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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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Artikel sind immer unter aller Kanone. Ich weiß wirklich nicht, warum Innes ihm überhaupt noch Aufträge gibt. Klar, er ist billig, aber das ist auch das Einzige, was für ihn spricht.« Daphnes Zeigefinger mit dem abgekauten Nagel landete im zweiten Absatz. »Ein komplett verunglückter Nebensatz. Und da«, sie deutete auf eine andere Stelle. »Das Wort ›Strophe‹ zweimal im selben Satz. Der faule Hund. Ob er seine Texte überhaupt durchliest, bevor er sie abgibt?«
    Daphne hockte sich auf die Schreibtischkante. Mit brennenden Wangen machte Lexie sich daran, den verunglückten Nebensatz zu retten.
    »Ich kann nur sagen, alle Achtung, dass er dir so eine Aufgabe anvertraut«, bemerkte Daphne.
    Lexie hob langsam den Kopf. Ihr Blick fiel zuerst auf den grünen Ring, den Daphne am Daumen trug, und dann auf ihre geschminkten Lippen, die sie nachdenklich gekräuselt hatte. »Findest du?«
    Daphne betrachtete prüfend einen Fingernagel und knabberte ein bisschen daran. »Mm«, sagte sie. »Wenn er dir Venables’ Schrott zum Aufmöbeln überlässt, muss er große Stücke auf dich halten.«
    Lexie gähnte. Plötzlich spürte sie, wie erschöpft sie war. »Ich wüsste nicht, wieso. Ich komme mir wie der letzte Stümper vor.«
    Daphne nahm ihr den Stift aus den Fingern. »Komm«, sagte sie. »Genug für heute. Gehen wir was trinken.«

    »Aber ich bin noch nicht fertig«, protestierte Lexie, auch deshalb, weil sie noch nie allein mit Daphne ausgegangen war und sich ein wenig davor fürchtete. »Ich muss noch eine Viertelseite rauskürzen. Ich habe Innes versprochen, dass ich …«
    »Scher dich nicht um Innes. Was meinst du denn, was er gerade bei Colquhoun treibt? Wahrscheinlich haben die beiden längst eine Flasche Whisky niedergemacht. Los, wir verschwinden.«
    Vor dem French Pub - Daphnes Stammlokal - standen die Gäste Schlange. »Bis wir hier was zu trinken kriegen, sind wir verdurstet«, knurrte sie, während sie sich auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig berieten. Ins Mandrake wollten sie nicht. Im Colony Room kamen sie gerade einmal durch die Tür, bevor sie von Muriel Belcher zurückgepfiffen wurden. »Leider nur für Mitglieder«, krächzte sie.
    Daphne nahm ihre Zigarette aus dem Mund. »Ach, kommen Sie schon, Muriel. Können Sie nicht eine Ausnahme machen?«
    »Wenn ich mich nicht irre, haben uns die Damen noch nicht mit ihrer Mitgliedschaft beehrt.«
    »Bitte«, sagte Lexie. »Es ist schon spät. Überall sonst ist es brechend voll. Wir bleiben nicht lange. Und wir fallen auch nicht aus der Rolle, versprochen. Wir spendieren Ihnen eine Runde.«
    »Wo steckt denn unsere Miss Kent heute Abend?«
    »Zieht mit Colquhoun um die Häuser«, antwortete Daphne.
    Muriel zog eine Augenbraue hoch und musterte Lexie. »Verstehe. Sie wechselt doch nicht etwa ans andere Ufer?«
    »Äh, tja«, stammelte Lexie verlegen. Sie begriff nicht ganz, worauf Muriel mit ihren Andeutungen hinauswollte.

    Daphne sprang ihr bei. »Wohl kaum. Da wird schon eher die Erde zur Scheibe.«
    »Na, ihr zwei beide müsst es ja wissen«, gackerte Muriel.
    »Also, lassen Sie uns jetzt rein?«, fragte Daphne. »Bitte, bitte?« Sie schob Lexie vor sich her, bis die fast auf dem Schoß der Wirtin landete. »Sie ist mit einem Mitglied verbandelt.« Lexie trat ihr mit voller Wucht auf die Zehen. »Könnte man das nicht gelten lassen?«
    Muriel musterte sie von oben bis unten. »Okay, ausnahmsweise. Aber nächstes Mal bringt ihr eure Zuckerpuppe wieder mit.«
    »Zuckerpuppe?«, flüsterte Lexie, während sie sich ihren Weg zur Theke bahnten.
    »Sie meint Innes«, flüsterte Daphne zurück.
    In Verbindung mit Innes kam Lexie dieser Ausdruck besonders komisch vor, und sie fing an zu kichern. »Wieso sagt sie das? Und wieso nennt sie ihn ›sie‹?«
    »Pst«, sagte Daphne warnend. »Sonst denkt sie noch, du machst dich über sie lustig. Und dann schmeißt sie uns raus.«
    Lexie konnte sich nicht mehr einkriegen vor Lachen. »Ach, wirklich?«
    »O Gott«, ächzte Daphne. »Dabei hast du noch keinen Tropfen getrunken. Sie nennt alle Männer ›sie‹. Ist dir das noch nie aufgefallen?«
    »Aber warum?«
    »Darum«, entgegnete Daphne abschließend. »So«, sagte sie, als sie endlich an der Theke standen. »Was nehmen wir? Einen Gin? Ich hab überhaupt kein Geld - du vielleicht?«
    Sie fanden zwei Plätze an einem Tisch in der Nähe der Bar, eingezwängt zwischen einem Mann in einer speckigen
Schaffelljacke, zwei jungen Kerlen, von denen einer eine

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