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Die Haischwimmerin

Die Haischwimmerin

Titel: Die Haischwimmerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Freilich hatte Lilli, seit sie bei den Ewenken lebte, mehrmals von dieser Art des Telephonierens gehört. Im Endeffekt eignete sich jeder Stoff als Transportmedium. Man mußte nur daran glauben. Der Glauben mochte keine Berge versetzen, Nachrichten schon.
    Tyrell beendete das Gespräch. Er legte den Hörer beiseite, verband die Fingerkuppen der linken und der rechten Hand zu einem dachartigen Gerüst und betrachtete Yamamoto mit einem scharfen Blick.
    Dieser verbeugte sich. Tyrell nickte kurz. Yamamoto begann recht umständlich zu erklären, daß es sich bei Lilli Steinbeck um eine auswärtige Ermittlerin handle, die man aus bestimmten Gründen …
    Â»Machen wir es kurz«, unterbrach Lilli ihren Kollegen, holte die Fellpuppe aus der Tasche, legte sie vor Tyrell auf den Tisch und fragte ihn, ob selbige aus seiner Produktion stamme.
    Tyrell schaute gar nicht hin, sondern richtete seine Augen auf Lilli. Auf Lillis desolate Gesichtsmitte.
    Â»Wenn Sie wollen«, sagte sie, »mache ich Ihnen ein Photo von meiner Nase, aber seien Sie so gut und beantworten meine Frage.«
    Tyrell neigte seinen Kopf zur Seite, sah ganz kurz auf die Fellpuppe, dann wieder nach oben zu Lilli und meinte in einem Deutsch, das an gefrorenes Wasser erinnerte, kalt, schlecht für die Zähne, aber mit leckerem Himbeergeschmack: »Ja, die Puppe ist von mir. Na und?«
    Â»Und was kann die Puppe?«
    Â»Gegenfrage, Frau Steinbeck, was erwarten Sie von einer Puppe?«
    Lilli überlegte. Dann sagte sie: »Die Puppe dient dem Menschen wohl dazu, nicht alleine zu sein.«
    Tyrells arrogantes Gesicht verschob sich zu einer anerkennenden Geste: »Na, da haben Sie so was von recht. Puppen sind Begleiter. Diese hier begleitet den jeweiligen Menschen in den Tod. Sie begleiten sein Sterben.«
    Â»Wie viele von den Puppen haben Sie hergestellt?«
    Â»Warum fragen Sie?«
    Â»Wir haben vier ermordete Frauen, und bei einer jeden von ihnen wurde eine solche Puppe …«
    Yamamoto wollte unterbrechen. Lilli winkte ab, indem sie ihre Handkante quer durch die Luft sausen ließ. Das konnte sie wirklich, wenn sie wollte: Männer abdrehen, um jetzt nicht von abwürgen zu sprechen.
    Â»Versuchen Sie mir einen Mord anzulasten, Frau Steinbeck?« fragte Tyrell.
    Â»Ich habe nach der Zahl der Puppen gefragt«, erinnerte Lilli.
    Tyrell erklärte, die Puppen in großen Mengen herzustellen. Viele Leute in Toad’s Bread würden eine besitzen. Nicht nur die Todkranken. Sondern jeder, der bemüht sei, mit den Göttern in Verbindung zu treten. Auch jeder, der für den Fall eines plötzlichen Todes nicht ohne fürsorgliche Begleitung dastehen mochte. Doch eine genaue Zahl seiner Kunden kenne er nicht.
    Â»Führen Sie denn keine Bücher?«
    Tyrell lachte. Und zwar derart dreckig, als sei das Bücherführen eine sittenwidrige Schweinerei. Und bei genauer Betrachtung …
    Â»Lachen Sie später«, meinte Lilli, »und sagen mir statt dessen, wonach ich suchen muß. Oder nach wem.«
    Â»Dafür müßten Sie mir erst einmal erzählen, wie diese Frauen ermordet wurden. Und wieso.«
    Â» Wieso kann ich nicht sagen«, äußerte Lilli die halbe Wahrheit, weil sie ja durchaus die möglichen Gründe kannte, diese aber verschweigen mußte, um nicht von einem gewissen Lärchenwald zu sprechen. Also erklärte sie: »Was wir wissen, ist, daß man alle Opfer ertränkt hat. Und daß sie fürsorglich gereinigt wurden. Wahrscheinlich mit demselben Wasser, mit dem der Täter sie auch umbrachte.«
    Sie bemerkte sogleich ihren Fehler. Aus dem Augenwinkel heraus gewahrte sie erneut Yamamotos Erstaunen. Denn das Wissen um die penible Reinigung der Leiche stammte von ihrem ersten Besuch in der Gerichtsmedizin, beim zweiten Mal war davon nicht die Rede gewesen, warum auch immer Yamamoto und die Ärztin dies für sich behalten hatten. – Es war eine Sache, über die Puppe als Beweisstück zu verfügen, aber noch eine ganz andere, von der akkuraten Säuberung der getöteten Frauen zu wissen. Diese Kenntnis mußte Lilli in den Augen Yamamotos schlicht verdächtig machen.
    Und so fühlte sie sich auch. Doch die Arbeit mußte vorangehen, wollte Lilli rechtzeitig ins Bett kommen. Darum hakte sie nach: »Geben Sie mir einen Hinweis, Herr Tyrell, damit ich nicht weiter lästig sein muß. Sie haben Ihre Zeit ja auch

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