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Die Hebamme

Die Hebamme

Titel: Die Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cantz Kerstin
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Geräusch. Nur so ein schwaches Gurgeln und Schmatzen. Sie kitzelte es ein bisschen an der Nase, da schaute es, und sie lachte.
    Es musste sie wohl dazu gebracht haben, einfach zu tun, wonach ihr der Sinn stand. Sie trug es durch die Stallungen, vorbei an lärmenden jungen Schweinen, an Hühnern und staunendem Fleckvieh. Es machte Dorit Spaß, dass sie guckten, es machte sie neugierig darauf, was geschehen würde, wenn sie die Halle betrat.
    Dort saßen inzwischen die Männer. Ihr Vater führte das Wort, sie konnte das schon von weitem hören, auch, dass es verschwimmende Laute waren, die er von sich gab, wie immer, wenn Branntwein im Spiel war. Sie wusste genau, wie sein Atem jetzt roch, aber das würde sie nicht stören, denn er war dann meistens recht lustig.
    Sie bedachte nicht, dass es anders sein könnte, wenn der Schulze am Tisch saß, zusammen mit Nachbarn, einigen Dörflern und dem Großknecht. Mit so viel Aufmerksamkeit hatte sie nicht gerechnet – dass Männer so still sein konnten, war Dorit vollkommen neu. Nicht, dass nun alles sehr gut zu sehen gewesen wäre – es war nicht eben hell. Die Halle schluckte das Licht der wenigen Laternen, von denen eine auf dem Tisch zwischen den Schlachtschüsseln stand. Sie wackelte, als der Vater aufstand.
    Er musste sich festhalten, während er sich wegdrehte, um hinten im Dunkel den Weg zu ergründen, den seine Tochter genommen hatte. Die Blicke der anderen folgten dem seinen nach oben, dahin, von wo jetzt ein lang gezogener Ton die Stille durchschnitt. Ein Klagen, wie man es kannte, wenn ein Weib ein Kind gebar.
    »Wo kommst du her«, sagte Albin. Seine Stimme klang irgendwie gefährlich.
    »Von den Ziegen«, antwortete Dorit. »Es lag bei den Ziegen.«
    »Bleib stehen«, sagte der Vater und spuckte ein wenig beim Sprechen. Jedenfalls fand sie, es war schlauer, jetzt gar nicht auf ihn zu hören. Erst bewegte sie sich rückwärts und langsam, dann drehte sie sich um, rannte und jagte die Treppe hinauf. Der Vater fluchte. Der Krach ließ befürchten, dass er gestürzt war.
    Atemlos erreichte Dorit die Kammer, und als sie Tür aufstieß, maunzte es in ihren Armen. Die Mutter hielt sich an einem verdrehten Tuch fest, das vom Dachbalken kam. Sie hatte Schmerzen, das konnte man sehen.
    »Was ist das?«
    »Ein Findling«, sagte Dorit und drückte es an sich. »Ich hab es gefunden.« Die Mutter sah ganz wild aus auf einmal, es war ihr unheimlich.
    Besser, sie hielt sich an die Hebamme, die am Boden kniete und mit dem Gebärstuhl beschäftigt war. Gesa, die überrascht zu ihr hochschaute und dann zur offenen Tür. Es schien auch ihr ein bisschen Angst zu machen, wie der Vater in seinen derben Stiefeln von der Treppe her kam, denn sie war sehr flink auf den Füßen.
    »Schnell«, sagte Gesa »auf die andere Seite des Bettes.«
    Hastig schob sie das Mädchen an Jula vorbei, bevor diese das verhindern konnte.
    »Wo ist das Balg?«
    Wankend füllte Albin den Türrahmen. Ein schwerer Mann mit schwerer Zunge, dem das weite Leinenhemd aus dem Wams sprang und über der Kniehose hing. Noch musste Gesa ihn von nichts abhalten, denn ein Blick auf seine Frau ließ ihn zurückweichen.
    »Ist es deins?«, fauchte Jula. Sie hangelte sich an dem Laken hinauf, als gelte es einen tiefen Schacht zu verlassen. »Ist es einer von deinen Bastarden?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Weißt du es?«, keuchte Jula. »Sieglind ist weg seit gestern, sagen die Mädchen. Manchmal sagen sie mir ja doch was, wenn ich sie frag. Ist es von ihr? Kinder findet man nicht einfach auf dem Mist.«
    »Ach«, Albin holte zu einer wegwerfenden Geste aus, die ihn fast umriss. »Manche eben doch.«
    »Und meine einzige Tochter rettet sein Leben. Was für ein schlechter Scherz!« Julas Stimme wurde dünn, unterbrochen von Atemstößen. »Ich bringe auch ein Kind von dir zur Welt, Albin. Und am liebsten will ich, du tötest das andere«, sie holte Luft, »noch bevor meins sterben muss.«
    Jetzt brüllte sie.
    »Töte es! Vor meinen Augen. Ich will es sehen.«
    Eine Wehe zwang sie in die Knie, machte sie stumm, ließ sie am Laken hinabgleiten. Hinter dem Bett war ein Schluchzen zu hören. Albin wankte nicht mehr. Er hob seine großen, schwieligen Hände und starrte Jula an.
    Als Gesa ihn berührte, fuhr er zusammen, verwirrt und beschämt. Er wollte gehen, doch Gesa hielt ihn zurück.
    »Ich wüsste etwas anderes für deine Hände zu tun. Die Geburt wird jetzt sehr schnell vorangehen. Es bleibt keine Zeit, den Stuhl

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