Die haessliche Herzogin
Gufidaun schwieg, in Zweifeln hin und her gerissen. Der junge Albert, bedenklich zuerst, aber stark unter Wein und geschmeichelt von dem Zureden der andern, nahm an, verpflichtete sich, seiner Schwester die Meinung der Herren zu unterbreiten, mit ihr Fühlung zu nehmen.
Margarete liebte es jetzt, viel allein zu sein. Oft hatte sie ein stilles, sattes, ihren Frauen unbegreifliches Lächeln. Auf dem schmalen Sockel der kargen Liebeserlebnisse ihrer Wirklichkeit baute ihre Phantasie einen gigantischen Traum. Aus dem kleinen, ungezogenen, hinterhältigen Jungen, der ihr Gemahl in Wirklichkeit war, machte sie einen finster gewalttätigen, großen Tyrannen, der sie nicht verstand und aus der Finsternis seines herrschsüchtigen Gemüts heraus sie quälte. Den jungen Chretien schmückte sie mit allen Tugenden des Leibes und der Seele. Er war Erec und Parzival und Tristan und Lanzelot und der Löwenritter. Alle hellen, strahlenden Taten, die jemals in Geschichte und Gedicht ein Held getan hat, er hat sie getan oder, wenigstens, könnte sie tun.
Es war Glück und Gnade, daß der Himmel streng zu ihr gewesen war und ihr banale Anmut des Gesichts und der Gestalt versagt hatte. Die Frauen rings um sie, die Frauen des Alltags, hatten ihre Männer, ihre Geliebten, vergnügten sich mit ihnen in dumpfer, tierischer Lust in ihren Kammern, hinter Büschen. Ihre Liebe war ganz rein und hoch, das Schmutzige, Erdhafte war ihr von Anfang an verboten und versperrt.
Sie schwebte gelöst, hell und sehr anders über den kleinlichen, ärmlich dumpfigen Lüsteleien und widerlich körperhaftem Getriebe der andern. Süß war es, streng und rein zu sein vor sich und den andern. Süß war es, nicht verstrickt zu sein in tierische, unsaubere Verschlingung von Haut und Fleisch.
Sie wurde krankhaft empfindsam gegen Lautheit, Massigkeit, Körperlichkeit, Schmutz. Es ekelte sie vor fremder Berührung, die Ausdünstung anderer Menschen machte ihr Pein.
März war, von Italien her kam in warmen, linden Stößen Wind, der sehnsüchtig ins Blut ging. Oben lagen die Berge dick in Schnee, aber die unteren Hänge waren voll vom zarten Geflock der Mandel-und Pfirsichblüten. Sie schaute hinaus von der Loggia des Schennaschen Schlosses in das wellige, starkfarbige Land. Über ihr schritten bunt und überschlank Lanzelot und Ginevra, Tristan fuhr übers Meer, Dido stürzte sich in die Flammen. Sie gehörte nun zu diesen.
Die Verse, die ihr so lange hohl, versperrt, ohne Sinn gewesen waren, hatten sich aufgetan, sie hatte trinken dürfen aus ihrer dunkeln, wohligen Fülle.
Willkommen, großes, strenges Schicksal! Willkommen, Häßlichkeit! Willkommen, fürstlicher Reif und Zepter!
Fast dankbar war sie ihrem harten, tyrannischen Gemahl, denn seine Härte hatte sie ihren Geliebten finden lassen. Süßer Freund! Er kannte sie. Er wußte, daß diese graue, lappige, körnige Haut, dieser scheußliche Mund, dieses tote Haar ein Außen war und daß sie innen zart war und schlank und voll Reichtum und Lieblichkeit. Sie sah ihn selten, sprach ihn fast niemals, nie war ein Wort zwischen ihnen gefallen, das nicht jeder hätte hören dürfen.
Dennoch zweifelte sie keinen kleinsten Augenblick, daß er sie liebe. Sie hatte seinen hingegeben dunkeln Blick nicht vergessen damals, als sie gesungen hatte und aus der Vigne zu ihm trat. Und seine Stimme nicht, und wie er verströmt war, als sie ihm von seiner Belehnung mit der Herrschaft Taufers gesprochen hatte. Freilich war dies eine andere Liebe, als die sie so gemeinhin um sich sah mit Küssen und süßlichen Alltagsworten und Firlefanz. Sie, Margarete, hatte ihn durch jene Augen von damals, durch seine Verströmtheit, ganz anders, viel tiefer zu eigen als sonst eine Dame ihren noch so verliebten Galan. Mochten die andern ihre Männer leiblich besitzen. Das war wohlfeil und wie Essen und Trinken gemein. Ihr, der Fürstin, stand eine höhere, strengere Liebe an. Es war wohl auch leicht, so niedrige, wohlfeile Liebe wie der andern immer neu anzufachen, aufzuwärmen durch den Anblick, durch den Genuß tierisch dumpfer Lust. Sie mußte immer wieder gegen ihre Gestalt kämpfen, die Liebe ihres Freundes immer von neuem seinem Widerwillen gegen ihr häßliches Außen abringen.
Selige Bitterkeit solchen Kampfes! Sie dankte Gott und der Jungfrau für so herbe, verschlungene, harte, reine, wahrhaft fürstliche Liebe.
Sie ließ nicht ab, Chretien mit immer mehr Schein und Strahlen zu verklären. Chretien war ohne Ehrgeiz.
Sie war
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