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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Fuß dem Trupp entgegen.
    „Hier bin ich, nach dem ihr verlangt“, rief er und hielt die blitzende Armprothese in die Luft.   
    Im Nu umringen ihn seine Soldaten. „Heil, Christian!“, tönte es wie aus einem Munde. Selbst der Mansfelder, vom Freudengeheul angelockt, verließ das Zechgelage, wankte mehr schlecht als recht auf den Schlachtenpartner zu und umarmte ihn wie einen alten, bitter vermissten Freund. „Wo hast du gesteckt, alter Geheimniskrämer ?“, fragte er scherzhaft. „Weißt du nicht, dass wir dich brauchen, wie die Luft zum Atmen? Ohne deinen Kampfgeist sind wir verloren.“ Die Augen des Veteranen wurden nass.
    Bisher hatte Christian nie bemerkt, wie sehr seine Truppen, und speziell der Mansfelder, ihn liebten und verehrten. Ihn durchströmte ein warmes, freudiges Gefühl. Richard Sander sprang auf ihn zu, warf sich auf die Erde, küsste ihm die Füße. „Mein Herr und Gebieter. Ihr seid zurück. Ich danke dem Vater im Himmel dafür. Und Euer Silberarm ist tausendmal schöner, als sämtliche gesunden Arme der Krieger.“     
    Christian fühlte sich geschmeichelt, wohl wissend, dass er nie wieder der Alte sein konnte, mochte die Prothese auch noch so funkeln und glitzern. Dennoch rief er in die Runde:
    „Der Sieg ist unser, Männer!“
    „Der Sieg ist unser!“ brüllten die Soldaten, „der tolle Christian ist unschlagbar!“ Wahre Freudentänze führten seine Kameraden auf, hatten sie doch endlich wieder ihre Lichtgestalt, zu der sie aufschauen konnten und in deren Befehlsgewalt sie bedenkenlos ihr eigenes Schicksal legten. Er würde schon alles richten, so, wie er es immer getan hatte.
    Verliebt und voll Verlangen warfen ihm die Marketenderinnen glühende Blicke zu. Und die lieblichsten Mädchen aus dem Tross eilten herbei, sobald sie die freudige Nachricht vernommen hatten. Aus ihren Augen funkelten Bewunderung und heißes Verlangen nach ihm, dem Helden, dem Kriegsgott, der sie aus dem Verderben führen würde. Eindeutig stellten sie ihre Reize zur Schau. Eine wollte die andere an Sinneslust überbieten. Sie drängelten und schubsten sich gegenseitig, um ihm näher zu sein.
    Aber Christian hatt e keine Augen für die ihn anhimmelnden Verehrerinnen. Zielstrebig bahnte er sich seinen Weg durch das Meer der an ihm klebenden Jungfern. Isabella, die am äußersten Rande stand und den Kopf züchtig gesenkt hielt, war es, die ihn magisch anzog.
    „Kleine Tänzerin“, flüsterte er ihr ins Ohr, „wie hast du mir gefehlt.“ Sie lächelte, bot ihm die Wange zum Wiedersehenskuss. „Auch du hast mir gefehlt, Christian, ohne dich war es im Lager kaum auszuhalten. Jeder wollte von mir wissen, wo du weilst.“
    „Ich hatte den Eindruck, dass du dich auch ohne Victor, Alwin und mich amüsierst. Dein Tanz zeugte davon.“
    „Nein, da irrst du. Die Tänze spiegelten meine Sehnsucht wider. Sie sind Zeichen der Verlassenheit, der Verzweiflung. Du kennst meine anderen Tänze. Die wilden, die berauschenden, die von Ekstase entfesselten und auch die romantischen, die wehmütigen, die der Trauer und die der Liebe. Ich beherrsche sie alle, sind sie doch Ausdruck meines jeweiligen Gemütszustandes. Solange ich lebe, werde ich tanzen. Erst wenn der Tod ihnen ein Ende bereitet, höre ich auf, meine Gefühle in Tänzen zu offenbaren. Aber wer weiß, ob meine Seele nicht noch dem schwarzen Fährmann in seiner Gondel das Lied der Freiheit vortanzen wird.“
    Oh ja, Christian kannte sie alle, ihre Tänze. Auch die sündigen, von denen sie nichts erwähnt hatte. Er sah sich wieder als unerfahrenen Jüngling an der Hütte des Abdeckers vorbeireiten, in einer Gegend, wo kein anständiger Bürger etwas zu suchen hatte. Er, der Fürstensohn, hingegen wartete stundenlang, versteckt hinter Tannen und Fichten, bis Isabella endlich einmal die Kate verließ.
    Wie hatte er sich glücklich gewähnt, wenn ihr satansrotes Haar mit dem Wind spielte, sie die kindlichen Hüften tänzelnd bewegte. Und wenn er einen Blick aus den geheimnisvollen Augen erhaschte, war die Seligkeit vollkommen gewesen.
    Wie damals, als der Duft der knapp Dreizehnjährigen zu ihm herüberwehte, durch strömte auch jetzt ein Schauer seinen Körper, jagten Wirbelstürme das Blut in seinen Adern zur Raserei, presste verlangendes Sehnen das Herz zusammen, ließ es vor Verliebtheit erbeben.
    Er rief seine Gedanken zur Vernunft. Die Zeiten sind vorbei. Es ist lange her, dachte er. Die sechzehnjährige Frau seines besten Freundes, Mutter von

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