Die Hazienda des Gluecks
da, und ihre Finger fassten beinah wie von selbst nach der Brosche an ihrer Schulter. Es könnte doch bestimmt nichts schaden, wenn sie vollkommen beiläufig das Geschäft betrat und den Wert der Libelle schätzen ließ. Dann wüsste sie genau, was sie dafür bekommen konnte. Sie fasste sich ein Herz und ging hinein.
Während der letzten Stunden war sie nur Menschen mit der braunen Haut und dem dunklen Haar der Mexikaner begegnet, und so war sie äußerst überrascht, als ein junger Mann mit grauen Augen und blondem Haar auf sie zukam und sie fragte, womit er ihr behilflich sein könne.
"Sind Sie Amerikanerin?" fragte er mit dem typischen Akzent der Staaten.
"Sind Sie Engländer?" tönte es gleichzeitig aus ihrem Munde.
Dann lachten beide.
"Oh, Sie sind Engländerin", sagte er. "Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel. Diese Stimme, diese Haut ... Englisch wie eine Tasse Tee!"
"Ich bin nicht sicher, ob ich das als Kompliment auffassen soll", lächelte sie. "Ich brauche Ihnen wohl nicht zu erzählen, dass Sie unverkennbar amerikanisch sind. Die Aussprache, der Schwung ... so amerikanisch wie eine Tasse Kaffee!"
Wieder lachten sie auf wie zwei Menschen, die sich nach dem Klang einer englischen Stimme und dem Anblick einer hellen Haut gesehnt hatten.
"Das ist seit langer Zeit die hübscheste Überraschung, die mir begegnet ist." Der Blick des jungen Mannes glitt langsam über ihre schlanke Figur in dem sonnengelben Kleid, das ihre Linien sanft betonte. "Ich habe mir niemals träumen lassen, dass eines Tages ein schönes Mädchen aus England hier zur Tür hereinspazieren würde. Sind Sie ein Wunder, oder sind Sie aus Fleisch und Blut?"
Bei seinen Worten hatte Colette das Gefühl, dass er die Hand nach ihr ausstrecken und sie berühren würde. Wenn er das versuchte, würde sie rasch einen Schritt zurücktreten. Sie mochte nicht daran denken, wie Don Diablo wohl reagieren würde, wenn er zufällig den Laden betrat und die Hand eines anderen Mannes auf ihrem Arm sah.
"Ich glaube, ich bin ziemlich lebendig", sagte sie. "Und ich habe nie damit gerechnet, einen Yankee hinter dem Ladentisch eines mexikanischen Geschäfts anzutreffen."
"Man kann seinen Lebensunterhalt damit verdienen", erklärte er. "Ich bin eigentlich recht unabsichtlich da hineingetreten ... ich war als Taucher bei einer Ölgesellschaft beschäftigt, und eines Tages tauchte ich ein wenig zu tief."
"Ihr Unfall muss grässlich für Sie gewesen sein."
"Ich war bewusstlos - erst hinterher wurde es grässlich." Einen Augenblick lang verdüsterte sich sein Gesicht, doch dann gewann wieder ein strahlendes Lächeln die Oberhand.
"Und was tun Sie in Mexiko, diesem Land des roten Weines und der goldenen Götzenbilder? Verbringen Sie hier Ihren Urlaub?"
"Ich lebe hier", antwortete sie, und das Lächeln schwand aus ihrem Gesicht. "Allerdings wohne ich ziemlich weit weg von hier. Heute morgen bin ich mit dem Auto in die Stadt gekommen, um einen kleinen Einkaufsbummel zu machen und essen zu gehen."
"Sind Sie allein?" Seine grauen Augen leuchteten auf, als sie davon sprach, dass sie essen gehen wollte, als ob er augenblicklich daran dachte, sie in ein Restaurant einzuladen.
"Leider nicht." Colette spürte ein leises Bedauern, weil sie nicht mit diesem attraktiven Amerikaner zusammen essen konnte. "Ich bin mit meinem Mann hierhergekommen. Er hat eine geschäftliche Verabredung, und so habe ich ein paar Stunden Zeit, um durch die Geschäfte zu wandern."
"Sie sehen sehr jung aus für eine verheiratete Frau. Ich dachte, nur in Mexiko wäre es gang und gäbe, dass die Männer ihre Bräute direkt von der Schulbank zum Altar führten."
"Ich bin erst seit einigen Wochen verheiratet."
"Erst Wochen?" Er hob erstaunt die Augenbrauen. "Und Ihr Mann erlaubt Ihnen, so ganz allein auf einem mexikanischen Marktplatz spazieren zu gehen? Das würde ich nicht wagen.
Man weiß doch, wie heißblütig diese Mexikaner sind. Ich hätte Angst, jemand würde mit einer solchen Schönheit wie Ihnen davonlaufen."
"Niema nd würde es wagen, mich zu belästigen. Dazu ist mein Mann zu bekannt."
"Ich verstehe. Ihr Mann ist wahrscheinlich ein allseits geachteter britischer Diplomat?"
"Nein." Colette spürte instinktiv, dass sie dem Amerikaner jetzt einen ziemlichen Schock versetzen würde. "Ich bin mit einem Mexikaner verheiratet, einem der mächtigsten Landbesitzer in dieser Gegend. Ich nehme nicht an, dass Sie ihm persönlich begegnet sind, aber Sie haben vermutlich schon von ihm
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