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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Brown
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habe letzte Woche noch mal detailliertere Unterlagen für die beiden Colleges bekommen. Es ist zwar ein bisschen spät, um mit all den Formalitäten anzufangen, aber es sollte schon klappen. Tja, ein paar Punkte in deiner Schülerakte wirst du wohl näher erklären müssen, aber   … immerhin hat es kein Verfahren gegeben   … also, du weißt schon, was ich meine.«
    Ich nickte. Natürlich wusste ich, was sie meinte. Ob das Ganze in meiner Schülerakte auftauchte oder nicht, war allerdings komplett egal, denn ich konnte mir niemanden im ganzen Land vorstellen, der nicht von mir gehört hatte. Ich stand sozusagen in freundschaftlicher Verbindung mit aller Welt. Oder vielleicht eher in feindschaftlicher.
    »Ich hab’s mir anders überlegt«, sagte ich.
    »Oh. Du willst auf ein anderes College? Auch kein Problem. Bei deinen Noten   …«
    »Nein. Ich meine, ich geh gar nicht. Aufs College.«
    Mrs Tate beugte sich vor und geriet dabei wieder mit der Hand an die schmuddelige Essenstüte. Sie runzelte die Stirn. »Du willst nicht aufs College?«
    »Genau.«
    Leise sagte sie: »Hör mal, Valerie. Ich weiß, dass du dir Vorwürfe machst wegen dem, was passiert ist. Und dass du glaubst, du wärst wie er. Aber das bist du nicht.«
    Ich richtete mich auf und versuchte, ein möglichst selbstsicheres Lächeln hinzukriegen. Diese Art Gespräch wollte ich heute wirklich nicht führen. »Mrs Tate, das müssen Sie mir nicht sagen«, erklärte ich und berührte wie zur Unterstützung die Tasche meiner Jeans, in der das Foto von mir und Nick am Blue Lake steckte. »Mit mir ist alles okay, echt.«
    Mrs Tate hob die Hand und blickte mir direkt in die Augen. »Ich hab manchmal mehr Zeit mit Nick verbracht als mit meinem eigenen Sohn«, sagte sie. »Er war so verzweifelt auf der Suche. Und immer war er wütend. Er gehörte zu denen, die sich harttun mit dem Leben. Der Hass hat ihn aufgefressen, ihn beherrscht.«
    Nein
, wollte ich ihr entgegenschleudern.
Nein, das stimmt nicht. Nick war ein guter Mensch. Ich weiß das.
    Auf einmal überkam mich die Erinnerung an einen Abend, an dem Nick unerwartet bei mir zu Hause aufgekreuzt war – genau in dem Moment, als sich Mom und Dad bereit machten für ihre allabendliche Streitorgie. Sie lag schon in der Luft: Mom knallte die Teller in den Geschirrspüler und giftete dabei vor sich hin, Dad tigerte zwischen Wohnzimmer und Küche hin und her und bedachte Mom mit bösen Blicken. Die Spannung stieg und stieg und ich wurde auf einmal wahnsinnig müde, wie so oft in letzter Zeit. Ich wünschte mir, ich könnte mich einfach in mein Bett verkriechen und morgen woanders aufwachen, in einem anderen Haus, einem anderen Leben. Frankie hatte sich schon in sein Zimmer zurückgezogen und ich fragte mich, ob er wohl genauso müde war wie ich.
    Ich war gerade auf dem Weg die Treppe hoch in mein Zimmer, als es an der Tür klingelte. Durchs Fenster neben der Haustür erkannte ich Nick, der von einem Fuß auf den andern trat.
    »Ich geh schon!«, brüllte ich meinen Eltern zu und rannte die Treppe wieder runter, aber da der Schlagabtausch inzwischen in vollem Gang war, hörten sie mich sowieso nicht.
    »Hey«, sagte ich und machte einen Schritt nach draußen. »Was gibt’s?«
    »Hallo«, antwortete er und hielt mir eine CD hin. »Ich hab dir was mitgebracht. Hab ich heute für dich gebrannt. Lauter Songs, bei denen ich an dich denken muss.«
    »Das ist so süß von dir«, sagte ich und drehte die CDum. Auf der Rückseite hatte er Titel und Interpreten aufgelistet. »Ich freu mich total.«
    Ich hörte, wie hinter mir Dads Stimme näher kam. »Weißt du was, Jenny, vielleicht komm ich demnächst wirklich
gar nicht
mehr nach Hause, das ist eine gute Idee«, knurrte er. Nick sah zur Tür und wirkte auf einmal verlegen. Aber noch etwas anderes lag in seinem Blick. Mitgefühl vielleicht? Angst? Oder genau die Art von Überdruss, die ich auch spürte?
    »Willst du hier weg?«, fragte er und schob die Hände in die Hosentaschen. »Hört sich nicht besonders toll an da drin. Wir könnten doch irgendwas zusammen machen.«
    Ich nickte und schob die Haustür hinter mir nur so weit auf, dass ich die CD auf den Flurtisch legen konnte. Nick streckte mir die Arme entgegen, nahm meine Hand und führte mich zu dem freien Gelände hinter unserem Haus. Wir suchten eine Stelle, wo wir uns mit dem Rücken ins Gras sinken lassen konnten, schauten die Sterne an und redeten   … über irgendwas, über alles.
    »Weißt du, warum

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