Die Haischwimmerin
Mörders. Eine Spur, die möglicherweise zu ihm führt. Die einzige, über die wir verfügen. â Ãbrigens, Yamamoto ist bereits frei.«
»Wie frei?« fragte Lilli.
»Wir haben ihn verarztet und wieder nach oben verfrachtet. Er wird sich an nichts erinnern, auch an Sie nicht. Dr. Ritter hat eine Amnesie veranlaÃt.«
»Medikamentös.«
»Nein, hypnotisch. Sie dürfen nicht vergessen, Dr. Ritter ist Zahnarzt. Aber eben keiner von den Sadisten. Hypnose ist seine Spezialität. Ein Meister des Vergessens.«
»Ach ja. Und warum bin ich dann noch hier?« fragte Lilli.
»Weil ich hoffe, Sie überreden zu können, uns zu helfen.«
»Alle wollen, daà ich helfe, dabei habe ich nicht die geringste Ahnung.«
»Ich vertraue Ihnen, darauf kommt es an«, sagte Madame Fontenelle.
»Wieso?«
»Es ist die Art, wie Sie angezogen sind: Ihre Handtasche, Ihr Schmuck, Ihr Make-up. Ich finde das alles sehr überzeugend und vertrauenerweckend.« Erneut betonte Fontenelle, wie entscheidend es sei, den Lärchenwald geheimzuhalten, eben auch vor der Polizei von Toadâs Bread. »Aber natürlich müssen die Morde aufgeklärt werden, damit wieder Ruhe einkehrt.«
»Mir kommt vor, der Mörder ist ganz auf Ihrer Seite«, sagte Lilli. »Auch er scheint verhindern zu wollen, daà dieser hübsche Wald zum Zentrum deutscher Arzneimittelforschung wird.«
»Ja, aber seine Mittel stören das Gleichgewicht. Das Wort Mord kommt vom gotischen maurpr, der Tod. Der Tod aber ist nicht von dieser Welt, der Tod ist eine Angelegenheit der Götter. Das Verbrechen ist menschlich, nicht der Tod. Es ist die strengste Regel in Toadâs Bread, sich nicht in das Geschäft der Götter zu mischen. Krankheit, Unfall, Alter â das alles hat seine Ordnung. Nicht aber das Morden, ganz gleich wie hehr oder unwürdig der Antrieb dazu auch sein mag.«
»Haben Sie denn wirklich keine Vorstellung, wer dahinterstecken könnte, schlieÃlich muà der Täter sich doch auskennen, oder? Er weià um den Wald, um die Pflückerinnen.«
Fontenelle gab zu bedenken, daà das Motiv freilich auch ein anderes sein könnte. Und nein, sie habe keine Vorstellung von der Person des Mörders. Allein die Fellpuppen seien ein Hinweis.
»Und was soll ich jetzt tun?« fragte Lilli.
»Zurück in die Stadt gehen und den Mann finden.«
»Muà es denn ein einzelner Mann sein?«
»Finden Sie es heraus«, forderte Fontenelle und fügte an: »Zusammen mit Yamamoto.«
»Ich dachte, Sie hätten die Erinnerung an mich aus seinem Kopf verbannt.«
»Richtig, er hat vergessen, Ihnen bereits begegnet zu sein. Aber er kennt Ihren Namen, weià um Ihre Mitarbeit. Er wartet auf Sie. Sehen Sie zu, daà er von dieser Sache allein das erfährt, was er erfahren soll. Lassen Sie ihn den Mörder finden. Er ist ein Mann und ein Samurai.«
»Und was schaut für mich dabei heraus, wenn ich jetzt einmal so selbstsüchtig fragen darf?«
»Die Freiheit«, sagte Fontenelle. »Ich kann veranlassen, daà die Ewenken Sie zurück nach Europa gehen lassen.«
»Mich und Kallimachos?«
»Sie meinen den fetten Griechen. Nein, den nicht. Nur Sie. Der Grieche muà bleiben.«
Nun, wahrscheinlich wollte Kallimachos sowieso nicht mehr fort aus dieser Gegend. Nicht darauf verzichten, ein königlicher Gefangener zu sein. Lilli aber wollte durchaus zurück. Sie hatte eine erwachsene Tochter in Athen, sie hatte Freunde, Menschen, die sich nach ihr genauso sehnten wie sie sich nach ihnen. â Sie nickte. »Gut, ich mache das. Aber irgendwo muà ich anfangen. Wenn es eine Puppe gibt, gibt es in der Regel auch einen Puppenmacher.«
»Richtig, aber wir wissen nicht, wo genau in Toadâs Bread er wohnt.«
»Ein Name wäre immerhin ein Anfang.«
»Tyrell. Giuseppe Tyrell.«
»Tyrell? Kommt mir irgendwie bekannt vor ⦠ach ja, die Tyrellcorporation, der Kybernetiker aus dem Film Blade Runner .«
»Schön, daà es bei der Polizei nicht nur gutgekleidete, sondern auch gebildete Frauen gibt«, lobte Fontenelle und verwies nun darauf, daà sich bei der Analyse des Namens nicht allein der Hinweis auf jene Filmfigur ergeben habe â Tyrell, den Schöpfer perfekter, aber sterblicher Androiden â, sondern auch der Vorname auf eine
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