Die Hazienda des Gluecks
Stimmengewirr der Menschen, die ihre Einkäufe erledigten oder schwatzend in der Sonne beieinanderstanden. Colette kam es so vor, als seien auf einmal alle Augen auf sie gerichtet, weil sie so blond war und von all den anderen schwarzhaarigen Frauen abstach, von denen einige ihre Einkaufskörbe wie Indianerinnen auf dem Kopf balancierten. Mit ihrer blassen Haut fühlte sie sich irgendwie blutleer, wenn sie diese üppigen, kupferbraun getönten Frauen ansah, die Don Diablo aus glänzenden dunklen Augen auffordernd ansahen.
Warum hatte er bloß keine der Töchter seines eigenen Landes geheiratet? Diese Frage ging ihr nicht aus dem Kopf. Konnte er seine einzige Liebe nicht vergessen und fand keine Mexikanerin, die sich mit ihr vergleichen konnte? War er deshalb nach Europa gefahren und hatte ein Mädchen geheiratet, das ihn niemals an funkelnde schwarze Augen und dunkel glänzendes Haar erinnern konnte?
Don Diablo blieb mit ihr in der langen Passage stehen, wo die Läden mit bunten, exotisch anmutenden Schaufensterauslagen lockten: farbenprächtige Kleider, Gewürze, tropische Früchte und Haushaltsgegenstände - hier gab es alles, was das Herz begehrt.
"Du wirst Geld brauchen", sagte er und nahm ein ansehnliches Bündel Banknoten aus seiner Brieftasche. "Kaufe dir, was immer du magst, und vergiss nicht, dir einen Sonnenhut zu besorgen. Ich werde vermutlich zwei Stunden beschäftigt sein, aber sei bitte um ein Uhr am Wagen. Dann gehen wir ins Cafe Valentino zum Essen, und nachher fahren wir an den Strand."
"Wie Ihr wünscht, Herr und Gebieter", antwortete sie keck. Sie sah auf die Geldscheine, die er ihr gegeben hatte, und stellte fest, dass er außerordentlich großzügig gewesen war. Aber doch wiederum nicht großzügig genug, dass sie jemanden bestechen konnte, mit ihr zur nächsten Bahnstation zu fahren.
Er hob ihr Gesicht zu sich empor. "Versuch nicht durchzubrennen, chica. Mein Arm reicht weit, und ich halte mit eisernem Griff fest, was mir gehört. Du bist mein, und du tust gut daran, dir das immer vor Augen zu halten. Du gehörst mir ganz und gar: von deinem goldenen Haar bis zu deinen schmalen Fesseln, dein Fleisch und deine Kochen, deine Launenhaftigkeit und dein Zittern. Du bist meine Frau, querida, die Senora Ezreldo Ruy, die sich würdevoll benimmt und genauso reizend zu sein scheint wie ihr Aussehen. Die Leute hier kennen mich, und sie wissen, wer du bist, du wirst also nicht belästigt werden, wenn du es nicht selbst herausforderst. Das solltest du lieber nicht tun, sei gewarnt. Hast du mich verstanden? "
"Jedes Wort. Ich soll ein braves kleines Mädchen sein und mich mit eitlem Tand beschäftigen, während mein Herr und Meister seinen wichtigen Geschäften nachgeht."
Sie sahen sich stumm in die Augen. Ihr trotziger Blick begegnete dem seinen, in dem Ärger aufflackerte. Auf einmal glitt jedoch ein amüsiertes Lächeln über sein Gesicht.
"Adios." Er drückte seine Lippen auf ihre Hand. "Vergiss nicht - um ein Uhr am Wagen."
"Ich werde pünktlich sein", versprach sie und sah ihm nach, als er sich mit geschmeidigen, weitausholenden Schritten von ihr entfernte. Colette seufzte und wandte sich dann den Geschäften mit ihrem Gewirr und den vielfältigen Aromen zu.
Sie begeisterte sich für Seidenblusen in prachtvollen Mustern, die sie in England nie zu tragen gewagt hätte. Sie kaufte zwei davon und entdeckte dann einen Stand, an dem Strohhüte ausgestellt waren. Zu ihrem Entzücken gab es unter den Modellen auch einen breitkrempigen Sombrero, an dessen Seite ein Paar eigenartig geformter Früchte befestigt war. Sie erstand den Hut. Das Komische dabei war nur, dass sie nicht den Mut hatte, das sonderbare Gebilde aufzusetzen. In der Passage war es schattig, und so trug sie den Sombrero in der Hand. Die Andeutung eines Lächelns spielte um ihre Mundwinkel. Manchmal war es eine Herausforderung, die Frau Don Diablos zu sein. Ihre privaten Auseinandersetzungen mochten alles andere als würdevoll sein, aber sie wusste, dass er sehr stolz auf seine Stellung war und vor anderen Leuten gern ein herrschaftliches Verhalten an den Tag legte. Dieser Hut war verrückt und gewagt; er passte nicht recht zu dem Bild, dass man sich wahrscheinlich von der reichen und vornehmen Senora Ezreldo Ruy machte.
5. KAPITEL
Ungefähr eine Stunde war vergangen, in der Colette ziellos umherschlenderte und staunend die fremdartigen Waren betrachtete, als ihr Blick plötzlich auf einen Juwelierladen fiel. Nachdenklich stand sie
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