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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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billigen Sorte, wie man ihn in einem Discountladen kaufen konnte. Die Fußspuren führten direkt
zu dem Stuhl. Davor lag ein halbes Dutzend ausgetretene Zigarettenkippen. Gurney kauerte sich nieder, um einen genaueren Blick darauf zu werfen. Marlboros. Vom Stuhl verliefen die Abdrücke um einen Rhododendronstrauch zur Terrasse, wo der Mord anscheinend verübt worden war.
    »Mein Gott«, entfuhr es Gurney. »Er hat sich hingesetzt und geraucht?«
    »Ja. Bisschen Entspannung, bevor er dem Opfer die Kehle aufgeschlitzt hat. So sieht es zumindest aus. Mit der hochgezogenen Augenbraue willst du wohl fragen, wo der popelige Gartenstuhl herkommt? Das Ding hat mich auch gewundert.«
    »Und?«
    »Die Frau des Opfers gibt an, dass sie ihn noch nie gesehen hat. War ziemlich entsetzt von der schlechten Qualität.«
    »Was?« Wie ein Peitschenhieb zischte Gurneys Wort durch die Luft. Die arroganten Kommentare seines ehemaligen Kollegen wurden für ihn immer mehr zu kreischenden Nägeln auf einer Schiefertafel.
    »Kleiner Scherz.« Hardwick zuckte die Achseln. »Man darf sich von einem durchgeschnittenen Hals nicht runterziehen lassen. Aber ernsthaft, es war wahrscheinlich das erste Mal in ihrem schicken Leben, dass Caddy Smythe-Westerfield Mellery einem derart billigen Stuhl begegnet ist.«
    Gurney wusste alles über Polizistenhumor und darüber, wie notwendig er war, um mit dem wiederkehrenden Schrecken des Berufs fertigzuwerden, aber manchmal fielen ihm diese frivolen Bemerkungen auf die Nerven.
    »Willst du damit sagen, dass der Mörder seinen eigenen Gartenstuhl mitgebracht hat?«

    »Sieht fast so aus.« Hardwick zog eine Grimasse.
    »Und nachdem er seine fünf, sechs Marlboros geraucht hatte, ist er zur Hintertür des Hauses marschiert, hat Mellery auf die Terrasse geholt und ihm mit einer zerbrochenen Flasche die Kehle aufgeschlitzt? Das ist die bisherige Rekonstruktion?«
    Hardwick nickte widerstrebend. Ihm schien allmählich zu dämmern, dass der Tathergang, wie er aus den Spuren erschlossen worden war, ziemlich befremdlich klang. »Eigentlich ist ›Kehle aufgeschlitzt‹ noch ziemlich vorsichtig ausgedrückt. Dem Opfer wurde mindestens zehnmal in die Kehle gestochen. Als die Assistenten des Gerichtsmediziners die Leiche zum Wagen gebracht haben, wäre fast der Kopf abgerissen.«
    Gurney blickte in die Richtung der Terrasse, die von den Rhododendronsträuchen verdeckt wurde. Trotzdem stand ihm die riesige Blutlache so farbig und deutlich vor Augen, als würde er sie bei gleißendem Blitzlicht betrachten.
    Nachdenklich an seiner Lippe kauend, schaute ihn Hardwick an. »Aber das ist noch nicht alles. Das Merkwürdigste kommt erst noch, wenn man den Fußspuren folgt.«

18
    Spuren ins Nichts
    Hardwick führte Gurney von der Scheune um die Hecken, vorbei an der Terrasse, wo die Abdrücke des mutmaßlichen Angreifers den Tatort verließen und über den schneebedeckten Rasen liefen, der sich von der Rückseite des Hauses bis zum Saum des knapp hundert Meter entfernten Ahornwaldes erstreckte.
    Als sie den Fußstapfen in Richtung der Bäume folgten, stießen sie unweit der Terrasse auf einen weiteren Kriminaltechniker in der typischen Berufskleidung aus hermetischem Plastikoverall, OP-Mütze und Gesichtsmaske, die dazu diente, DNA und andere Spuren vor einer Kontamination zu schützen.
    Der Mann kauerte ungefähr drei Meter entfernt von den Abdrücken und zog mit einer Edelstahlzange etwas aus dem Schnee, das nach einer braunen Glasscherbe aussah. Er hatte bereits drei ähnliche Splitter und das Bruchstück einer Whiskeyflasche eingesammelt, das so groß war, dass man es als solches erkennen konnte.
    »Sehr wahrscheinlich die Mordwaffe«, bemerkte Hardwick. »Aber du als genialer Ermittler hast das natürlich schon längst gewusst. Sogar, dass es eine Flasche Four Roses war.«
    »Wieso liegen die Scherben hier draußen auf dem Rasen?« Gurney ignorierte Hardwicks stichelnden Ton.

    »Mann, ich dachte, das weißt du auch. Wenn du sogar schon die verdammte Marke kennst …«
    Gurney wartete genervt wie auf das Öffnen eines langsamen Computerprogramms, bis sich Hardwick endlich zu einer Antwort bereitfand.
    »Sieht aus, als hätte er sie vom Tatort mitgenommen und sie hier auf dem Weg zum Wald fallen lassen. Warum hat er das getan? Ausgezeichnete Frage. Vielleicht hat er gar nicht gemerkt, dass er sie noch in der Hand hatte. Ich meine, immerhin hatte er sie dem Opfer gerade ein Dutzend Mal in den Hals gerammt. Das könnte ihn

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