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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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aber vielleicht ein kleiner Vorschlag. Wenn ich unter vier Augen mit ihr reden würde, würde ich sie in völlig sachlichem Ton fragen, was sie auf Geheiß des Herrn mit der Whiskeyflasche gemacht hat.«
    »Was für eine Whiskeyflasche?«
    »Die, die sie vielleicht aus nur ihr bekannten Gründen vom Tatort entfernt hat. Lassen Sie durchblicken, dass Sie schon alles wissen und bloß neugierig sind, wo sie die Flasche hingeräumt hat. Natürlich kann es sein, dass es gar keine Whiskeyflasche gab. Wenn Sie das Gefühl haben, dass sie wirklich keine Ahnung hat, wovon die Rede ist, können Sie einfach das Thema wechseln.«
    »Meinen Sie wirklich, dass das Ganze nach dem gleichen Strickmuster abläuft wie die Sache in Peony, dass also irgendwo eine Whiskeyflasche im Spiel ist?«
    »Zumindest spricht einiges dafür. Aber wenn es Ihnen unangenehm ist, die Frau auf diese Weise zu befragen, müssen Sie nicht. Es ist ja wie gesagt Ihr Fall.«

    »Einen Versuch ist es wert. Kann nicht schaden. Ich melde mich.«
    »Viel Glück.«
    Als Nächsten musste Gurney Sheridan Kline anrufen. Der Gemeinplatz, dass der Chef nie von jemand anderem erfahren darf, was er von einem selbst erfahren sollte, galt besonders für die Strafverfolgung. Er erreichte Kline auf dem Weg zu einer Konferenz von Bezirksstaatsanwälten in Lake Placid, und die häufigen Unterbrechungen durch die lückenhafte Mobilfunkverbindung in den nördlichen Bergen machte es Gurney nicht gerade leicht, die Verbindung zwischen »Pfingstrose« und »Peony« zu erklären.
    Kline blieb so lange stumm, dass Gurney schon befürchtete, er könnte wieder in ein Funkloch gefahren sein. Schließlich meldete er sich doch noch. »Diese Blumengeschichte - hat das wirklich Hand und Fuß?«
    »Wenn es nur ein Zufall ist, dann ein sehr merkwürdiger.«
    »Aber was Handfestes ist es nicht. Wenn ich den Advocatus Diaboli spielen müsste, würde ich darauf hinweisen, dass Ihre Frau die Blume - die Plastikblume - nicht gesehen hat, die Sie ihr beschrieben haben. Angenommen, es ist überhaupt keine Pfingstrose. Wie stehen wir dann da? Und selbst wenn es eine ist, beweist das noch gar nichts. Wahrlich nicht unbedingt ein Durchbruch, den ich bei einer Pressekonferenz bekanntgeben möchte. Verdammt, warum kann es auch keine echte Blume sein? Dann könnte man sie wenigstens eindeutig identifizieren. Warum Plastik?«
    »Das hat mich auch gestört.« Gurney hatte Mühe, sich nichts von seiner Irritation über Klines Reaktion anmerken zu lassen. »Warum keine echte? Vor ein paar Minuten habe ich meine Frau danach gefragt, und sie hat mir
erklärt, dass Floristen nur ungern Pfingstrosen verkaufen. Sie haben eine schwere Blüte, die nicht aufrecht bleibt. In Gärtnereien kann man ganze Stöcke zum Einpflanzen kaufen, aber nicht um diese Jahreszeit. Möglicherweise konnte er uns seine kleine Botschaft nur mit einer künstlichen Blume zukommen lassen. Könnte mir vorstellen, dass es sich zufällig ergeben hat - er hat sie in einem Laden gesehen und war begeistert von der Idee, weil sie so spielerisch war.«
    »Spielerisch?«
    »Er mokiert sich über uns, stellt uns auf die Probe, treibt ein Spiel mit uns. Denken Sie nur an die Nachricht auf Mellerys Leiche: Fangt mich doch, wenn ihr könnt. Genau darum ging es auch bei den rückwärtsgerichteten Spuren. Dieser Irre wedelt mit seinen Botschaften vor unserem Gesicht herum, und sie bedeuten alle das Gleiche: ›Sucht mich doch, sucht mich doch, wetten, dass ihr mich nicht kriegt.‹«
    »Schön, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Vielleicht haben Sie Recht. Aber ich kann unmöglich mit einer Vermutung über die Bedeutung einer Plastikblume an die Öffentlichkeit treten und damit einen Zusammenhang zwischen zwei Fällen begründen. Bringen Sie mir was Konkretes, und zwar schnell.«
    Nach dem Telefonat saß Gurney am Fenster seines Arbeitszimmers und schaute hinaus in die frühabendliche Düsternis. Und wenn es wirklich keine Pfingstrose war? Schockiert musste Gurney erkennen, wie fragil die von ihm entdeckte Verbindung war und wie sehr er dennoch darauf gebaut hatte. Wenn man die eklatante Schwäche einer Theorie übersah, war das ein sicheres Zeichen dafür, dass man sich emotional zu stark an sie klammerte. Wie oft hatte er die Studenten in seinem Kriminologiekurs
an der State University auf diesen Punkt hingewiesen, nur um jetzt selbst in diese Falle zu tappen! Es war deprimierend.
    Eine halbe Stunde oder vielleicht auch länger schossen ihm die

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