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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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rostige Nacht.
    „Was ist los mit ihm? Warum greift er uns in solch übler Art und Weise an, meine Teuerste? Und wer mag die Dirne sein, von der er faselte?“, fragte Friedrich V. konsterniert.
    Elisabeth zuckte die Achseln. „Er verwindet vermutlich den Verlust seines linken Armes nicht, schlägt deshalb wahllos um sich. Verzei hen wir ihm seine Ausfälle. Hab Mitleid mit einem Verlierer, wie auch ich ihn bemitleide.“
    „Wie grundgütig und einfühlsam du bist, Holde. Also werde ich ebenfalls diesen erbärmlichen Vorfall vergessen.“
    Er zog si e an sich, wollte sie küssen. Elisabeth aber wich ihm aus, schaute dem Davoneilenden hinterher. In ihrem Auge glitzerte eine Träne, als sie aus der Ferne noch immer seine verzweifelten Schreie vernahm. „Gebt mir meinen Arm zurück, Winterkönigin! Gebt mir meinen Arm!“
     
          
    39
     
    Ruhelos harrte Isabella des Eintreffens von Christian und dem Mansfelder. Als sie Letzteren ohne den Halberstädter des Weges kommen sah, schwante ihr nichts Gutes.
    „Wo habt Ihr den Fürsten von Braunschweig-Wolfenbüttel gelassen?“, fragte sie verstört.
    „Verloren“, stammelte der Angesprochene mit schwerer Zunge, hatte er doch den alkoholträchtigen Getränken am holländischen Königshof reichlich zugesprochen. Die Nachtkühle verstärkte seinen Rausch, sodass er sich kaum auf den Füßen halten konnte.
    „Verloren. Welch dümmliche Antwort. Geht es vielleicht etwas genauer?“
    „Was wollt Ihr hören? Er suchte gleich nach unserer Ankunft den Park auf und ward nicht mehr gesehen. Mehr weiß ich nicht. Vollkommen auf mich allein gestellt, musste ich die Verhandlungen mit der Majestät und seinen Beratern  führen. Mit Erfolg, wie Ihr seht. Heute gehen unsere Soldaten nicht hungrig auf ihre Schlafstätten.“ Er zeigte auf die Schwadron, kistenweise Proviant in Kutschen mit sich führend, um sie vor dem Eingang zum Lager abzuladen.
    „Wo ist Christian?“ Isabella hatte ihre Stimme erhoben und jede einzelne Silbe in die Länge gezogen.
    „Woher soll ich das wissen? Er hat sich bei mir nicht abgemeldet. Ihr wart es, die, einer Löwin gleich, für die Verpflegung der hungernden Truppen kämpfte. Interessiert es Euch nicht, wie der Besuch beim König verlaufen ist?“
    „Nein. Nicht , wenn keiner ahnt, was dem Herzog passiert ist. Ohne Grund lässt er uns nicht im Stich. Lasst die Soldaten sich satt essen und danach aufbrechen, ihren Führer zu suchen.“
    „Aber sie bedürfen der Nachtruhe. Die meisten von ihnen sind noch nicht von der Ruhr genesen. Gönnt den Kranken die Erholung.“
    „Erst, wenn wir Bescheid wissen, was Christian veranlasst hat, fahnenflüchtig zu werden.“
    Der Mansfelder lachte laut und dröhnend. „Das will ich nicht gehört haben. Selbst wenn ich Euch zugute halte, dass die Sorge um den Halberstädter solche Sätze in einem Weiberhirn hervorrufen kann, verbitte ich mir trotzdem, ihn als fahnenflüchtig hinzustellen. Der Kampf gegen die Katholiken hält ihn am Leben. Also überlegt Euch die Worte, bevor sie ungefiltert über die Lippen sprudeln.“
    Isabella sah ein, einen Schritt zu weit gegangen zu sein und bat um Entschuldigung. Ernst von Mansfeld war nicht nachtragend, versuchte sie zu beruhigen. „Morgen früh werden wir die Umgebung absuchen, falls er bis dahin nicht von selbst wieder aufgetaucht ist. Einverstanden?“
    Sie nickte und zog sich in ihre Schlafkoje zurück, hörte das zufriedene Schmatzen der Soldaten, die über jene vom Mansfelder beschafften Lebensmittel herfielen, Jammern und Lamentieren der Seuchenkranken, Lachen und Singen der Marketenderinnen. Keinen kümmert Christians Verschwinden, dachte sie und verspürte ein sonderbares Ziehen in der Herzgegend.
    Wurde ihr bewusst, dass sie von jeher mehr als Freundschaft für den Jüngling empfand, der sie stundenlang bei ihren Tänzen vorm Haus der Zieheltern beobachtet hatte, während sie stets energisch gegen die bittersüßen Gefühle angekämpft hatte, die sie beim Anblick des kühnen Reiters mit dem feuerroten, wallenden Umhang und den traurigen Augen zu überwältigen drohten?
    Sie wälzte sich hin. Sie wälzte sich her. An Schlaf war nicht zu denken. Isabella starrte zur Decke, lauschte. Das Schmatzen der Männer war verstummt. Grunzten sie jetzt etwa? Ja, sie grunzen, fuhr es ihr durch den Sinn, der sich im Reich zwischen Wachen und Träumen eingenistet hatte. Das Grunzen wurde lauter. Dazu trappelnde Geräusche. Schweinefüße. Viele Schweinefüße müssen

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