächlich ein großes, erbarmungswürdig heruntergekommenes Transportschiff erschienen, das auf dem Planeten landete und ihn nach etwa zwei Wochen wieder verließ. Sie folgten dem Schiff, verloren es wieder und fanden dafür einen weiteren Planeten, auf dem Haarteppiche geknüpft wurden, mit der gleichen religiösen Begründung. Und dann noch einen und noch einen, dutzende bald und rasch hunderte, und dann schwärmten die Expeditionsboote wieder aus und fanden immer noch mehr und noch mehr Welten, auf denen Haarteppiche geknüpft wurden, Horden automatischer Erkundungsroboter wurden losgeschickt und fanden auch nichts anderes, und als zehntausend solcher Welten entdeckt waren, gab man es auf, weiter zu suchen, obwohl davon auszugehen war, dass es noch mehr geben musste …
    Die Triebwerke traten in Aktion, und ihr dumpfes Donnern ließ den Boden unter ihren Füßen erzittern. Wasra griff nach dem Mikrofon des Logbuchs. »Wir landen in wenigen Augenblicken auf dem zweiten Planeten der Sonne G-101 im Planquadrat 2014-BQA-57 Sektor 36-01. Unsere Standardzeit ist 9-1-178005, letzte Eichung 2-12. Leichter Kreuzer SALKANTAR, Kommandant Jenokur Taban Wasra.«
    Der Landeplatz wurde sichtbar, eine riesige befestigte Fläche, zernarbt und von altersschwachen Triebwerken verbrannt. Ein alter Raumhafen, Jahrtausende alt. Jeder dieser Planeten hatte genau einen solchen Raumhafen, und alle sahen sie gleich aus. Immer lag eine

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