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Die Häuser der anderen

Die Häuser der anderen

Titel: Die Häuser der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Scheuermann
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konnte er Eisen nichts mehr auftragen, denn der war eingeschlafen. Sein Mund stand offen, und er schnarchte leise. Herr Emmermann dachte erfreut an das Doppelbett, das er diese Nacht für sich allein haben würde, und lächelte.
    Nachdem Sven Mirjam seine Idee dargelegt und sie nach kurzer Bedenkzeit zugestimmt hatte, konnte es den beiden gar nicht schnell genug gehen mit dem Umzug. Alles in der Wohnung am Kuhlmühlgraben erschien ihnen plötzlich widerwärtig: die ungepflegten Mitbewohner, ihre Kaffeetassen überall, die scheußlichen Brennholzstapel neben den Rosen, die Emmermann und Eisen aufgetürmt hatten wie emsige Eichhörnchen. Überhaupt die beiden: Wie hatten sie so lange diese Kerle ausgehalten, die an den Wochenenden nichts taten, als drei Meter vor ihren Fenstern im Garten zu sitzen, um hereinzuglotzen? »Es sind untragbare Zustände«, sagte Sven zu Mirjam und fühlte sich dabei sehr erwachsen. Er teilte den Mitbewohnern knapp mit, sie müssten sich zwei Nachmieter suchen. Auch bei der Hausbesitzerin, die er auf Mallorca anrief, trat er sehr bestimmt auf, und die Frau verlangte nicht einmal, dass sie renovierten. Sven war unglaublich stolz auf sich. Er erinnerte sich gern an die Szene, als Mirjam angesichts der hohen Miete weiß im Gesicht geworden war und ihn Hilfe suchend ansah. »Geht in Ordnung«, hatte er nur geantwortet und ihr ein Zeichen gemacht, sie würden später darüber sprechen. Er erklärte ihr auf dem Rückweg, er sei zu außerordentlich vielen Hauskonzerten gebucht, so dass er den größten Teil der monatlichen Zahlungen übernehmen könne – wobei er ihr verschwieg, dass solche Salonmusik eigentlich unter seiner Würde war. Nie wieder dieses Pfeifen!
    Herr Emmermann nahm diesmal die Mühe, zum Supermarkt zu hinken, gerne auf sich, er ließ sich Zeit, die passende Schokolade auszusuchen, es machte ihm eine diebische Freude, vor dem Supermarktregal zu stehen und sich zu überlegen, ob die Henkersmahlzeit der beiden kleinen Hündchen lieber nach Nuss oder nach Nougat schmecken sollte. Er, der sonst ja wirklich auf das Geld achtete, entschied sich für vier Tafeln Lindt-Krokant. Er humpelte zur Kasse und bezahlte mit ergebenem Lächeln den horrenden Preis, als ob er dem Gott des Hundemords damit ein Geschenk darböte. Am Abend saßen sie nicht im Garten, sondern zerteilten am Küchentisch die Schokolade in lauter einzelne Teilchen.
    »Wieso hast du nicht einfach Schogetten genommen, die sind schon zerteilt«, meckerte Herr Eisen, den es fuchste, die gute Schokolade nur ansehen, aber nicht essen zu dürfen. Herr Emmermann ging nicht darauf ein, er war allzu gut gelaunt.
    Allerdings machten sie damit einen kapitalen Fehler – da sie den Garten einmal nicht bewachten, bekamen sie nicht mit, dass ein kleiner Umzugswagen mit Kommilitonen von Sven und Mirjam vor der Haustür hielt, die das Klavier, zwei Matratzen, ein paar Koffer und Bücherkisten einluden und für immer verschwanden.
    Die Bulldoggenwelpen pinkelten längst fröhlich auf der Dachterrasse, als Emmermann nachts um drei in den Garten schlich und ein schönes Nest aus Schokolade anlegte, wo man es am wenigsten sah. Wenn die Mahler morgen in aller Herrgottsfrühe die Biester laufen ließ, wäre es ohnedies nicht heller als jetzt. Er blinzelte in einen akkurat halbkreisförmigen Mond und bestaunte seine wunderbaren Dahlien, die jetzt dunkle, geheimnisvolle Schönheiten waren.
    Als am nächsten Morgen der Anruf der Hausbesitzerin kam, die ihnen schüchtern zwei neue Studenten ankündigte und sich wiederholt für die Unruhe im Haus entschuldigte, begriff Emmermann zuerst nicht.
    »Sie müssen sich täuschen«, sagte er, »ich habe die zwei gestern noch gesehen. Genau genommen sind sie übrigens zu viert, sie haben zwei unmögliche bissige …«
    Die Frau widersprach: »Sie sind gestern Abend ausgezogen. Mitsamt der Hunde. Wissen Sie Herr Emmermann, ich bin am Überlegen, ob man das Haus mal auspendeln sollte. Da stimmt etwas mit dem Energiefluss nicht, glaube ich.« Und sie begann, solchen Blödsinn von sich zu geben, dass Emmermann sich gezwungen sah, aufzulegen.
    Er raste – soweit er mit dem Bein rasen konnte – sofort in den Garten, wo er das Nest unangetastet vorfand. Die Herbstsonne leuchtete über dem bildschönen Garten, er hatte bei offenen Fenstern geschlafen, weil er gehofft hatte, von Geschrei und Geheul aufgeweckt zu werden. Der Lärm war ausgeblieben, stattdessen hatte die Mallorcatante angerufen. Mit Sicherheit,

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