Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
Mittag, und mir knurrt der Magen. Also, etwas essen, zumindest eine Kleinigkeit. Ich bestelle ein kleines Steak mit Pommes auf der Terrasse des Mövenpick am Lenbachplatz und gehe dort auf die Toilette, denn an meinem nächsten Ziel möchte ich den Lokus lieber nicht aufsuchen. Danach mit der U-Bahn wieder zum Gärtnerplatz, meiner bevorzugten Gegend.
Ich hatte mir vorher einen einschlägigen Stadtführer besorgt und ein wenig darin geblättert, solange ich auf das Essen wartete. Alle interessanten Kneipen sind darin beschrieben, und ein Satz brennt sich mir ins Gedächtnis: »Rund um den Gärtnerplatz ist die ganze Gegend schwul.« Ein Schauer rinnt mir über den Rücken. Wie herrlich! Da möchte ich leben! Also, doch nicht in Schwabing, sondern mitten im schwulen Herzen der Stadt. Einige der genannten Lokale sehe ich mir von außen an. Sie wirken tagsüber farblos, unscheinbar und zugeknöpft, manche leicht heruntergekommen. Die meisten haben jetzt am frühen Nachmittag noch geschlossen. Die Eingangsbereiche und Markisen dösen verschlafen in der Mittagsonne. Nur in dem einen oder anderen Etablissement stehen Türen oder Fenster auf, wird sauber gemacht und gelüftet, wehen mir abgestandene Duftfahnen entgegen, ein Gemisch aus Schweiß, Leder, Bier und Poppers. Mich fröstelt. Mein Gott, hier leben und sich nach Feierabend zu den Gummibärchen in eine der Bars gesellen, das wäre die Erfüllung.
Nächstes Ziel ist der Cornelius-Shop in der gleichnamigen Straße, Sexladen und Kino in einem. Die Sonne brennt unerbittlich vom klarblauen Himmel. Es hat gut dreißig Grad, doch ich zittere wieder leicht vor Aufregung, als ich den Laden betrete. Hoffentlich merkt das keiner. Lederassesoires und Dildos in allen Größen werden da angeboten, Pornos auf Super-8-Film und Regale voller Magazine. Ein, zwei Kunden stöbern in dem Sortiment. Ein schnuckeliger Typ, Mitte zwanzig, in Jeans, weißem Hemd und Lederweste steht Kaugummi kauend hinter dem Tresen und lächelt mich an.
»Hallo! «
Ich löse ein Billett für das Kino, der Typ kassiert das Geld und betätigt den Türöffner. Durch den Innenhof gelange ich in das benachbarte Gebäude, wo sich das Kino befindet. Der Weg ist mir bekannt. Es dauert einen Moment, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, dann finde ich mich zurecht. Fünf oder sechs Leute befinden sich in dem Raum, auf verschiedene Plätze verteilt. Mich fröstelt wieder. Wie aufregend, den Tag in einem verruchten Pornokino zu verbringen, während meine Kollegen arbeiten müssen. Warum kann das nicht immer so sein?
Auf der Leinwand sind zwei Traumtypen voll bei der Sache, doch ihr Gestöhne klingt irgendwie blechern. Schlechte Tonqualität. Ich suche mir einen Platz in der Mitte und sehe mich vorsichtig um. In solchen Kinos sind ja nicht nur die Akteure auf der Leinwand interessant, sondern auch das anwesende Publikum, das sich nicht selten am Geschehen beteiligt. Leider ist niemand dabei, der mir gefällt, drei oder vier junge Schnösel und zwei ältere Opas. Dafür ist der Film auf der Leinwand gut. Die Jungs sind muskulös und braun gebrannt. Ein Colt-Film, vermute ich mit Kennerblick oder aus den Falcon-Studios, untermalt von eingängigen Discorhythmen. Als der Film zu Ende ist, beginnt ein Streifen aus französischer Produktion. Schmächtige Milchbubis erscheinen jetzt auf der Leinwand, noch halbe Kinder und für mich viel zu jung. Denen sprießt gerade mal ein Flaum über der Lippe und anderswo nicht viel mehr. Jean Daniel Cadinot wird im Vorspann als Schöpfer des Streifens genannt. Dass der auf Filme mit solchen Jüngelchen spezialisiert ist, wusste ich nicht. Darum stehe ich auf und wechsle in den anderen Raum.
Das Kino ist geschickt in zwei Räume aufgeteilt. So kann man hin- und herpendeln, wenn einem der Film nicht gefällt oder man von einem unliebsamen Sitznachbarn bedrängt wird.
Wie lautete der empörte Ausruf einer Kinobesucherin während einer ruhigen Sequenz des Films: »Nehmen Sie sofort die Hand von meinem Knie! Nicht Sie, Sie!«
Im anderen Kino befinden sich vier Leute, doch ist, soweit ich im Dämmerlicht erkennen kann, auch hier niemand dabei, der mir gefällt. Also lasse ich mich wieder in der Mitte des Raumes nieder und warte. Der Film, der hier läuft, gefällt mir besser. Da nehmen zwei Polizisten in knapp sitzenden Uniformhosen einen Exhibitionisten fest und sperren ihn in eine Zelle ihres Gefängnisses, um anschließend über ihn herzufallen. Der Film törnt
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