Die Hand von drüben
heißen können; Kelly paßte nicht zu ihm. Er war ein dunkelhaariger, kleiner Mann mit schmalem Gesicht, nervösen, vom Tabak gelben Fingern, leuchtenden, durchbohrenden Augen und einem bitteren Mund. Er war gut angezogen, bis auf einen weißen Seidenschal, den er in seiner Jacke trug. Er hätte Jude, Armenier, Türke oder Italiener sein können.
Er säuberte gerade seine Fingernägel mit einem Taschenmesser, als Tina eintrat, und fuhr noch eine Weile damit fort, ehe er aufblickte und mit dem Kopf auf die Türe deutete, die hinten aus dem Büro hinausführte. Tina ging durch die Schwingtür in dem Gitter und dann hinaus in die Ställe, wo es nach Heu, Urin, Kot und Pferden roch. Ein halbes Dutzend Pferde standen dort, und ganz hinten in dem Gebäude waren einige nicht mehr benutzte Lieferwagen abgestellt, deren Deichseln auf dem Boden lagen.
Etwa eine Minute später kam Mr. Kelly durch die Tür. Er ging zu einem der Lieferwagen und kletterte auf den Kutschbock. Tina setzte sich neben ihn.
«Was soll das heißen?» sagte er. «Wir haben Ihnen doch ausdrücklich gesagt, Sie sollten nie von sich aus zu uns kommen. Sie könnten in Schwierigkeiten geraten.»
Wenn Mr. Kelly drohte, wirkte er so komisch, daß Tina am liebsten gekichert hätte. Seine Koteletten waren zu lang und seine Hautfarbe zu blaß. Er sah so aus, als ob er keiner Fliege etwas zuleide tun könnte. Jedenfalls hatte sie keine Angst vor ihm. «Es ist etwas passiert», sagte sie, «und ich hielt es für besser, es Ihnen zu berichten.»
«Na gut, legen Sie los», sagte Mr. Kelly. Er sprach mit einem undefinierbaren Akzent.
«Die Bessmers», begann sie, «hatten gestern abend einen neuen Teilnehmer bei der Séance, einen Engländer, der sein Mädchen verloren hat. Ich meine, sie ist tot. Sie haben mich gerufen, damit ich das Mädchen spielte. Er heißt Peter Fairweather. Er soll so etwas wie Professor an einer englischen Universität sein. Ich mußte ihn küssen und so tun, als sei ich seine wiedergekehrte Braut.»
Mr. Kellys dunkle Augen funkelten.
«Was haben sie ihm dafür abgeknöpft?»
«Zweitausendfünfhundert. Am nächsten Montagabend wird er weitere tausend loswerden.»
«Diese Lumpen», sagte Mr. Kelly. «Zahlen wir ihnen nicht genug, daß sie noch andere schröpfen müssen? Und was ist mit ihm?»
«Es ist nicht sein wirklicher Name. Er kam heute in den Laden, um Vater zu sprechen.» Sie griff in ihre Handtasche und nahm eine Karte heraus, die sie Mr. Kelly reichte. «Dies ist sein richtiger Name. Alexander Hero. Vater hat später nachgesehen, was er ist. Er ist so etwas wie Rechercheur. Er arbeitet für die britische Gesellschaft zur Erforschung des Übersinnlichen.»
«Was ist das?“
«Sie untersuchen Medien und Seancen und derlei. Es gibt auch hier so eine.»
«Fahren Sie fort», sagte Mr. Kelly.
«Er wollte eine Wachshand hergestellt haben», sagte Tina.
Mr. Kellys Kommentar war eine nur aus wenigen Buchstaben bestehende obszöne Bemerkung. Tina schwieg. Sie hatte das Wort schon früher von ihm gehört.
«Wieso haben Sie ihn erkannt, wenn Sie nur im Dunkeln mit ihm geknutscht haben?»
«Ich habe ihn kurz gesehen, ehe das Licht ausging«, erwiderte Tina. «Die Bessmers sagten, sie hätten da einen wirklich gutgläubigen Trottel aufgetan, und sie erzählten mir eine Menge über ihn und seine Braut, und daß ich es sehr gut machen müsse. Ich wollte sehen, mit wem ich es zu tun haben würde, was für eine Art von Mann er war, wie ich mich ihm gegenüber verhalten mußte. Ich hatte kaum den Laden betreten, da erkannte ich ihn wieder.»
«Hat er Sie auch wiedererkannt?» fragte Mr. Kelly scharf.
«Bestimmt nicht. Wie konnte er das auch? Er hat mich in dem Kabinett nicht gesehen. Es war stockdunkel darin.»
Kelly spuckte vom Kutschbock herunter und wiederholte: «Diese Lumpen! Für wen arbeitet er? Was, sagten Sie, ist er? Wo wohnt er?»
«Ich weiß es nicht. Aber ich glaubte, Sie müßten von ihm hören, falls...»
«Sie haben korrekt gehandelt», sagte Mr. Kelly. «Können Sie noch mehr über ihn herausbekommen?»
«Ja, wahrscheinlich. Ich bin für heute abend mit ihm verabredet.»
«Warum?»
«Eben, um mehr über ihn herauszubekommen. Vater schwebt in Todesängsten.»
«Ach, du lieber Gott. Wirklich? Vielleicht auch, weil der Mann so viel Geld hat und Sie auch etwas davon abbekommen können. Hintergehen Sie uns nicht, Schwester! Das könnte Sie teuer zu stehen kommen.»
Der kleine eitle Mann und seine
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