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Die Hebamme von Venedig

Die Hebamme von Venedig

Titel: Die Hebamme von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberta Rich
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Feige entzwei. »Iss«, sagte er und hielt ihr die Frucht hin. »Die gibt dir Kraft.«
    »Du musst dir keine Sorgen mehr um mich machen«, sagte die Contessa. »Ich bin so gut wie wiederhergestellt.«
    Aber Hannah konnte genau wie der Conte sehen, dass Lucias Hände zitterten. Blau traten die Adern im hellen Kerzenlicht auf ihnen hervor und hoben sich vom Gelb ihres Kleides ab.
    Der Conte steckte sich eine ganze Feige in den Mund. »Wir haben Glück, dass uns Hannah so kurz, bevor sie nach Malta aufbricht, besuchen konnte.«
    Jacopo schürzte die Lippen. »Und was bieten wir unserem verehrten jüdischen Gast bitte schön an? Das ist eine schwierige Frage, da Christen für gewöhnlich nicht mit Juden essen und Bedienstete nicht mit dem Adel.«
    Die Contessa warf dem Conte einen Blick zu, der besagte: Entgegne deinem Bruder etwas. Ermahne ihn.
    Bemerkungen wie die Jacopos waren oft aus dem Mund von Christen zu hören. Sich über die Juden zu mokieren, hatte Tradition in Venedig. Jedes Jahr zur Osterzeit wurden einige jüdische Männer, die Oberen des Ghettos, gezwungen, nackt durch die Stadt zu rennen, und die Weidenruten der johlenden Menge verpassten ihnen rote Hinterbacken. Hannah wünschte sich weg aus diesem noblen Palazzo, wohin auch immer, nur weg von diesen harten, spiegelnden Flächen, die aussahen, als könnten sie jeden Moment zerspringen.
    »Es gibt Pfau«, antwortete der Conte seinem Bruder und fügte nach einer kurzen Pause noch hinzu: »Jacopo, das reicht jetzt.«
    Hannah fühlte sich beruhigt. Der Conte hatte sie verteidigt.
    »Wir sind dankbar für ihre Anwesenheit an unserem Tisch, Hannah«, sagte der Conte, »und jetzt wollen wir unser gemeinsames Essen genießen, einen ganz herrlichen Luxus: einen saftigen Vogel, den unser Koch durch eine köstliche Sahnesoße mit Granatapfelkernen unwiderstehlich gemacht hat.«
    Lucia lachte. »Einen herrlichen Luxus? Du hasst das schrille Schreien dieser Vögel. Einmal hast du gesagt, sie wären wie schöne Kurtisanen mit Fischweiberstimmen.«
    Der Conte wirkte leicht verlegen. »Ja, das stimmt. Neulich erst ist ein selten dummer Hahn in meine Orangerie eingedrungen und hat sich auf meine Obstbäume gesetzt und die jungen Äste abgebrochen. Da hat es mich gefreut, einen seiner Art an den Füßen in der Vorratskammer hängen zu sehen.«
    Zwei Diener kamen herein und trugen eine enorm große Platte mit einem gebratenen Pfau auf, dessen geschmorte Zunge von einem Stern aus Pastete umgeben war. Es folgten weitere Diener mit weiteren Platten, und bald schon füllten Fegato alla Veneziana – Kalbsleber mit Zwiebeln –, Kalbshirn, Rinderherzen und Trüffeln von der Laguneninsel Burano den Tisch. Es gab auch Fischgerichte: Bisato su l’ara, gebratenen Aal mit Lorbeerblättern, Seppie al nero, Tintenfisch in der eigenen Tinte, und dazu winzige Artischocken.
    Der Conte nickte einem der Diener zu, den Pfau anzuschneiden.
    Hannah hätte sich keine widerlichere Tafel vorstellen können: Fleisch von Tieren, die nicht den Regeln gemäß geschlachtet worden waren, Gemüse, das in Töpfen gegart worden war, in denen auch schon Fleisch und Milch gekocht wurden, Rind mit glänzender Buttersoße. Sie spürte, wie sich ihr Magen hob.
    »Etwas Brust wird das Beste sein, Hannah. Die ist am zartesten«, sagte Niccolò und bedeutete dem Diener, ihr eine Scheibe auf den Teller zu legen.
    Hannah konnte diesen Mann nicht brüskieren. Sie tat so, als schnitte sie etwas von dem Fleisch ab, nahm sich von den Artischocken und dazu etwas Brot. Wobei sie nicht die Einzige war, die in ihrem Essen herumstocherte. Die Contessa zu ihrer Rechten schnitt ihr Fleisch in immer kleinere Stücke, bis keines von ihnen größer als eine der Perlen um ihren Hals war.
    Lucia brach das Schweigen, das sich über den Tisch gesenkt hatte. »Vorgestern Nacht im Bett, als du Matteo gehalten hast, kam mir eine Idee.«
    »Ja, mein Liebes?«, fragte der Conte und ließ sich eine Portion Bisato su l’ara auf den Teller geben.
    »Um Gott zu danken, dass Er mein Leben und das Leben deines Sohnes gerettet hat, möchte ich, dass wir ein Triptychon der Muttergottes mit ihrem Kind in Auftrag geben und es der Kirche San Samuele als Altarbild stiften.«
    »Wir machen es oft ähnlich«, sagte Hannah, erleichtert, etwas zur Unterhaltung beitragen zu können. »Um Gott zu danken, spenden wir einer der wohltätigen Gesellschaften im Ghetto etwas. Manchmal besticken die Frauen auch eine Altardecke für eine der Synagogen.« Sie

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