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Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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deutete eine Verneigung an. »Lenteiman, Schiffer.«
    »Lenteiman, habt Ihr gehört, was meine Leute Euch vorhin erklärten?«
    Der Gildeobere zog die Stirn hoch, während seine Augen unsicher die Richtung suchten, aus der der Kommandant sprach. Sein Mund klaffte achtlos auf und entblößte eine Reihe schwarzer Zahnstummel. Er schien nicht einmal zu verstehen, wovon die Rede war.
    »Lenteiman, wir sind keine Schiffer des Kaisers. Ihr braucht auch nicht mehr auf die Schiffer zu warten, denn sie werden niemals wieder kommen -weder nach vier, noch nach vierhundert Jahren.« Obwohl ich mir da nicht einmal sicher bin, dachte Wasra. »Ihr braucht auch keine Haarteppiche für den Kaiser mehr zu knüpfen, denn der Kaiser ist tot. Das Kaiserreich gibt es nicht mehr.«
    Der Alte schwieg einen Augenblick, als müsse er sich das Gehörte durch den Kopf gehen lassen. Dann drang ein kollerndes Kichern aus seinem Schlund. Er wandte den Kopf empor, der fahlglühenden Sonne entgegen.
    »Die Sonne scheint aber noch, wie? Ihr Schiffer seid ein seltsames Volk und habt seltsame Bräuche. Bei uns wäre es Ketzerei, was Ihr sagt, und Ihr ratet Euren Männern besser, dass sie ihre Zungen hüten sollen, wenn sie in die Stadt gehen. Wenn man Euch auch sicher viel nachsehen wird, weil jeder froh ist, dass Ihr endlich gekommen seid.« Er kicherte wieder.
    Wasra und Stribat tauschten fassungslose Blicke.
    »Manchmal habe ich das Gefühl«, murmelte Stribat, »dass Denkalsar ein Optimist war.« Denkalsar war eine beinahe mythologische Gestalt; es hieß, dass vor einigen hundert Jahren tatsächlich ein Mann dieses Namens gelebt und auch tatsächlich jenes Buch geschrieben hatte, dessen Titel die Rebellenbewegung ihren Namen verdankte: Der lautlose Wind. Seit dem Sturz des Kaisers war es allerdings etwas aus der Mode geraten, Denkalsar zu lesen, und Wasra war überrascht, dass Stribat ihn kannte.
    »Lenteiman«, fragte er, »was macht Ihr für gewöhnlich mit Ketzern?«
    Der alte Mann machte eine weite, unbestimmte Geste mit seinen kralligen Händen. »Selbstverständlich hängen wir sie, wie es das Gesetz befiehlt.«
    »Sperrt Ihr sie manchmal auch nur ein?«
    »In Fällen minderer Ketzerei, sicher. Aber selten.«
    »Und wird Buch geführt über die Prozesse und die Gehängten?«
    »Wo denkt Ihr hin? Natürlich, und alle Bücher werden verwahrt, wie es das Gesetz des Kaisers will.«
    »Im Haus der Gilde?«
    »Ja.«
    Wasra nickte zufrieden. Er begann, das Dröhnen und Rütteln der Panzermotoren, das jede Faser seines Körpers erbeben ließ, zu genießen; es als Gefühl von überlegener, unangreifbarer Macht zu empfinden. Er kam mit drei Panzerwagen, mit Soldaten und mit Waffen, die allem, was es auf diesem Planeten gab, unerreichbar überlegen waren. Er würde das Gebäude, das das Zentrum dieser Kultur darstellte, unangefochten betreten und darin tun und lassen können, was ihm beliebte. Diese Vorstellung gefiel ihm. Sein Blick wanderte hinaus zu der hellbraunen Linie aus Hütten und niedrigen Häusern, auf die sie zufuhren, und er genoss es, ein Sieger zu sein.
    Sie erreichten das Haus der Gilde, das wuchtig und ehrfurchtgebietend emporragte. Seine graubraunen Mauern, die schräg nach außen abfielen wie die Mauern eines Bunkers, hatten keine Fenster, nur schmale, schießschartenartige Öffnungen. Im Schatten des Hauses lag ein großer Platz, der ein eigenartiges Bild bot: als fände ein Jahrmarkt statt, der seit Monaten vergeblich auf Gäste wartete und auf dem sämtliche Schausteller in eine Art Halbschlaf verfallen waren. Wagen aller Art standen kreuz und quer durcheinander, große, kleine, prachtvoll geschmückte und altersschwache, hässliche gepanzerte Wagen und offene Marktwagen, und überall scharten sich große, zottelige Zugtiere und glotzten stumpf vor sich hin, während die Kutscher auf ihren Kutschböcken dösten: Es waren die Karawanen der Haarteppichhändler, die sich hier versammelten, um die Teppiche an die Gilde auszuliefern. Die Ankunft der Panzer freilich brachte Bewegung in das Bild; Köpfe ruckten hoch, Peitschen wurden geschwungen, und nach und nach rollten die Wagen beiseite, die den Weg zum großen Portal des Gildehauses versperrt hatten.
    Die Portalflügel standen weit offen, trotzdem befahl Wasra, vor dem Tor anzuhalten. Er würde mit Stribat, dem Gildeoberen und einem Trupp Bewaffneter hineingehen, die anderen sollten bei den Fahrzeugen Wache halten.
    »Das ist weise, hier zu halten«, krächzte Lenteiman, »denn im

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