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Die Hebamme von Venedig

Die Hebamme von Venedig

Titel: Die Hebamme von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberta Rich
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Münzen und gab sie der Schwester, wobei er den Blick abwandte, als könnte er es nicht ertragen, die Geldstücke in ihren Besitz übergehen zu sehen. »Ich hoffe, ich werde es nicht bereuen, Schwester. Wenn er stirbt, ist das verlorenes Geld.«
    Schwester Assunta steckte die Münzen in die Tasche ihrer Tracht. »Auf Wiedersehen, Isaak. Ich wünsche dir Glück. Wenn Joseph dich schlecht behandelt, und das wird er, komm zurück ins Kloster, und wir sprechen über die Rettung deiner Seele.« Sie wandte sich in Richtung Hafen, drehte den Kopf noch einmal und sagte zu Joseph: »Behandle ihn gut. Auch ein Ungläubiger ist eine Kreatur Gottes.«
    Sie wollte schon gehen, doch da schien ihr noch etwas einzufallen. Sie nahm Isaak beim Arm und zog ihn ein Stück beiseite. »Eines noch, Isaak«, sagte sie, »der Mann für die Lösegelder hier auf der Insel heißt Hector. Er ist ein großer Kerl mit einem Kopf, der einem Pferd bestens stehen würde. Du findest ihn meist bei den Kaianlagen oder auch bei den Zellen unter dem Palast des Großmeisters. Er trägt Kniebundhosen, die ihm viel zu kurz sind.«
    »Ist er der Mann, der mein Lösegeld eintreibt?«
    Schwester Assunta kniff ihn so fest in den Unterarm, dass er zusammenzuckte. »Wenn du vorher nicht verhungerst.«
    Hector. Ein treffender Name. Ein starker Name. Isaak war bereit, ein Dutzend Briefe zu schreiben und ganze Berge von Pergamentblättern mit Worten zu füllen. Wenn es ihm nur gelingen wollte, ein paar Wochen am Leben zu bleiben und Hectors Hilfe zu erhalten, war seine Rettung gesichert.
    Er ging hinüber zu Joseph und Giorgio und klopfte Joseph auf den Rücken. Isaak verschwendete keine Zeit. »Kommt, Joseph, fangen wir gleich an. Ihr müsst mir alles über Eure Angebetete erzählen.« Isaak schüttelte sich innerlich. »Gemeinsam werden wir den schnellsten Weg zu ihrem Herzen finden.«
    »Ich warne dich, Isaak. Wenn es dir nicht gelingt, sie für mich zu gewinnen, dann … siehst du die Galeere da drüben?« Joseph deutete zum Hafen hinüber, wo ein schnittiges Schiff von etwa vierzig Ellen Länge an seinen Leinen zerrte. »Dann ist das dein Schicksal«, sagte er und stieß Isaak einen Finger in die Brust.
    Isaak nickte. Ein mulmiges Gefühl machte sich in seinem Magen breit, das nichts damit zu tun hatte, dass er seit dem Stück Apfel in der Klosterküche nichts gegessen hatte.
    »Wähle deine Worte gut, mein Freund. Wenn es dir nicht gelingt, Gertrudis für mich zu gewinnen, sticht die Galeere mit dir in See, und zwar an ein Ruder gekettet.« Joseph warf ihm eine Orange zu.
    »Und wenn es mir gelingt, werdet Ihr mir dann meine Freiheit schenken?«
    Joseph wirkte einen Moment lang nachdenklich – so nachdenklich, wie jemand seinesgleichen wirken konnte. »Das wäre nur gerecht«, sagte er und fasste die Zügel, dann setzten er und Giorgio ihren Weg fort.
    Isaak verstand es, Worte aus der Luft zu pflücken, wie ein Zauberer Eier aus Kinderohren zog. Aber würden seine Worte genügen, um das Herz der schönen Gertrudis für diesen Einfaltspinsel zu entflammen?
    Er schälte die Orange – die Schale machte seine Hände ganz glitschig –, brach die Frucht auf und schob sich ein Stück in den Mund. Das Fleisch schmeckte so bitter, dass es kaum genießbar war.

Kapitel 8

    H annah schob den Vorhang der Felze zurück und sah hinaus in den grauen Nebel über dem Rio del Ghetto. Sie hängte sich die Tasche über die Schulter und überlegte, was sie wegen der fehlenden Geburtslöffel unternehmen sollte. Sie wollte nicht noch einmal zum Palazzo zurückkehren. Sollte Giovanna sie genommen haben, würde der Conte, der so verständnisvoll und gut zu ihr gewesen war, Giovanna dazu zwingen, sie zurückzugeben, wenn er sie mit dem Amulett schickte. So einfach würde die Sache sein, sagte sie sich, und versuchte nicht an andere Möglichkeiten zu denken.
    Der Gondoliere fuhr an den Anleger direkt vor dem Ghetto, schlang eine Leine um den Poller und half ihr an Land.
    Hannah ging zum Tor des Ghettos, wich dabei sorgsam allem Abfall und dem Inhalt der Nachttöpfe aus, der aus den Fenstern auf die Fondamenta geschüttet worden war, und glaubte plötzlich die Stimme zu vernehmen, die anzuhören ihr verboten worden war, ja, an die sie nicht mal mehr denken durfte, nachdem der Rabbi sie für nicht mehr existent erklärt hatte: die Stimme Jessicas. Sie war sicher, es war ihre jüngere Schwester, die da ein Madrigal sang, melodiös wie eine Laute in der seichten Luft des frühen Tages.

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