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Die Haischwimmerin

Die Haischwimmerin

Titel: Die Haischwimmerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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die Zahl fünfhundertneunundzwanzig, die ihnen Romanow übermittelt hatte. Immerhin war er es gewesen, der ursprünglich das Ohr in der kleinen Kiste versteckt hatte.
    Fünfhundertneunundzwanzig! Diese Nummer kannte Romanow, nicht aber die Nummer des Baums, den Lopuchin ausgewählt hatte. Ganz klar, wären die drei Männer zu einer dreifaltigen Verbundenheit bereit gewesen, sie hätten die besten Chancen auf ein gutes Geschäft gehabt: ein Mörder, ein Zahnarzt und ein Zar. So aber herrschte Krieg.
    Lopuchin hatte zwischenzeitlich herausgefunden, daß Dr. Ritter zu denen gehörte, denen er verdankte, aus Toad’s Bread hinausgeworfen worden zu sein. Derselbe Dr. Ritter, der sich später gezwungen sah, in Ochotsk aufzutauchen, um sein Recht geltend zu machen, wenigstens, um Lopuchin ein Geschäft anzubieten. Statt dessen empfing er von Lopuchin eine deutliche Markierung seiner Gesichtshaut, die ihn in Ochotsk zur Persona non grata machte.
    Alles, was in der Folge geschah, war Resultat jener in der Welt so üblichen Uneinsichtigkeit, die darin besteht, nicht zu erkennen, daß wo es Verlierer gibt, ein Frieden unmöglich wird. So banal diese Erkenntnis, so unmöglich ihre Umsetzung. Der Mensch ist nämlich kein Tier, das durch Fehler lernt, sondern vielmehr im Fehler den eigentlichen Zweck erkennt. Die menschlichen Lernprozesse dienen der Perfektion des Fehlers.
    Die Fehler sind wie Teilchen, die kollidieren, verschmelzen und Energie freisetzen.
    Wozu auch gehörte, daß Romanow nach Ochotsk zurückkehrte und dort die eigene Liquidierung inszenierte. Er hielt es für besser, als angeblich »toter Mann« nach Toad’s Bread zu gehen. Aber auch als solcher erfuhr er, daß Lopuchin ausgerechnet jenen von den Bremern geschickten Ivo Berg rekrutiert hatte, die Schatulle zu besorgen, auch wenn Ivo damals glauben mochte, sich in erster Linie auf der Suche nach einer Lärche zu befinden. Romanow ahnte, daß Ivo zu jener Jagdhütte gelangen würde, die früher ihm selbst gehört hatte. In keinem Fall wollte er, daß Ivo bis nach Toad’s Bread gelangte. Weshalb er seine Leute – die zwei Jagdführer aus Magadan – instruierte. Den beiden gelang es in der Folge, zusammen mit einer touristischen, der banalen Schafsjagd müden Herrenrunde, Ivo, Galina und Spirou in eine Hetzjagd zu verwickeln, wohl nicht, um sie auch wirklich zu töten, sondern einfach, um im Zuge des Vergnügens Angst zu bereiten, die drei zur Rückkehr nach Ochotsk zu zwingen. Aber man hatte eben nicht wissen können, wie sehr eine gewisse Suppenköchin auch noch zu anderen Dingen als der Zubereitung magischer Brühen imstande war.
    Â 
    Und so kam es, daß man hier stand, in dieser unterirdisch märchenhaft-pupurfarbenen Idylle, und Dr. Ritter am Schluß seiner Darlegungen eine Pistole zog. Nicht hektisch, eher mit der Gelassenheit des Arztes, der er war, nicht nur Zahnarzt, sondern ursprünglich Genetiker, so daß man sich wirklich nicht mehr wundern mußte, wie groß sein Interesse an einem solchen Ohr war und wie wenig ihn die pekuniären Interessen Lopuchins sowie die des (un)seligen Romanow kümmerten. Er wollte das Ding an sich. Dafür hatte er sich in Fontenelles Lärchenwald eingeschmuggelt, so wie auch seine Waffe als eine eingeschmuggelte gelten mußte. Denn auch mit ihr konnte man scharf schießen. Dies war deutlich zu erkennen, nämlich gerade dadurch, daß die Mündung leer schien, während Betäubungswaffen an dieser Stelle sichtbar ihre Pfeile trugen. Nein, diese Beretta war keine umgebaute. Erneut wurde somit die wichtigste Regel von Toad’s Bread ignoriert. Es war ein Jammer!
    Â»Geben Sie jetzt her!« wies Dr. Ritter Ivo Berg an und zeigte mit dem Pistolenlauf auf die Schatulle, dann auf Ivo.
    Madame Fontenelle meinte: »Das ist geschmacklos, Dr. Ritter! Ein Arzt, der mit einer Waffe herumfuchtelt.«
    Â»Würde es jemand beeindrucken, wenn ich mit der Deklaration der Menschenrechte herumfuchtelte?«
    Â»Werden Sie nicht frech, nur weil Sie in der Lage sind zu töten.«
    Stimmt, die Fähigkeit zu töten war selten dazu angetan, ein besseres Benehmen hervorzurufen. Dies war auch Dr. Ritter peinlich bewußt. Dennoch, er war seinem Ziel einfach zu nahe, um darauf zu verzichten, ein unhöfliches, aber zwingendes Mittel einzusetzen. Darum erklärte er, zur

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