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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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Sie kann sich nicht beherrschen. Simmy trägt einen Strohhut und ein Zelt von einem Hemd mit einem Muster aus bunten Liegestühlen. »Wie siehst du denn aus«, sagt sie. »Als ob du in einem Musical auftreten wolltest.«
    Er breitet theatralisch die Arme aus. »Mein ganzes Leben ist ein Musical. Los, komm. Auf geht’s.«
    »Und wohin?«
    »Nichts wie weg. Tempo, Tempo.« Er klimpert mit den Autoschlüsseln. »Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.«
    »Aber wohin soll es denn gehen?«
    »Weg, das sag ich doch. Wo steckt deine bessere Hälfte? Ist er zu Hause?«
    »Er ist mit dem Kleinen im Garten.«
    »Du meinst, mit Jonah«, verbessert Simmy sie streng. Er kommt in die Diele und fängt an, den Kleiderständer zu durchforsten. »Das musst du dir schleunigst abgewöhnen, dass du ›der Kleine‹ zu ihm sagst. Ich nenne dich schließlich auch nicht ›die Große‹, oder?« Er drückt ihr eine Jacke und einen Sonnenhut in die Hand.
    Elina setzt sich mit den Sachen auf die unterste Treppenstufe. »Was machst du da, Sim?«
    »Hast du keine Tasche?«, will er wissen, während er kurz ein kleines, grünes Ledertäschchen mit zahlosen Reißverschlüssen hochhält und wieder weghängt. »Eine richtige Tasche in Koffergröße. Mit Zeugs drin.«
    »Was denn für Zeugs?«, fragt sie. Simmy macht sich erneut am Kleiderständer zu schaffen.
    »Babyzeugs. Windeln und so. Du weißt schon. Diese wattierten Riesendinger, die man als Eltern durch die Gegend schleppt.«
    Elina deutet auf die Leinentasche neben der Tür.
    »Die da?« Simmy stupst sie mit dem Zeh an. »Das ist
doch wohl nicht dein Ernst. Die sieht ja aus wie der Sack, in dem meine Mutter das Pferdefutter aufbewahrt.« Er macht die Tasche auf. »Hm. Wollen wir mal sehen. Windeln, abgehakt. Watte, abgehakt. Feuchttücher, abgehakt. Unidentifizierbare kleine weiße Dinger, abgehakt. Was brauchen wir sonst noch?«
    »Sim, ich kann doch nicht einfach …«
    »Fläschchen. Brauchen wir keine Fläschchen?
    »Nein.« Sie zeigt auf ihre Brust. »Ich …«
    »Oh.« Er zieht die Nase kraus. »Natürlich. Selbst ist die Frau. Okay, die Verpflegung überlass ich dir. Wo ist Ted? Ted!«, ruft Simmy. »Los, komm. Auf geht’s.«
    Auf geht’s, denkt Elina, als sie in Simmys Auto durch die Stadt brausen, durch Straßen voller Menschen, Kindern auf Fahrrädern, Teenagern in Grüppchen, blühenden Bäumen. Es ist einer ihrer Lieblingsausdrücke. Auf geht’s. Er kommt ihr vor wie ein Echo aus ihrem früheren Leben, als sie ständig auf dem Absprung war. Jetzt fühlt sie sich festgewachsen wie eine Muschelschale, wie angeschmiedet an das Haus und die wenigen Straßen in der näheren Umgebung. Auf geht’s.
    Sie hält Jonahs halb geschlossene kleine Hand. Er sitzt hellwach in seinem Kindersitz, die Augen weit aufgerissen. Er scheint über diesen unverhofften Ausflug genauso überrascht zu sein wie sie selbst. Die Männer kabbeln sich, welche CD sie spielen sollen. Ted trägt Simmys Strohhut, weit aus der Stirn nach hinten geschoben. Simmy hat eine Hand am Lenkrad und die andere über dem Schlitz des CD-Spielers, damit Ted die Scheibe, die er in der Hand hält, nicht einlegen kann. Die Männer lachen, alle Fenster sind offen, warme Luft strömt in den Wagen.
    Sie fahren zur National Portrait Gallery. Simmy lässt es
sich nicht nehmen, Jonah im Tragetuch zu tragen, und Ted schleppt die Wickeltasche aus Leinen, so dass Elina die Arme frei hat und sie schwingen lassen kann. Ted möchte gleich das Café im obersten Stock ansteuern, worauf Simmy ihn als Banausen tituliert. Sie seien schließlich hier, um sich die John-Deakin-Ausstellung anzusehen, und nicht, um überteuerten Cappuccino zu trinken.
    »Wer ist dieser John Deakin überhaupt?«, grummelt Ted.
    »Kleine My?« Simmy wendet sich Elina zu.
    »Hm.« Sie muss kurz überlegen. »Ein Fotograf. Glaube ich zumindest. War er nicht ein Zeitgenosse von Francis Bacon?«
    »Die Kandidatin hat hundert Punkte«, sagt Simmy. Er nimmt Ted und Elina bei der Hand. »Kinder«, verkündet er mit so lauter Stimme, dass sich mehrere Leute nach ihnen umdrehen. »Wir werden gleich in die zwielichtige Künstlerwelt Nachkriegslondons eintauchen. Bist du bereit?« Die Frage gilt Ted.
    »Nein, ich möchte einen Cap…«
    »Bist du bereit?« Diesmal ist Elina gemeint.
    »Ja.« Sie muss sich ein Lachen verbeißen.
    »Bist du bereit?« Er sieht Jonah an. »Nein, du bist anscheinend eingeschlafen. Macht nichts. Auf geht’s.« Und er zieht sie hinter sich her durch den

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