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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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gefügig macht, nehmen. Er wird genauso altern wie Rubina, deren Schönheit und Anmut einst niemand widerstehen konnte.              
    Elisabeths Blick fiel auf die zerriebenen Frühlingsblüten. In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass es kein Traum gewesen war, in dem Rubina ihre Jugend zurückerhalten hatte.
    „Sie ist eine Hexe“, murmelte die Fürstin.
    „Wer? Die Winterkönigin?“, fragte Victor, der ihre Worte vernommen hatte.
    „Die auch“, antwortete Elisabeth, „lass dir von ihr keine Flausen in den Kopf setzen, Victor. Sie weiß die Männer mit ihrer Schönheit und Liebenswürdigkeit zu bezirzen. Nimm dich in Acht vor ihrer Verführungskunst. Ich sage es ungern, ist sie doch die Tochter meiner Schwester und noch dazu eine geborene Stuart. Also eine Prinzessin von königlichem Geblüt.“
    „Keine Bange“, lachte der Jüngling unbefangen, „mit ihren vierundzwanzig Jahren ist sie viel zu alt. Für mich kommt nur eine Jungfrau infrage, die wesentlich jünger ist als ich.“
    Einem Schlag ins Gesicht gleich, prasselten die Sätze auf die Herzogin ein.
    „Entschuldigt mich. Mir ist unwohl“, brachte sie mühsam hervor, bevor sie den Salon Hals über Kopf verließ, um sich im Freien zu übergeben. Christian und Victor schauten ihr schweigend nach.
    Es dauerte nicht lange, bis die Familie eintraf.
    Bald erfüllten Musik und Tanz die hehren Hallen. Töchter, Schwiegersöhne und Enkel waren gekommen, im elterlichen Schloss die Nacht zu verbringen, wollten sie doch der schmählich vertriebenen Cousine Trost und Schutz gewähren. Der Kaiser und seine Katholische Liga bedachten sie mit dem Spottnamen „Winterkönigin“, weil sie mit ihrem Gemahl, dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, im fernen Böhmen nur einen Winter lang die Königswürde hatte halten können,
    Victor verabschiedete sich, mochte wohl die Feier im engsten Familienkreis nicht stören. Elisabeth hatte die Kutschen vorfahren hören, war jedoch nicht imstande gewesen, hinunter in den Ballsaal zu gehen, um die ju nge Schar zu begrüßen. Lediglich vom Fenster ihres Schlafgemaches aus hatte sie in Gedanken jedes einzelne Gesicht ihrer Lieben geküsst.
    Als sie nun Victor erblickte, der mit federnden und gleichzeitig jugendstarken Schritten über das Kopfsteinpflaster des Burghofs eilte und sich geschmeidig auf seinen Schimmel Asputin schwang, während das helle Licht des Vollmonds seine Gestalt in einen Mantel aus Sternengold hüllte, Gesicht und das schulterlange Blondhaar mit flirrendem Himmelslicht umkränzte, floh sie vom Fenster, warf sich auf die Knie, faltete die Hände und flehte: Herr, hilf mir, dem Liebeswahn zu diesem Halbgott zu entkommen. Wie kann ich die mich zerstörende Sehnsucht aus meinem Herzen reißen? Rette mich. Gib mir ein Zeichen.“
     
     
    4
     
    Sie fragte nicht mehr nach irgendwelchen Zeichen, die kranke Hebamme Rubina. Es waren ihrer viele. Gerade noch rechtzeitig hatte sie dem Kürassier und engen Vertrauten des Grafen Alois von Grimmshagen zu Osten entkommen können, den sie im Spiegel des Nebenraums gewahrte, als sie bei ihrer Freundin und Beschützerin Elisabeth von Braunschweig Wolfenbüttel weilte. Seit Wochen spionierte er ihr nach. Eberhard von Greifsburg wollte sie zur Strecke bringen. Und dazu war ihm jedes Mittel recht. 
    Ende des vergangenen Jahres war sein Weib im Kindbett gestorben. Der Kürassier sah in Rubina die Schuldige an ihrem Tod. Er nannte sie in aller Öffentlichkeit Mörderin, ja, sogar Hexe. Immer mehr Bürger Wolfenbüttels schlugen sich auf seine Seite, bezichtigten die Hebamme, ihre Frauen und Kinder bei Geburten getötet zu haben. Selbst drei Ehemänner und zahlreiche Liebhaber, deren sie überdrüssig geworden war, sollte sie angeblich im Laufe der Jahre ins Jenseits befördert haben.
    Nun, da sie außer Reichweite des Schlosses war und der Wald, in dem sich ihr Spitzgiebelhaus befand, in Sicht kam, hielt sie inne, schnaufte wie eine mit der Peitsche vorangetriebene Stute und presste die Hände gegen den von Seitenstechen geplagten Leib. Die Sonne stand tief, sodass ihre Frühlingsstrahlen das Gesicht der Alten in einen warmen Schein tauchten. Noch immer konnte man Spuren einstiger Schönheit darin erkennen.
    Misstrauisch schaute Rubina sich um, fing die hasserfüllten Blicke der Vorbeigehenden auf, gleich Felsbrocken, die ihre Seele trafen, hörte Tuscheln geschwätziger Marktweiber hinter ihrem Rücken, das verstummte, sobald sie sich ihnen

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