Die Hand die damals meine hielt - Roman
andere Party, wo die Leute eisgekühlten Wodka tranken, von dem Ted die Zähne wehtaten. Sie war dabei, als er sich mit einer kanadischen Produzentin namens Cindy unterhielt und als sie E-Mail-Adressen austauschten. Elina betrank sich. Elina kippte um. Ted half ihr zurück ins Hotel und steckte sie ins Bett. Am nächsten Morgen brachte er ihr ein Glas Wasser. Sie machten sich auf die Suche nach dem Potsdamer Platz und fanden nur ein Einkaufszentrum. Sie aßen Tortillas, die zu fettig waren, sie schrieben Ansichtskarten. Sie f ragte Ted, an wen er seine schrieb, und er sagte es ihr; er f ragte sie nicht nach ihren. Sie sahen sich noch einen
Film an, aßen noch mehr Apfelkuchen, gingen noch mal auf eine Party. Sie hörte ihm beim Schlafen zu. In der Nacht rutschten beide Decken herunter, in den Zwischenraum zwischen ihren Betten. Elina, die als Erste aufwachte, fand sie dort am nächsten Morgen, ineinander verschlungen. Der Himmel war tanninbraun. Sie fuhren nach Hause. Zurück in ihrer Mansarde stellte sie die schwarz-roten Bilder mit dem Gesicht zur Wand. Sie rührte etwas Farbe an und ließ sie auf der Palette trocken werden. Sie schüttelte die Zettel aus den Büchern in den Mülleimer. Sie legte sich aufs Bett, ließ den Kopf über das Ende hängen, rauchte und sah aus dem Dachfenster. Als Ted zurückkam, war sie im Garten und rauchte. Sie hörte, wie er ins Haus ging, hin und her lief, das Licht ankipste, den Kühlschrank aufmachte. Nach einer Weile kam er in den Garten und rief nach ihr, Elina, sehr leise und mit einem singenden Ton am Ende, so dass ihr Name wie eine Frage klang. Aber sie drehte sich nicht um. Er sagte: Ich dachte, es wäre keiner zu Hause. Er kam über den Rasen, die nackten Füße raschelten im Gras, und er fasste nach dem Ende ihres Gürtels, eines Stoffgürtels, der an ihrem Oberteil vernäht war und sich viele Male um ihren Körper wand, und er zog sie zu sich heran, wie jemand, der sich an einem Tau hangelnd aus tiefem Wasser zieht.
Wir waren nicht immer so, sagt Elina sich, während sie zusieht, wie Ted das Spülwasser auskippt, während sie einschläfernd auf das Kind einspricht und den Blick über das Chaos in der Wohnung wandern lässt.
S o bald wie Lexie damit gerechnet hat, meldet Innes sich nicht wieder bei ihr.
Nach dem Lunch hat er sie zur U-Bahn-Station Leicester Square gebracht und auf dem Weg ununterbrochen geredet - über ein Gemälde, das er irgendwann in Rom gekauft hatte, über eine Wohnung in der Nachbarschaft, in der er einmal gewohnt hatte, über ein Buch, das er gerade rezensierte und das sie unbedingt lesen müsse. Er hörte gar nicht mehr auf, auch dann nicht, als er ihr einen hauchzarten Kuss auf die Wange gab, als sie ihm zum Abschied winkte und die Treppe zur U-Bahn hinunterging.
Sie arbeitet am Montag, sie arbeitet am Dienstag: fährt rauf und runter und wieder rauf, viele, viele Male. Am Mittwoch lässt sie sich von einem Kollegen aus der Buchhaltung zum Mittagessen einladen. Er erzählt ihr, dass er kündigen will, um bei einer Firma anzufangen, die die letzten Bombengrundstücke in der Stadt aufkauft. Sie gehen in ein Café - ein italienisches Café, und Lexie denkt an Mrs. Collins, während sie bestellt. Sie essen Schnitzel, die mit Soße zugeschüttet sind. Der Kollege kleckert sich Soße auf den Anzug, lässt sich ausführlich über die unterschiedlichen Bomben aus, die während des Krieges zum Einsatz kamen, und erklärt ihr, welche Schäden sie jeweils angerichtet haben. Lexie nickt, als ob sie sich dafür interessiert. Aber sie
muss unweigerlich an die Bombengrundstücke denken, die sie in London gesehen hat - von Brennnesseln überwucherte schwarze Trichter, Reihenhauszeilen, in denen plötzlich eine Lücke klafft, fensterlose Gebäude, die blind und trostlos wirken. Und sie denkt, so etwas wäre nichts für sie, mit so etwas würde sie nichts zu tun haben wollen.
Sie arbeitet weiter. Sie befördert Menschen von den Schuhen zu den Elektroartikeln, von den Kurzwaren in die Wäscheabteilung, von den Handschuhen und Schals zum Restaurant in der obersten Etage. Am Donnerstag nimmt sie Innes’ Visitenkarte aus ihrer Handtasche und sieht sie sich an. Sie steckt sie in die Tasche ihrer Livree. Wenn sie den Fahrstuhl einmal nicht bedienen muss, tastet sie ab und zu danach. Am Abend legt sie sie wieder in ihre Tasche. Am Freitag schlägt sie eine Einladung von dem Kollegen aus der Buchhaltung aus - zu einem Spaziergang im Hyde Park.
Am Wochenende geht sie
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