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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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mehr? In einem Hotel. Du hast deinen Mittagsschlaf gehalten.«
    »Regis«, wiederholt Theo. Seine Miene wird nachdenklich. »Mein … mein Eimer mit den Steinen.«
    »Ja, richtig. Er steht hier drüben. Siehst du?«
    Er reckt sich und klettert aus dem Buggy, die Strickkatze unter den Arm geklemmt. »Alfie mag Regis nicht«, stellt er fest, während er zu seinem Eimerchen geht, das Lexie neben die Tür gestellt hat.
    »Nein?«
    Theo beugt sich über die Steine und mustert sie prüfend. »Nein«, sagt er.
    »Warum denn nicht?«
    Er muss einen Augenblick überlegen. »Er sagt, es ist zu feucht hier.«
    Lexie, die sich auf die Bettkante gesetzt hat, muss sich ein Lächeln verbeißen. »Er ist ja auch eine Katze. Katzen mögen es nicht, wenn es nass ist.«
    »Nein, nicht nass. Feucht.«
    »Feucht ist auch nass, Schatz.«
    »Nein, ist es nicht!«
    »Okay.« Sie beißt sich auf die Lippe. »Möchtest du etwas trinken?«
    Theo nimmt einen Kiesel nach dem anderen aus dem Eimer und legt sie in einer Reihe hin. Die grauen sortiert er aus.
    »Theo?« Sie probiert es noch einmal. »Etwas zu trinken?«
    Er legt einen glatten weißen Stein neben einen rötlichen. »Ja«, antwortet er reserviert, aber bestimmt. »Doch, ich möchte was trinken.«
    Später gehen sie noch einmal nach draußen. Lexie kauft
den roten Drachen mit dem gelben Schwanz, und sie lassen ihn am Strand steigen, hinter der Stadt, hinter dem Cobb. Theo hält die Schnur, Lexie hat ihre Hand um seine gelegt. Robert, der an einem Felsen nach Fossilien sucht, sieht ihnen zu.
    »So ist es richtig«, sagt sie leise zu Theo. »Jetzt hast du es raus.«
    Die Drachen schwebt direkt über ihnen, wie an einer umgekehrten Lotleine, der Schwanz wirbelt und zuckt. Theo blickt gebannt zu ihm hoch und staunt, dass das Luftwesen über ihm zu tanzen anfängt, wenn er an der Schnur zieht.
    »Es ist wie …« Er sucht nach dem richtigen Wort. »… ein Hund.«
    »Ein Hund?«
    »Ja, ein fliegender Hund.«
    »Ach, weil er an der Leine ist, meinst du?«
    Froh richtet er seine blauen Augen auf sie, glücklich, dass sie ihn verstanden hat. »Ja!«
    Lachend drückt sie ihn an sich, und der Drachen über ihnen wippt und schaukelt.
    Nach einer Weile gehen sie zu Robert und setzen sich auf einen Felsen. Robert findet einen Ammoniten, ein wulstiges, in sich zusammengerolltes, versteinertes Lebewesen. Er legt ihn Lexie in die Hand, und sie fühlt, wie er in ihrer Hand langsam warm wird. Theo reiht wieder Steine auf, diesmal in absteigender Größe.
    Lexie steht auf. »Ich glaube, ich springe noch mal kurz ins Wasser. Und dann holen wir uns was zu essen.«
    Robert blickt zum Himmel, aufs Meer, wo weiße Schaumkronen zu sehen sind. »Meinst du wirklich?«, sagt er. »Es wird langsam kalt.«

    »Das macht nichts.« Sie steckt den Ammoniten in ihre Kleidertasche.
    »Wir haben kein Handtuch dabei.«
    »Dann lass ich mich eben trocknen«, sagt sie lachend. »Ich bin wasserfest. Ich renne so lange rum, bis ich trocken bin.« Als sie nur noch die Unterwäsche anhat, drückt sie Theo einen Kuss auf den Kopf. »Ich bin gleich wieder da, Schatz.« Sie geht los, über die Kiesel, über den Sandstrand, ins Wasser. Robert sieht zu, wie sie Stück um Stück im Meer verschwindet - es geht sehr schnell. Ihre Knöchel, ihre Knie, ihre Oberschenkel, ihre Taille. Ein leiser Aufschrei noch und sie ist drin. Sie krault ein paar Züge, zieht eine schaumige Spur; sie taucht unter und weiter draußen wieder auf; sie schwimmt mit gleichmäßigen Brustzügen weiter.
    Robert sieht Theo an. Der schiebt die Steine der Reihe nach in den Sand und sagt: »Weg mit dir.« Zu jedem Einzelnen: »Weg mit dir, weg mit dir.«
    Später wird Robert nicht genau sagen können, wie viel Zeit vergangen ist. Er weiß, dass er nebenher wieder nach Fossilien gesucht hat. Dass er zwei Steine am Felsen aufgeschlagen hat, wie Eier, weil er sehen wollte, ob sie etwas enthielten. Dass er mindestens einmal aufs Meer hinausgeschaut und ihren Kopf gesehen hat, nicht weit von der Biegung des Cobb. Dass Theo »Weg mit dir« gesagt hat oder auch »Sie rennt rum, bis sie trocken ist«.
    Nachdem er den dritten Stein aufgeknackt hat, sagt Theo etwas anderes. Robert blickt hoch. Theo kauert nicht mehr über seinen Steinen. Er steht. Die sandigen Hände von sich gestreckt, die Finger gespreizt, starrt er aufs Meer.
    »Was hast du gesagt, Theo?«
    »Wo ist die Mama?«, fragt das Kind mit klarer, heller Stimme.

    Robert wiegt einen vierten Stein in der Hand,

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