Die Hazienda des Gluecks
vermieten, und die nächste Bahnstation ist jenseits der Hügel."
Er deutete auf die rauchblauen und ehrfurchtgebietenden Hügelkuppen, die in der Ferne aufragten wie felsige Wächter seines Königreiches.
"Du hast eine kleine Zerstreuung verdient", sagte er mit der Andeutung eines Lächelns.
"Ich habe eine Idee! Es gibt einen Strand ganz in der Nähe der Stadt, und ich finde, wir sollten nachher zusammen schwimmen gehen. Wie würde dir das gefallen?"
Bei dem bloßen Gedanken an kühles, blaues Wasser, das ihre Glieder erfrischend umspülte, leuchteten ihre Augen auf wie die eines Kindes, das kaum an eine kleine Freundlichkeit glauben kann, nachdem es ungerecht behandelt worden ist. "Ist das dein Ernst?" Sie schaute ungläubig zu ihm auf. Sein kurzes Auflachen antwortete ihr.
"Musst du mich so ansehen, als habe ich dir gerade Urlaub auf Ehrenwort von einer Gefängnisstrafe gegeben?" fragte er. "Natürlich ist es mein Ernst. Du hast doch eine n Badeanzug, oder?"
"Ich glaube schon." Sie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, was sie an jenem letzten Tag in Stonehill hastig in ihren Koffer geworfen hatte. Die Sachen, die er ihr gekauft hatte, sah sie kaum an. Sie zerrte nur gleichgültig ein Kleid vom Bügel oder griff sich irgendein Wäschestück aus den Zedernholzregalen. Es war ihr unwichtig, wie sie aussah.
Oben in ihrem Zimmer holte Colette den Koffer aus dem Schrank, den sie seit jenem Abend nicht mehr angerührt hatte, als Don Diablo ihr befohlen hatte, die Garderobe zu tragen, die er ihr gekauft hatte.
Sie entdeckte ihren Badeanzug ganz unten im Koffer und zog ihn hervor. Es war ein einteiliges Modell in flammendem Dunkelrot. Marcus hatte nichts von Bikinis gehalten. Sie beleidigten seine Vorliebe für viktorianische Anmut und Züchtigkeit.
Don Diablo würde einen Bikini wahrscheinlich auch mit äußerster Missbilligung betrachten, überlegte Colette. Sie wünschte, sie besäße eines dieser spärlichen Kleidungsstücke, die tief auf den Hüften saßen und die Brüste mit einem Minimum an Stoff bedeckten. Was für ein Schock es für ihn wäre, wenn er sie so knapp bekleidet vor den Augen anderer Männer herumspazieren sähe. Für seinen spanischen Stolz war es unerträglich sich vorzustellen, dass er eine Frau nicht ganz allein für sich besaß.
Wie dem auch sei, sie hatte die Gelegenheit zu einem Ausflug in die Stadt, und sie musste das Beste daraus machen. Wenn sie sich jetzt nicht beeilte, würde er es sieh vielleicht anders überlegen und ohne sie abfahren. Sie eilte ins Badezimmer und ergriff eines der flauschigen Handtücher. Vor der Tür zu seinem Schlafzimmer blieb sie einen Moment lang zögernd stehen.
Sie war schon ein paarmal drin gewesen. Er hatte sie auf seinen Armen zu der riesigen Couch getragen. Vom Fenster aus sah man genau in die steile Schlucht hinunter. Einmal war das Mondlicht durch die großen Fenster hineingefallen, und noch nie war Colette eine Szene so traumhaft und unwirklich vorgekommen.
Die Couch war mit einem braunschwarzen Fell bedeckt, und sie erschauerte, als sie daran dachte, wie dieser Pelz sich auf ihrer bloßen Haut angefühlt hatte.
Rasch wandte sie ihren Blick der Kommode zu, in der er seine Sachen aufbewahrte. Sie zog die unterste Schublade auf und stöberte darin herum, bis sie seine schwarze Badehose fand. Außerdem entdeckte sie noch etwas, das sie überraschte. Es war die Fotografie einer Frau in einem Silberrahmen. Ihr Haar war rabenschwarz, und sie trug ein Seidenkleid in dem leuchtenden Rot der Geranien. In den schmalen Händen mit den langen Fingern hielt sie einen Fächer, und auf ihren Lippen lag ein warmes Lächeln. Sie lehnte an einer der Säulen des Patios, und an jedem ihrer Gesichtszüge war zu erkennen, dass spanisches Blut in ihren Adern floss.
Colette stand ganz still. Schweigend betrachtete sie die südländische Schönheit der Frau.
Don Diablo bewahrte ihr Bild zwischen seinen Kleidern auf. Wer war sie? Warum hielt er die Erinnerung an sie so in Ehren? Colette hatte nie zuvor ein Souvenir gefunden, das an eine Frau aus seiner Verga ngenheit erinnerte. Die stolze Spanierin auf dem Bild musste also eine besondere Rolle in seinem Leben haben.
"Was hat die Senora denn so Interessantes gefunden?"
Colette fuhr zusammen. Die alte Carmen stand im Türrahmen. Die klugen Augen bemerkten augenblicklich das Bild, das Colette in der Hand hielt.
"Der Senor wollte, dass ich ihm seine Badehose hole ..." Zu dumm, sie kam sich vor wie ein
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