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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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er tat es, mit ausdruckslosem Gesicht.
    In den guten Zeiten ließ ihr Vater die Tür, die zu der kleinen Terrasse und zum Garten führte, unverschlossen oder ließ den Schlüssel stecken. –Ist ja ein Paradies, mit dem ganzen Spielzeug, und gib acht, daß die kleinen Stinker nicht ins Haus kommen. Bis zum Nachmittag waren die anderen Kinder in der Schule, und es konnte nichts passieren. Sie schienen zu wissen, wann ihre Eltern nicht zu Hause waren, sie hievten sich, nach der Schule, auf die Steinmauer, warfen ein Steinchen gegen das Fenster, und wenn nichts geschah, wenn weder ihr Vater noch ihre Mutter, noch Dave auftauchten und schimpften, sprangen sie hinunter in den Garten, wo das Spielzeug lag, zerbrochenes, unbrauchbares Spielzeug aus Plastik, Eisenbahnschienen, ein Auto ohne Räder, ein kaputter Roller, ein paar Eimer und Sandförmchen. Die Bälle hatten sie längst mitgenommen, bunte Bälle, die zu einem Spiel gehörten, das Dave geschenkt bekommen hatte. Manchmal saßen sie nur da, an die Mauer gelehnt, und besprachen sich leise, oder sie kletterten auf den Baum, spähten in die Wohnung und warfen mit Steinchen, wenn sie Sara entdeckten, in der Nähe der Glastür kauernd. Wenn Polly draußen war, fürchtete sie sich, und Dave ging immer öfter gleich morgens fort, bevor ihre Eltern aufstanden.
    In den schlechten Zeiten blieben ihre Eltern den ganzen Tag zu Hause. Ihre Mutter zog die Plastikhülle von der Nähmaschine, die im Kinderzimmer stand, und schickte Sara aus dem Zimmer. Sie schloß die Tür hinter sich ab, und Dad rief sie und trat dagegen, bis er es leid war und auf dem Sofa einschlief. Dave behauptete, daß er in die Schule ginge, er zog die Schuluniform an, die ihm zu kurz war, und grinste. –Little cat, paß auf dich auf, sagte er morgens, wenn er sich über Saras Bett beugte.

9
    –Aber warum wollt ihr heiraten? fragte Alexa. Ein Buchhändler packte eilig seine Kisten zusammen und trug sie in den Laden. Eine Uhr schlug sieben.
    –Es ist so passend, antwortete Isabelle zögernd. Rechts war das Milagro , aber sie wußte, daß sich Alexa nicht daran erinnern würde, an ihre erste Begegnung dort, nachdem Isabelle die Telefonnummer aus der Rubrik Mitwohngelegenheiten herausgesucht und angerufen hatte; Alexa war nicht sentimental, nichts weniger als das. –Hier, sagte sie ohne erkennbaren Zusammenhang. –Du schleppst jemanden den ganzen Tag durch die Stadt, und erst wenn es schon dunkel wird, weißt du, wo du ihn fotografieren solltest.
    –Wer war es?
    –Ein Saxophonist. Ich habe mir seine Musik angehört und mochte sie nicht. So ähnlich wie Garbarek, schrecklich. Morgen fahre ich mit ihm nach Brandenburg, an die Elbe. Wahrscheinlich Quatsch, ihn in der Stadt zu fotografieren.
    Sie wandte sich Isabelle zu, die lächelnd neben ihr herging. –Ich finde Jakob aber sehr nett, sagte sie. Es klang wie ein Versprechen, dahingesagt, aber ein Versprechen, ein Stückchen des allgemeinen Wohlwollens, das gerade spürbar war, im lauwarmen Nieselregen, in der Bergmannstraße, mit ihren erleuchteten Läden, Cafe´s, so vertraut, und neben ihr Alexa. Seit sie mit Clara zusammengezogen war, hielt sie sich gerade, weil sie Yoga machte, täglich Kopfstand, täglich Dehn- und Streckübungen, langsam, tief ein- und ausatmend. Isabelle atmete langsam ein, hielt die Luft an. –Ich kann nicht so gerade gehen wie du, sagte sie.
    Alexa antwortete nicht, zupfte nervös an ihrer Fototasche. –Sollen wir wirklich essen gehen? fragte sie. –Nein, stimmte Isabelle zu, wenn du willst, begleite ich dich wieder zurück.
    –Gehen wir noch ein bißchen, sagte Alexa, ich habe bloß keinen Hunger, an solchen Tagen nie. Der Typ von Universal hat mich wahnsinnig gemacht. Ich dachte, ich kann das Foto im Monbijoupark machen oder auf dem Kreuzberg irgendwo. Wir sind mit dem Taxi herumgefahren, irgendwann kam Clara dazu, und der Saxophonist wollte für sie spielen, kannst du dir das vorstellen? Sie haßt Jazz. Sie hat mich hinter einen Baum gezogen und geküßt, der Typ wäre fast ausgetickt.
    Clara, dachte Isabelle, und es war wie ein kleines Klopfen in der Schläfe, im Augenlid, eine Erinnerung an den Kummer, als Alexa auszog und Isabelle sagte, sie könne in der Wohnung bleiben, den Mietvertrag übernehmen, wenn sie wolle. Keine Fotos mehr, und in der Schublade ordentlich zusammengelegt die Frotteewäsche, die Alexa ihr gekauft hatte. –Komm schon, nur ein paar schnelle Fotos, glaub mir, es wird grandios aussehen. Isabelles

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