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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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wunderschöne Lacklederhandtasche über dem Arm trug, und der alten Frau, die Lexie schon einmal hier gesehen hatte.
    Lexie stellte Daphne ein Glas Gin hin, rührte mit dem Cocktailstäbchen klirrend in ihrem eigenen Glas, sagte: »Auf ex!« und leerte es in einem Zug. »Uff«, sagte sie prustend. »Ah. Noch einen?«
    Daphne trank ein kleines Schlückchen. »Bei dir gibt es wohl keine halben Sachen, was, Lexie Sinclair?«
    Lexie fischte einen Eiswürfel aus ihrem Glas und steckte ihn in den Mund. »Was meinst du damit?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Du gehst immer voll aufs Ganze.«
    »Wer? Ich?«
    »Ja.« Daphne lutschte nachdenklich an ihrem Cocktailstäbchen. »Kein Wunder, dass ihr so ein tolles Gespann seid, Innes und du. Er ist ganz genauso.«
    Lexie biss auf den Eiswürfel. Während sie ihn zu immer kleineren Stückchen zermalmte, betrachtete sie Daphne mit ihrem grünen Daumenring, der glatten Stirn, dem breiten Mund. Und plötzlich hatte sie eine Sekunde lang ein Bild von Innes und Daphne im Bett vor Augen. Sie sah, wie er sich über sie beugte, wie er mit den Händen und dem Mund diese Haut, dieses Haar berührte, wie sich ihre Lippen trafen. Lexie schluckte die Eissplitter herunter und atmete tief durch. Der Augenblick der Wahrheit war gekommen. Wenn die Freundschaft zwischen Daphne und ihr eine Zukunft haben sollte, durfte sie nicht länger schweigen.
    »Es tut mir leid«, begann sie. »Ich wollte dir nicht die Tour vermasseln. Mit Innes, meine ich. Ich hoffe, du bist mir nicht böse. Es war nie meine Absicht …«

    »Ich bitte dich«, sagte Daphne mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen. Er und ich, wir waren eher so was wie eine Zweckgemeinschaft. Aber das zwischen euch, das ist was richtig Ernstes. Das kann jeder sehen.« Die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, schien ihr zu gefallen, denn sie lächelte. »Seit er dich kennt, ist er ein anderer Mann.«
    »Ich auch. Bloß, dass ich natürlich eine andere Frau bin«, sagte Lexie. Sie bekam wieder einen Kicheranfall. Es war aber auch zu lustig: sie, das Mädchen vom Lande, hier im Colony Room, neben sich einen Mann mit Handtasche und eine alte Frau, die dem Mann in der Schaffelljacke mit ihrer Tabaksdose unter der Nase herumklapperte. Dazu die Fische, die in dem trüben Aquarium im Kreis schwammen, Muriel, die einen Gast zusammenstauchte, er solle jetzt endlich seine »Moneten rausrücken«, einen Künstler, der den Arm um die Schultern einer Frau in einem hautengen violetten Kleid gelegt hatte. Das alles hatte so wenig mit der Welt zu tun, in die sie ihrer Herkunft nach gehört hätte, dass sie nur noch lachen konnte.
    Daphne verdrehte die Augen. »Was gibt es denn jetzt schon wieder zu gackern?«
    »Ich weiß auch nicht«, brachte Lexie hervor. »Ich weiß es nicht. Manchmal kann ich es kaum glauben, dass ich früher in Devon gelebt habe.«
    »Wie bitte?« Daphne starrte sie verdutzt an. »Was hat denn jetzt Devon damit zu tun?«
    »Gar nichts!« Lexie beugte sich über den Tisch. »Das ist es ja eben!«
    Daphne steckte sich eine Zigarette an und schüttelte das Streichholz aus. »Du bist ein merkwürdiges Wesen, Lexie.« Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Darauf
müssen wir noch einen heben. Deakin«, sagte sie zu dem Mann in der Schaffelljacke, der ihnen gegenüber saß. »Leih uns ein paar Kröten, sei so lieb. Ich weiß, du kannst es verschmerzen.«
    Deakin verzog verächtlich den Mund. »Du kannst mich mal«, schnarrte er. »Versauft euer eigenes Geld.«

    Die elsewhere -Redaktion ist heute ein Café. Beziehungsweise eine Bar. Schwer zu sagen. Über der Tür steht »The Lagoon Café Bar«, man hat also die Wahl. Innes hätte sich über die fehlenden Satzzeichen geärgert. Es müsse »Café/ Bar« heißen, hätte er gesagt, oder »Café, Bar« oder wenigstens »Café-Bar«, wenn man es als zusammengesetztes Hauptwort betrachten wolle.
    Wie auch immer. Jedenfalls ist es ein Lokal mit abgeschliffenem Holzfußboden, gedämpftem Licht, dunkelblauen Wänden, Kerzen auf den Tischen, komfortablen Sofas im hinteren Teil, sowie mit einer großzügigen Auswahl an Büchern und Zeitschriften - darunter ironischerweise auch die London Lights , wie das elsewhere -Magazin heutzutage heißt. Eine schreckliche Namensänderung. Aber die Leute, die elsewhere Anfang der Sechzigerjahre kauften, fanden den ursprünglichen Namen zu »kopflastig«. Natürlich hat die Zeitschrift keinerlei Ähnlichkeiten

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