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Die Hebamme

Die Hebamme

Titel: Die Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cantz Kerstin
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weil Sie Hebamme sind, dürfte Ihnen bekannt sein, in welchem Ruf die Juniperus sabina steht. Wie ich schon sagte, die Mittel auf dieser Liste einer Wehemutter, tja, darüber kann ein erfahrener Pharmazeut schon stolpern. Ob dem guten Bertram Fessler das nie ins Auge gefallen ist? Aber Sie sollen sich ja recht gut mit ihm gestanden haben.«
    Stockmann wich zurück, als er sah, wie blass die Frau vor ihm geworden war.
    »Was auch immer Sie erreichen wollten mit Ihrer Belehrung, Herr Provisor, ich will Ihnen sagen, wozu es geführt hat: Diese Apotheke wird mich nie wieder sehen.« Elgins Stimme zitterte vor Wut, und von hinten eilte Caroline Fessler heran. »Und dabei tut es mir unendlich Leid festzustellen, dass die Arbeit eines so klugen und aufrichtigen Mannes wie Bertram Fessler von einem dummen Menschen niedergemacht wird. Ich bete zu Gott, dass er es nicht von irgendwoher mit ansehen muss. Es würde ihm das Herz brechen.«
    »Bitte gehen Sie nicht!«
    Alle starrten nach oben zur Galerie, wo Lambert am Geländer stand.
    »Die neue Verordnung des Collegium medicum, die nun tatsächlich noch sehr neu ist, enthält einen Passus, der Ihnen entgangen sein muss, verehrter Herr Stockmann. Er besagt, dass die von Ihnen genannten Mittel vom Apotheker sehr wohl an Personen abgegeben werden dürfen, die ihm gut bekannt sind. Möglicherweise ist Ihnen dies nur deshalb nicht in den Sinn gekommen, weil Sie nicht die geringste Kenntnis davon haben, wie sehr die Familie Fessler der Hebamme Gottschalk verbunden ist.«
    Noch immer standen sie regungslos da, die Köpfe in den Nacken gelegt, auch die junge Frau, deren Eintreten niemand bemerkt hatte, und Caroline Fessler sagte stolz: »Mein Sohn hat vollkommen Recht.«
    Während sich Lambert vom Geländer zurückzog und Elgin sich fragte, wie lange er dort schon gestanden haben mochte, fuhr Caroline Fessler fort: »Zudem genießt die Gottschalkin in der Stadt einen hervorragenden Ruf, man holt sie in die besten Häuser. Aber wie sollen Sie das wissen, Herr Stockmann, nicht wahr, da Sie ja nun mal unverheiratet und daher kinderlos sind.« Sie kostete jeden Satz aus, und das Zucken im madenweißen Gesicht des Provisors befriedigte sie zutiefst.
    Erst als Caroline sich der Hebamme zuwandte, fiel ihr die junge Frau auf, die sich schüchtern neben der Eingangstür hielt und den Blick nicht von der Gottschalkin ließ.
    »Entschuldigen Sie, Gottschalkin, mein Sohn ist ja nun glücklicherweise im rechten Moment dazugekommen. Er wird darauf achten, dass Sie alle Mittel erhalten, so wie es immer in dieser Apotheke der Fall war. Gott sei Dank macht er bald seine Prüfung, und alles ist wieder beim Alten.« Ohne auf eine Antwort zu warten, richtete sie sich an die junge Frau.
    »Und wie kann ich Ihnen helfen, mein Kind? Sofern Sie nur etwas aus dem Handverkauf brauchen, kann ich es schnell vom Lehrjungen holen lassen. Sonst müssen Sie warten.«
    »Man schickt mich vom Gebärhaus«, sagte Gesa. »Herr Professor Kilian hat mir eine Liste mitgegeben.«
    »Sie sind vom Gebärhaus?«
    »Ja, ich bin Schülerin dort.«
    Wieder heftete sich ihr Blick auf die Gottschalkin, die sich in diesem Moment zu ihr umwandte.
    »Ach, das ist wahrhaftig interessant«, sagte Caroline Fessler. »Gefällt es Ihnen dort?« Und als Gesa schwieg, senkte sie die Stimme etwas: »Ich versteh schon, mein Kind, es müssen sich grauenvolle Dinge abspielen in diesem Haus. Vermutlich sind Sie nicht zu beneiden. Wenn Sie mir Ihre Liste geben wollen, dann können Sie mit mir nach hinten kommen und sich ein wenig setzen. Eine Tasse Haysan-Tee, wie wir ihn in unserer Familie zum Frühstück zu trinken pflegen, wird Ihnen gut tun. Und wenn Sie wollen, erleichtern Sie Ihr beschwertes Gemüt ein wenig – kommen Sie nur.«
    Je mehr die Frau auf sie einsprach, desto unbehaglicher fühlte sich Gesa. Die unverhohlene Neugier verwirrte sie, und der Ausdruck in den klaren Zügen der anderen Frau bestärkte sie in dem Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte.
    »Hat der Professor Sie denn ausdrücklich zu dieser Apotheke geschickt?«, fragte die andere Frau mit ihrer schönen, tiefen Stimme. »Es gibt da nämlich noch …«
    Caroline Fesslers Kopf flog herum.
    »Gottschalkin, ich muss Sie bitten, sich da …«
    »Diese Apotheke hat noch nie ein einziges Institut beliefert«, bemerkte der Provisor steif und fuhr mit seinen Eintragungen in das Kontobuch fort.
    »Das wird sich schon bald ändern«, schnappte Caroline, »aber das werden Sie nicht

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