Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
Hand schnuppern zu lassen. »Bist du der Friedrich? Dich hab’ ich mir ganz anders vorgestellt. Von so blauen Augen hast du mir am Telefon nichts erzählt …«
Da tönt von weiter oben am Weg ein herzhaftes Lachen. Sein Herrchen. »Er heißt Adolf «, sagt er und klatscht sich auf die Schenkel, worauf der Köter zu ihm springt und mit dem Schwanz wedelt. Ich denke, ich höre nicht recht: »Wie heißt der Hund?«
»Adolf«, bestätigt Friedrich schmunzelnd, während ich nur betroffen schlucke. Au Backe! Groß ist sein Herrchen, ohne Zweifel, drahtig, dazu blond und auch blauäugig. Ein Hüne! Ich überlege, ob er auch schnell wie Leder, hart wie ein Windhund und zäh wie Kruppstahl ist. Oder so ähnlich.
Friedrich scheint meine Gedanken zu erraten: »Keine Sorge! Er hieß schon so, als ich ihn vom Tierheim geholt habe. Keiner wollte ihn haben, wegen des Namens. Ich habe ihn gesehen und es war Liebe auf den ersten Blick. Da spielt doch der Name keine Rolle …«
Mir fällt ein Film mit Danny de Vito ein, wo ein Dobermann Adolf hieß, darum muss ich mir ein Grinsen verkneifen.
»Ich hätte ihn auch genommen, wenn er Josef oder Winston geheißen hätte«, ergänzt Friedrich, »oder Wladimir.«
Wieder kommt mir ein Hollywoodschinken in den Sinn, und ich bin beruhigt. Wie ein Skinhead sieht Friedrich wirklich nicht aus, trotz der kurzen Haare.
Als ich ihn eingehender ins Visier nehme, stockt mir der Atem und plötzlich habe ich keinen Blick mehr für den Köter. Das Mannsbild, das nur ein paar Schritte entfernt auf mich wartet, verschlägt mir buchstäblich die Sprache. Der Kerl ist größer als ich, also mindestens einsneunzig. Rundes Gesicht, weiche Konturen, dunkelblonde, ganz kurz geschnittene Haare, kleine abstehende Ohren, die an ein Tier erinnern, was ich besonders erotisch finde, leichte Stupsnase. Ich denke einen Augenblick an die Arbeiten von Konrad Lorenz, der die Form und Länge der Nase bei Tieren und Menschen in ein Verhältnis zum Niedlichkeitsempfinden gesetzt hat. Der Kerl trägt olivgrüne Bermudashorts, dazu ein abgetragenes Sweatshirt aus weißem Frotteestoff und weiße Frotteesocken in offenen Sandalen. Welch’ herrlicher Verstoß gegen alberne Modediktate! Seine Beine sind haarig und muskulös, und schon wegen dieses Aufzugs hat er gewonnen, noch ehe er ein Wort gesagt hat.
»Ich bin der Friedrich«, stellt er sich vor, als ich ihn erreiche, und quetscht mir die Flosse. Ich bin hin und weg.
»Schön hast du’s hier«, sage ich bewundernd. Dabei habe ich den Garten erst betreten und noch gar nicht alles gesehen. Als wir auf dem geplättelten Weg leicht bergauf gehen, ich zwei Schritte hinter ihm und dem Köter, den Blick unablässig auf Friederichs kugeligen Arsch gerichtet, überkommt mich ein merkwürdiges Gefühl der Geborgenheit, so, als wäre ich schon einmal hier gewesen. Ein Déjà-vu-Erlebnis. Alles erscheint mir traumhaft und unwirklich, Bilder wie aus einem Märchen. Von links blinkt durch den alten Baumbestand von Eichen und Nadelbäumen die rotgoldene Abendsonne. Der Rasen ist saftig grün und gepflegt, trotzdem hat man den Eindruck, als wäre die Zeit stehen geblieben. Um uns herum kein Laut, der an die Zivilisation erinnert, nur Vogelgezwitscher aus den Bäumen, das Krächzen der Krähen vom nahen Wald, ab und zu ein leises Rascheln der Blätter im Wind, ansonsten Ruhe und Stille. Mich fröstelt. Nach ungefähr zwanzig Metern taucht links ein Gartenhäuschen auf, ein richtiges Hexenhaus, gemauert und mit kleinen Sprossenfenstern. Der Rauputz außen wirkt rustikal, dazu bilden die dunkelbraunen Fensterrahmen einen herben Kontrast, während der spitze Giebel vom Sonnenlicht umglänzt wird. Weiß wie Schnee, rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz , kommt mir die Formulierung der Gebrüder Grimm in den Sinn. Jeden Moment muss Schneewittchen aus dem Haus treten oder eine bucklige Hexe oder wenigstens eine böse Stiefmutter. Die Tür steht offen, und ich sehe, unter den schräg durch kleine Rauchglasfenster einfallenden Sonnenstrahlen, eine gemütliche Eckbank aus dunklem Eichenholz, worauf mich wieder ein wohliges Frösteln überkommt. Hier fühle ich mich zuhause.
Rechter Hand befindet sich im Freien ein überdachter Essplatz mit zwei Biertischen und Bierbänken, durch einen halbhohen Bretterzaun geschützt und in Kopfhöhe von wilden Weinreben umrankt. In einigem Abstand, im rechten Winkel zwischen dem Essplatz und dem Häuschen, liegt ein mit Planen abgedeckter Pool versteckt,
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