Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
grinsen, bis über beide Ohren.
»Wie wär’s mit nachher?«, fragt er, was mir ein Schmunzeln entlockt. Jetzt bin ich mir sicher! Einmal kommt die Liebe.
Viva Bavaria (2007)
An heißen Sommertagen sitze ich oft, wenn mir am Wochenende Zeit für Mußestunden bleibt, zwischen den üppigen Grünpflanzen meines Balkons in der Sonne und träume bei einer Tasse Kaffee oder einem Martini auf Eis von der guten alten Zeit. Damit meine ich nicht die Jahre meiner Kindheit in den Fünfzigern und Sechzigern, sondern die Phase Ende der siebziger Jahre und den Beginn der Achtziger, als ich bewusst zu leben anfing. Ich war noch keine dreißig, stand in der Blüte der Jugend und das Leben plätscherte unbeschwert dahin. Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins hat das einmal jemand genannt. Es gab noch keine wirtschaftlichen Flauten, keine Massenarbeitslosigkeit, keine lähmende Überfremdung der Gesellschaft, keine Existenzängste und keine körperlichen Zipperlein. Es gab auch keine Angst vor AIDS. Nicht einmal das Wort kannte man damals. Man strotzte vor Gesundheit und Unternehmungslust, hatte, wenn man in der Firma nicht gerade goldene Löffel klaute, einen sicheren Job und lebte in dem Bewusstsein, dass einem die Zukunft und alle Chancen offen standen. Später sieht das anders aus. Hat man erst mal die Vierzig oder gar die Fünfzig überschritten, wird die Zeit nach hinten hinaus allmählich knapp. Was kann man da noch planen, was neu anfangen? Lohnt es sich überhaupt noch, eine Langspielplatte aufzulegen oder genügt eine Single?
Untrennbar verbunden mit dererlei wehmütigen Gedanken an die Jugendjahre ist München seit jeher die Stadt meiner Träume vom ersten Besuch an. Ich weiß nicht mehr, wann der stattgefunden hat, doch während der späten Siebziger zog es mich fast jeden Monat in die bayerische Metropole. Ich lebte damals in einem Stuttgarter Vorort, gerade mal zwei Autostunden von München entfernt. Ein Ausflug dorthin war also kein Problem. Später hatte ich jahrelang Katzen, die ich nicht alleinlassen wollte, und kam kaum noch weg. Die Erinnerungen aber sind unauslöschlich, und gelegentlich mache ich mir den Spaß, so wie jetzt, in meinem Liegestuhl die Augen zu schließen und eine solche Reise noch einmal Revue passieren zu lassen. Seltsamerweise hatte ich immer Glück mit dem Wetter, kenne München nur im strahlenden Sonnenschein und mit den bayerischen Farben am Himmel.
Die Reise beginnt um sechs Uhr früh, möglichst an einem Tag unter der Woche, wenn die Läden geöffnet haben. Das ist mir einen Tag Urlaub wert. Vorbei am Stuttgarter Flughafen, wo startende und landende Maschinen dicht über der Autobahn vorbeipreschen, geht die Fahrt in östlicher Richtung der Sonne entgegen. Reisefieber und Abenteuerlust stellen sich allmählich ein und verstärken sich mit jedem Kilometer. Vor dem Albaufstieg habe ich immer ein wenig Bammel, schlängle mich an den vielen Lastwagen vorbei, die mühsam die Steigung erklimmen, und staune über das kühne Meisterwerk an Straßenbaukunst. Ist diese Hürde genommen, geht es weiter durch die karge und unwirkliche Landschaft der Alb-Hochfläche.
Halbzeit in Ulm, wo man schon von Weitem das Münster sieht, das wie ein Fingerzeig Gottes in den Himmel ragt und die Landschaft allmählich bayerische Züge annimmt. Wie herrlich diese Vielfalt der Landschaften unserer Heimat schon auf so einer kurzen Strecke! Von Augsburg aus ist es nicht mehr weit und für mich Zeit eine Pause einzulegen. Ich habe zuhause nur eine Tasse Kaffee getrunken und ein Toastbrot gegessen.Das Frühstück kurz vor München, in der Raststätte Langwieder See, gehört zum Ritual jeder Reise. Ein Kännchen Kaffee, Schinkenbrötchen, ein weich gekochtes Ei, Marmelade. Ich beobachte die anderen Gäste, Geschäftsleute, Urlaubsreisende und genieße das Privileg, an diesem Tag nicht arbeiten zu müssen. Ringsum gedämpfte Unterhaltung, das Geklapper von Geschirr und Besteck und von irgendwoher leise Musik, unterbrochen von Verkehrsdurchsagen, denen hier besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Eine Oase der Ruhe am Rande der pulsierenden Lebensader Autobahn, und ich genieße jede Sekunde.
Frisch gestärkt mache ich mich auf den Weg, wobei mich ein merkwürdiges Wohlbefinden erfasst, das umso stärker wird, je näher ich meinem Ziel komme. Spätestens am Ende der Autobahn, wo rechts der ADAC-Lotsendienst zu sehen ist, erfüllt mich eine unerklärliche Hochstimmung, habe ich irgendwie das Gefühl heimzukehren.
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