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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Gesetzen vor sie hin?
    Sie schaute auf den kleinen Mann, der sich vor ihr abarbeitete. Er erzählte von dem Jämmerlichen, was er durchgemacht. Wie man seine Leute in ihre Bethäuser zusammengetrieben und verbrannt habe, andere in Säcke gesteckt, mit Steinen darin, und elendiglich im Rhein ersäuft, wie man sie verstümmelt, gemartert, erwürgt, Frauen vor den Augen ihrer angepflockten Männer geschändet, aufgespießte Kinder wie Fahnen aus den Fenstern brennender Häuser gehängt habe. Er erzählte das hastig, mit vielen saftigen Einzelzügen, gestikulierend, seine bunten, gurgelnden Worte überkugelten sich, er lächelte entschuldigend, anklagend, resignierend, streute spaßige Sätze in seine Erzählung, rief Gott an, strähnte nervös seinen mißfarbenen Bart, wiegte den Kopf. Die Herzogin hörte ihm schweigend zu; in einer Ecke hockte Herr von Schenna, in schlechter Haltung, betrachtete aufmerksam den kleinen, eifrigen, possierlichen Mann.
    Mendel Hirsch bat, sich in Bozen niederlassen zu dürfen. Er war auf dem Weg nach Livorno zu Glaubensgenossen. Aber jetzt, beim Anblick der aufblühenden Städte und Märkte Tirols, war ihm beigefallen, hier sei besserer Boden, neuerer. »Transithandel, gnädigste Frau Herzogin !« sagte er. »Transithandel! Messen! Märkte! Hier führten die großen Straßen von der Lombardei nach Deutschland, von den slawischen Ländern in die romanischen. Warum sollten Trient, Bozen, Riva, Hall, Innsbruck, Sterzing, Meran schlechter sein als Augsburg, Straßburg ?« Schon seien die Bischöfe von Brixen und Trient geneigt, Juden in Schutz und Privileg aufzunehmen. Er werde mit gnädiger fürstlicher Erlaubnis den Handel hier rasch hochbringen. Geld ins Land, viel Geld, großes Geld. Er verfüge über Kapital in beliebiger Höhe. Bediene kulanter als die Herren in Venedig und Florenz. Er werde Wein, Öl, Holz exportieren; Seide, Pelzwerk, Schwerter einführen, spanische Wolle, Juwelen, maurische Goldarbeit; aus dem slawischen Osten Felle, vor allem auch Sklaven. Die brauche man hierzulande nicht? Man habe genügend leibeigene Bauern? Nicht? Also nicht.
    Aber Glas, das brauche man doch, sizilianisches Glas, er habe ausgezeichnete Verbindungen. Und gefärbtes Tuch brauche man auch. Und Zimt, Pfeffer, Gewürz.
    Er werde schon machen. Man möge ihn nur machen lassen.
    Margarete sagte, sie werde seine Bitte in Erwägung ziehen. Als er fort war, überlegte sie mit Schenna. Dem gefielen die Projekte des Juden sehr. Gewiß solle man ihn hereinlassen, ihn zu halten suchen. Das sei die neue Zeit, das bringe Leben ins Land. Beim Turnier freilich werde Herr Mendel Hirsch keine gute Figur machen, die Barone, wohl auch die Bürger, würden die Stirn runzeln. Aber just wegen dieser faulen Überheblichkeit solle man dem trägen Volk den raschen, beweglichen Mann in den Pelz setzen.
    So kam also der Jude Mendel Hirsch nach Bozen. Er kam mit einem Gewimmel von Söhnen, Töchtern, Schwiegersöhnen, Schwiegertöchtern, Enkeln; auch drei Säuglinge waren dabei und eine uralte, mummelnde Großmutter. Das kribbelte mandeläugig, flinkfüßig, vielwortig durch die Straßen Bozens, beschaute die bunten, stattlichen Häuser, Mauern, Tore, Plätze, Menschen, schätzte ab, urteilte mit raschen, lauten Worten und Gesten.
    Man kann nicht sagen, daß die Bozener Bürger den Juden Mendel Hirsch gerade begeistert aufgenommen hätten. Es bedurfte vielmehr erst der strengen Vermahnung des Markgrafen – der wie sein Vater, der Kaiser, die Juden als städteförderndes Volk schätzte und begünstigte –, bis sie ihm überhaupt nur Unterkunft gewährten. Und auch dann behandelten sie ihn denkbar grob und mißtrauisch, riefen die Kinder von den Straßen, wo er ging, wischten sich die Ärmel, wenn sie ihn angestreift, riefen ihm Schimpf-und Spottworte nach, bewarfen ihn hinterrücks mit Kot.
    Der kleine, fette, bewegliche Mann tat, als sehe und höre er nichts, putzte sich ab, wenn man ihn besudelte, lächelte, strähnte sich den verfärbten Bart. Trieb man es zu arg, wiegte er den Kopf, machte: »Nu, nu !« Er blieb immer gleich unterwürfig, kam wieder, wenn man ihn davongejagt hatte. Kaufte sich ein Haus, noch eines, ein drittes. Waren kamen für ihn, stapelten sich, fremdartige, schöne, in einer Fülle, wie man sie nie gesehen, nicht zu teuer. Er kaufte, was man ihm anbot, prüfte rasch, sicher, hatte immer Geld, zahlte bar. Die eingesessenen Kaufleute machten scheele Gesichter, die übrigen Bürger gewöhnten sich an den

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