Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number
Blumen ist das was anderes.«
»Inwiefern?«
»Sie dienen eher als Zimmerschmuck, würde ich sagen. Eine Plastikblume als Geschenk von einem Mann an eine Frau ist ungefähr so wahrscheinlich wie eine Rolle Blumentapete.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Bin mir nicht sicher. Aber wenn diese Frau eine Plastikblume am Tatort gefunden und deshalb gedacht hat, dass ihr Mann sie für sie gekauft hat, dann täuscht sie sich meiner Meinung nach.«
»Aber wo soll die Blume dann her sein?«
»Keine Ahnung.«
»Sie hatte keinen Zweifel, dass er das Ding für sie besorgt hatte.«
»Ist doch nachvollziehbar, dass sie das glauben will.«
»Vielleicht. Aber wenn er sie nicht mitgebracht hat und wir davon ausgehen, dass ihr Sohn den ganzen Abend bei ihr war, wie sie behauptet, dann kommt nur noch der Mörder in Frage.«
»Wahrscheinlich.« Madeleine gähnte.
Gurney wusste, dass es für sie viel wichtiger war zu begreifen, was ein realer Mensch unter bestimmten Umständen tun würde, als darüber zu spekulieren, wie ein Gegenstand in ein Zimmer gelangt war.
Obwohl er ihr schwindendes Interesse spürte, hakte er nach. »Warum sollte der Mörder eine Blume neben sein Opfer legen?«
»Was ist es denn überhaupt für eine Blume?« Wenn es darum ging, eine Frage zu konkretisieren, war sie unschlagbar.
»Bin mir nicht sicher. Ich weiß nur, dass es keine Rose ist, keine Nelke und auch keine Dahlie. Hat aber Ähnlichkeit mit allen dreien.«
»Wie genau?«
»Zuerst hat es mich an eine Rose erinnert, aber sie ist ausladender, mit viel mehr Blütenblättern, die auch enger beisammen sind. Fast so üppig wie eine große Nelke oder Dahlie, nur die einzelnen Blütenblätter sind breiter als bei Nelken oder Dahlien - eher wie zerknitterte Rosenblüten, könnte man sagen. Irgendwie eine ziemlich aufdringliche, protzige Blume.«
Zum ersten Mal seit seiner Ankunft wirkte Madeleines Gesicht wirklich belebt.
»Ist dir was eingefallen?«, fragte er.
»Vielleicht … hmm …«
»Was? Du kennst die Blume?«
»Ich glaube ja. Merkwürdiger Zufall.«
»Mein Gott, sag schon!«
»Für mich klingt die Blume, die du gerade beschrieben hast, sehr nach einer Pfingstrose.«
Die Bierflasche rutschte ihm aus der Hand. »O Mann!«
Nachdem er Madeleine noch kurz nach Pfingstrosen ausgefragt hatte, trat er in sein Arbeitszimmer, um mehrere Anrufe zu erledigen.
36
Eins führt zum anderen
Gurney brauchte einige Zeit, um Detective Clamm davon zu überzeugen, dass es mehr als nur Zufall war, wenn beim zweiten Mord eine Blume auftauchte, deren englische Bezeichnung Peony exakt dem Namen des Orts entsprach, an dem der erste Mord stattgefunden hatte.
Außerdem schlug er umgehende Maßnahmen vor: das Haus der Schmitts nach merkwürdigen Briefen oder Nachrichten, nach Versen und Handschriftlichem in roter Tinte durchsuchen; das Büro des Gerichtsmediziners auf die in Peony festgestellte Kombination aus Schuss und Stichen mit einer zerbrochenen Flasche aufmerksam machen; das Haus nach Spuren einer Patrone oder von Material zur Dämpfung eines Schussgeräusches durchkämmen; das gesamte Grundstück sowie die angrenzenden Grundstücke und die Straße vom Haus bis zum Gemeindezaun nach zerbrochenen Flaschen und vor allem Whiskeyflaschen absuchen; zuletzt ein biografisches Profil von Albert Schmitt erstellen, um nach potenziellen Verbindungen zu Mark Mellery, Konflikten oder Feinden, Gesetzesverstößen oder Alkoholproblemen zu forschen.
Schließlich wurde ihm der bestimmte Ton seiner Anregungen bewusst, und er bremste sich.
»Tut mir leid, Randy. Ich hab mich hinreißen lassen. Der Fall Schmitt gehört natürlich Ihnen. Sie sind zuständig,
das heißt, Sie entscheiden über die nächsten Schritte. Ich kann nicht über Sie bestimmen und muss mich entschuldigen, wenn ein anderer Eindruck entstanden ist.«
»Kein Problem. Ach übrigens, wir haben hier einen Lieutenant Everly, der sagt, dass er mit einem Dave Gurney die Akademie besucht hat. Sind Sie das zufällig?«
Gurney lachte. Er hatte völlig vergessen, dass es Bobby Everly in dieses Revier verschlagen hatte. »Ja, genau der.«
»Nun, Sir, in diesem Fall würde ich jede Anregung von Ihrer Seite begrüßen. Und falls Sie Mrs. Schmitt noch einmal befragen wollen, kann ich das gern arrangieren. Ihre Vernehmung mit ihr war wirklich klasse.«
Gurney konnte keinen Sarkasmus in der Bemerkung erkennen und beschloss, sie als Kompliment aufzufassen. »Danke. Ich muss nicht persönlich mit ihr sprechen,
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