Die haessliche Herzogin
aber noch keineswegs gesund. Sie verlangten ein ewiges, vorsichtiges Lavieren und viel Hin und Her. Herzog Johann, der anstrengenden Kleinarbeit müde, berief den Alleshelfer, den er von seinem Vater her kannte, Messer Artese aus Florenz. Unscheinbar, schattenhaft, ungeheuer dienstwillig war der mächtige Bankier mit einemmal auf Schloß Tirol.
Selbstverständlich und mit tausend Freuden wird er aushelfen. Er verlangte dafür nur einen ganz, ganz winzigen Gegendienst: die Verpfändung der eben erschlossenen Silberbergwerke.
Herzog Johann war sofort dabei. Margarete, in kluger Berechnung, widersprach nur flüchtig und ohne Nachdruck, ließ ihn ganz sich in den Plan verstricken.
Erst als der Plan in allen Einzelheiten ausgearbeitet war, protestierte sie unvermittelt mit größter Entschiedenheit, verweigerte ihre Unterschrift. Johann schwoll an, seine Adern wurden dicke Schlangen. »Der Welsche kriegt die Silberrechte !« gellte er.
Margarete, bebend vor Triumph: »Er kriegt sie nicht !«
Der Herzog sah rot. Was? Er hat dem Bankier die Silberrechte versprochen und soll es nun nicht halten können? Bloß weil die Hexe, die widerwärtige, scheusälige, die Vettel, nicht mag? »Er kriegt sie! Er kriegt sie !« und stürzte sich auf sie, schlug sie ins Gesicht, verbiß sich in sie.
Sie, selig, weil sie ihn so tief traf, jubelte, ihre volle Stimme in seine japsende: »Er kriegt sie nicht! Nie kriegt er sie! Nie!«
Keuchend, ohnmächtig sich verzehrend, ließ er von ihr ab.
Margarete schickte Eilboten an den Markgrafen Karl. Mißmutig kam der aus wichtigen Geschäften zurück nach Tirol, als Schiedsrichter. Es war klar, daß Margarete recht hatte; selbstverständlich konnte man die Silberbergwerke dem Florentiner nicht preisgeben.
Margarete lenkte klug ein, sparte ihrem Gemahl die offene Niederlage. Aber als sie allein waren, schalt der ältere Bruder den Herzog, daß dem das Mark in den Knochen sich empörte vor Wut.
Der nüchterne, sachliche Markgraf konnte nicht umhin, die Staatsklugheit seiner jungen Schwägerin anzuerkennen. Von Böhmen und Luxemburg aus verbreitete sich der Ruf ihrer diplomatischen Überlegenheit an den europäischen Höfen. Wohl verhandelte man offiziell mit dem Herzog Johann; aber in allen Staatskanzleien wußte man, daß in Wahrheit allein die häßliche junge Herzogin das Land in den Bergen regierte.
*
Bald nach dem Tod des Königs Heinrich starb auch sehr plötzlich Frau von Flavon, Herrin von Taufers und Velturns. Bei einem Spaziergang mit ihrer jüngsten Tochter, als sie unter Jauchzen und Geschrei Alpenblumen pflückte, stürzte die hübsche, rundliche Dame zu Tod. Die Töchter bestatteten sie unter großer Anteilnahme sehr prunkvoll neben den etwas zweifelhaften Gebeinen, die sie als die Peters von Flavon aus Italien zurückgebracht hatten. Die drei hübschen Fräulein waren in recht bedenklicher Lage. Jetzt, nachdem ihr Protektor, der gute König Heinrich, tot war, erhob der Bischof von Chur seine alten Ansprüche auf ihre westlichen Besitzungen, der Bischof von Brixen forderte mit vielem Grund die Schlösser und Gerichte Taufers und Velturns zurück.
Die drei jungen Damen, blond, lieblich und hilflos, verhandelten hin und her mit den Finanzräten der Bischöfe. Es fanden sich viele, die sich ihrer annahmen; aber gegen die guten, berechtigten Ansprüche der mächtigen Bistümer war schwer aufzukommen.
Schließlich gelangte die Sache als an die letzte Instanz an den Hof des Herzogs.
Agnes von Flavon erschien auf Schloß Tirol, tat einen Kniefall vor dem jungen Herzog. Der stand knabenhaft und sehr wichtig vor der Knienden, in dem langen, schmalen Gesicht die Lippen ernsthaft zusammengepreßt. Es streichelte seine Herrschgier, wie das zarte Geschöpf, leicht und schön und wehend unter dem schwarzen Gewand, so ganz verströmend und ergeben vor ihm lag, aus tiefen, blauen Augen fromm und bittend zu ihm aufblickte. So gehörte es sich. So hatte es Gott bestimmt, daß es sei. Mochte die andere, die Häßliche, gegen ihn anbellen. Die da, die Zarte, Liebliche, schönste Frau des Landes, lag vor ihm auf Knien, sah fromm, hingegeben, voll Vertrauen zu ihm auf. Er war sehr gnädig zu ihr.
Agnes machte auch der Herzogin ihre Aufwartung.
Margarete widerstand tapfer der Versuchung, über die Schöne zu triumphieren. War huldvoll. Kondolierte in warmen Worten zum Tod der Frau von Flavon. Ihr Vater, König Heinrich, habe ja immer der Familie besonders wohlgewollt, fügte sie
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