Die Haarteppichknüpfer - Roman
worden. Sie hatten es mit Gildeoberen zu tun gehabt, die aus unerklärlichen Quellen schon vom Tod des Kaisers gewusst hatten, aber darum baten, es der Bevölkerung nicht kundwerden zu lassen, aus Angst um ihre Position in der Gesellschaft. Letztendlich, überlegte Wasra, hatten sie keinen Einfluss darauf, was tatsächlich geschah, wenn sie wieder fort waren. Auf vielen Welten mochten noch Jahrhunderte vergehen, ehe die alte Zeit tatsächlich ein Ende fand.
Der Auftrag des Generals fiel ihm wieder ein. Er schnaubte ärgerlich, weil er ihn fast vergessen hätte, und zog seinen Kommunikator hervor. »Kommandant hier. Vormann Stribat, bitte zu mir in die Bodenschleuse.«
Es dauerte nur Augenblicke, bis ein großer, dürrer Soldat aus einer Tür trat und sich zu einer nachlässigen Ehrenbezeigung aufbaute. »Kommandant?«
Wasra sah unwillig auf. »Lass den Blödsinn«, knurrte er. Stribat und er hatten in der ersten Zeit zusammen Dienst an Bord der SALKANTAR getan. Stribat hatte jetzt die Bodenfahrzeuge und die Fußsoldaten unter sich. Keine große Karriere. Große Karrieren sind nur etwas für Narren, dachte Wasra düster.
»Erinnerst du dich daran, dass wir schon einmal auf diesem Planeten waren?«
Stribat riss überrascht die Augen auf. »Tatsächlich? Ich habe schon seit Wochen den Verdacht, dass wir immer wieder denselben Planeten anfliegen …«
»Unsinn. Wir waren schon einmal hier, aber es ist drei Jahre her. Die SALKANTAR hatte den Auftrag, nach einem der KALYT-Boote zu suchen, das in Schwierigkeiten war.«
»Und weil wir keinen Eintauchpunkt hatten, sprangen wir wochenlang von einer Sonne zur nächsten, bis wir die richtige erwischten.« Stribat nickte nachdenklich. »Ich werde nie vergessen, wie schlecht mir damals war von den vielen Überlichtflügen so kurz hintereinander … Nillian, das war doch der Name? Einer der Piloten des KALYT-Bootes. Er landete, entdeckte die Haarteppiche und verschwand dann spurlos. Oh …?«
Wasra sah das Verstehen in den Augen des anderen aufglimmen und nickte nur. »Wir sollen herausfinden, was aus ihm geworden ist. Bemanne die gepanzerten Fahrzeuge; wir fahren in die Stadt zum Haus der Gilde.«
Wenig später kamen drei schwer gepanzerte Fahrzeuge auf ihren Raupenketten in die Bodenschleuse gerasselt. Ihre Motoren wummerten tief und stark, und es tat einem weh in der Magengrube, länger als einige Augenblicke neben ihnen stehen zu müssen.
Die Seitentür des vordersten Fahrzeugs schlug auf, und Wasra stieg ein. Die Gildeoberen auf dem Landeplatz wichen respektvoll zurück, als die drei Panzer hintereinander die Rampe herunterrollten.
»Das ist der Unterschied«, sagte Wasra, an Stribat gerichtet und doch eigentlich an niemanden Bestimmtes. »Dem Kaiser galt ein Leben nichts, weniger als nichts. Und heute? General Karswant wartet an Bord der TRIKOOD, alles ist bereit für den Rückflug, um dem Rat Bericht zu erstatten über unsere Expedition – aber nein, er will nicht abfliegen, ehe er nicht weiß, was aus diesem einen Menschen geworden ist, diesem Nillian. Es ist ein gutes Gefühl, das zu wissen. Es macht mich irgendwie …« Er suchte nach dem richtigen Wort.
»Stolz«, half Stribat aus.
»Stolz, ja. Es macht mich stolz.«
Als sie den Boden erreicht hatten, ließ der Kommandant kurz anhalten. »Wir nehmen einen der Oberen mit; er soll uns zum Haus der Gilde führen.« Er stieß die Seitentür auf und winkte einem der alten Männer, der zufällig in der Nähe stand. Der Gildeobere kam heran, ohne zu zögern, und stieg bereitwillig ein.
»Ich bin ja so froh, dass Ihr endlich gekommen seid«, schwatzte er drauflos, während die kleine Kolonne sich wieder in Bewegung setzte. »Es ist sehr unangenehm für uns, müsst Ihr wissen, wenn die Schiffer des Kaisers nicht zur vereinbarten Zeit kommen, weil unsere Lager inzwischen überquellen von Haarteppichen … Oh, wir hatten das schon einmal, ich erinnere mich – ich war noch ein Kind damals. Vier Jahre hatte es gedauert, bis die kaiserlichen Schiffer wiederkamen. Das war schlimm, und es war eine harte Probe für uns. Und damals hatte die Gilde noch weit größere Lagerräume als heute, müsst Ihr wissen. Heute ist alles schwieriger als früher …«
Wasra starrte den alten, gebeugten Mann in seinem zerschlissenen Umhang an, der sich mit silbrigweißen, nahezu blinden Augen im Inneren des Fahrzeugs umschaute und dabei plapperte wie ein aufgeregtes Kind.
»Sagt«, unterbrach er ihn, »wie ist Euer Name?«
Der Alte
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