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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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väterliche Festigkeit in seine Stimme. »Aber es muss sein. Die Briefe kannst du vorläufig bei mir lassen. Ich will sie genauer unter die Lupe nehmen. Aber vergiss nicht, ich bin kein Privatdetektiv und kann unter Umständen nur wenig für dich tun.«
    Niedergeschlagen starrte Mellery auf seine Hände. »Kann ich mich abgesehen von diesen Listen noch um was anderes kümmern?«
    »Gute Frage. Fällt dir was ein?«
    »Na ja … Vielleicht könnte ich unter deiner Anleitung was über diesen Mr. Arybdis aus Wycherly herausbekommen oder ihn sogar aufspüren.«
    »Wenn du mit ›aufspüren‹ seine Privatadresse meinst, die kriegst du nicht vom Postamt. Dafür müsstest du die Polizei einschalten, was du ja nicht willst. Du könntest im Internet-Telefonverzeichnis nachschauen, aber bei einem erfundenen Namen bringt dich das nicht weiter, und wir müssen davon ausgehen, dass er nicht echt ist, weil der Unbekannte in dem Brief ja schreibt, dass es nicht der Name ist, unter dem du ihn gekannt hast.« Gurney zögerte. »Aber das mit dem Scheck ist schon komisch, oder?«
    »Der Betrag, meinst du?«
    »Dass er nicht eingelöst wurde. Wozu der ganze Aufwand - die genaue Summe, der Name, auf den du ihn ausstellen sollst, das Postfach - wenn man ihn dann nicht vorlegt?«
    »Nun, wenn er sich nicht als Arybdis ausweisen kann, weil der Name falsch ist...«

    »Warum hat er dir dann angeboten, einen Scheck zu schicken, statt Bargeld zu verlangen?«
    Mellerys Augen suchten den Boden ab, als wären die Möglichkeiten Tretminen. »Vielleicht wollte er nur irgendein Dokument mit meiner Unterschrift darauf.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht. Aber da gibt es zwei Schwierigkeiten. Erstens war er auch bereit, Bargeld zu nehmen. Zweitens, wenn er einfach nur einen unterschriebenen Scheck wollte, warum hat er dann nicht um eine kleinere Summe gebeten - zwanzig oder meinetwegen auch fünfzig Dollar? Hätte sich damit nicht die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass du darauf eingehst?«
    »Vielleicht ist dieser Arybdis nicht so schlau.«
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nicht das Problem ist.«
    Mellery sah aus, als würden Erschöpfung und Angst in jeder Zelle seines Körpers um die Oberhand kämpfen. »Meinst du, ich bin wirklich in Gefahr?«
    Gurney zuckte die Achseln. »Die meisten Briefe von Spinnern sind harmlos. Der unerfreuliche Inhalt ist sozusagen die Angriffswaffe. Aber …«
    »Die hier sind anders?«
    »Möglicherweise.«
    Mellery machte große Augen. »Ich verstehe. Du wirst sie dir noch mal ansehen?«
    »Ja. Und du fängst mit diesen Listen an?«
    »Es wird nichts helfen, aber ich versuch es.«

6
    Blut in der makellosen roten Farbe gemalter Rosen
    Da er nicht zum Essen eingeladen wurde, verabschiedete sich Mellery widerstrebend und setzte sich in seinen minutiös restaurierten taubenblauen Austin-Healey, einen klassischen offenen Sportwagen. Doch der Mann schien das ideale Fahrwetter überhaupt nicht wahrzunehmen.
    Gurney kehrte zu seinem Adirondack-Stuhl zurück und saß fast eine Stunde dort, in der Hoffnung, dass sich das Gewirr aus Fakten zu einer überschaubaren, logischen Verkettung ordnen würde. Doch ihm wurde nur eins klar: Er hatte Hunger. So machte er sich in der Küche ein Sandwich mit Havarti-Käse und Paprika, das er allein verspeiste. Madeleine war irgendwie abgängig, und er fragte sich, ob er irgendeinen Plan vergessen hatte, von dem sie ihm erzählt hatte. Doch als er den Teller abspülte und zufällig durchs Fenster blickte, sah er sie, wie sie vom Obstgarten mit einer Stofftasche voller Äpfel heraufspazierte. Wie so oft, wenn sie an der frischen Luft war, strahlte sie zufriedene Heiterkeit aus.
    Sie betrat die Küche und stellte die Äpfel mit einem lauten, glücklichen Seufzen bei der Spüle ab. »Was für ein Tag!«, rief sie. »An so einem Tag auch nur eine Minute länger als nötig drinnen zu sein ist eine Sünde!«
    Er war zwar nicht unbedingt anderer Meinung als sie, zumindest nicht in ästhetischer Hinsicht, aber das Schwierige
für ihn war, dass ihn seine natürlichen Neigungen auf ganz verschiedene Weise nach innen lenkten, mit dem Ergebnis, dass er mehr Zeit mit dem Erwägen von Handlungen als mit Handlungen und mehr Zeit im Kopf als in der Welt verbrachte. In seinem Beruf war das nie ein Problem gewesen; im Gegenteil, das war genau die Eigenschaft, die ihm auf diesem Gebiet so große Durchschlagskraft verlieh.
    Jedenfalls spürte er kein unmittelbares Verlangen hinauszugehen und hatte

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