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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Brief zum König, in dem er ihn aufforderte, für die Verpflegung der stationierten Soldaten aufzukommen, da er sie herbeordert hatte. Widerwillig wurde seinem Ansinnen nachgekommen. Zwar reichten die Lebensmittel gerade zum Überleben, aber immerhin. Weihnachten konnten alle gesättigt zu Bett gehen, nachdem Christian eine berauschende Predigt über die Güte Gottes gehalten hatte und anschließend gemeinsam fromme Lieder gesungen worden waren.
    Anfang Januar 1623 stabilisierte sich Isabellas Gesundheitszustand so weit, dass Christian den ersehnten Ausmarsch befahl. Das Heer marschierte über Osnabrück nach Rinteln. Unterwegs machten die Soldaten ihrem angestauten Zorn über die schlechte Behandlung seitens der Holländer Luft.
    Wa s konnte die Bevölkerung der durchquerten Ortschaften dafür? Nichts. Aber das war den Plünderern egal. Getreu dem Motto, dass sich jeder selbst der Nächste ist, raubten und zerstörten sie, was ihnen unter die Finger kam. Im Tross, der dreimal größer als die Soldateska war, wurden täglich Kinder geboren. Ihre Mütter und älteren Geschwister stahlen wie die Elstern, um satt zu werden und in warmer Winterkleidung dem beißenden Frost trotzen zu können. Skrupel gegenüber den um ihr Hab und Gut gebrachten Einheimischen hatten sie nicht. Und Christian drückte beide Augen zu. 
    In Rinteln angekommen, wurden als Erstes die Bewohner aus Wohnungen und Häusern vertrieben, sofern sie nicht wohlweislich vorher die Flucht ergriffen und bei Verwandten oder Freunden in den näheren Städten Zuflucht gefunden hatten. Die daheimgebliebenen Männer lauerten den Besatzern auf, wehrten sich mit Äxten und Eisenstangen, Frauen brachten sich aus Furcht vor Vergewaltigungen um, Kinder nahmen Reißaus in die umliegenden Wälder.
    Isabella durchfluteten Wogen des Mitleids, als sie beobachtete, wie roh Christians Soldaten auf die Bevölkerung einhieben, manch einen auf offener Straße totschlugen. Wutschnaubend stemmte sie sich den eigenen Leuten entgegen, glaubte allen Ernstes, ihr Anblick könnte die Unmenschen von dem grauenvollen Massaker abhalten. Weit gefehlt.
    Ein klapperdürrer Soldat mit unzähligen Narben im Gesicht und blau gefrorenen Händen warf ihr derart verächtliche Blicke zu, dass sie diese ihr Leben lang nicht mehr vergessen würde.
    „Scher dich nach Hause, Kräuterweib , zu Mann und Kindern. Was hast du überhaupt an der Front zu suchen?“     
    „Haltet ein mit dem barbarischen Treiben! Ihr nennt euch Christen und metzelt Unschuldige nieder. Das kann nicht im Sinne Gottes sein.“
    „Halt’s Maul, Gräfin. Wo die Katholiken durchmarschieren, geht es noch viel ärger zu. Krieg ist Krieg, kein Wohltätigkeitsbasar. Schreib dir das hinter die zarten Öhrchen.“ Er hob das Gewehr und legte auf sie an. Schreiend flüchtete Isabella, rannte durch die halbe Stadt, bis Sander ihr den Weg versperrte und sie in seine Arme nahm.   „Vergiss, was immer auch du eben gesehen hast, mein Mädchen. Ich begleite dich in unser Quartier. Dort kannst du dich von den Strapazen der letzten Monate erholen.“
    „Ich will mich nicht erholen, Onkel Richard.“                       
    „Sondern?“
    „Dass dieser schauderhafte Krieg endlich beendet wird.“
    „Die Erfüllung deines Wuns ches liegt leider nicht in unserer Macht.“ Sander trug die Widerstrebende in die für sie bereitstehende Unterkunft, platzierte sie auf einem weichen Federbett, deckte sie fürsorglich zu und verließ den Raum nicht eher, bis Isabellas gleichmäßige Atemzüge ihm signalisierten, dass sie eingeschlafen war.
    Unterdessen war Christian mit seinen Männern dabei, den Ort zu befestigen, was mehrere Tage in Anspruch nahm. Während jener Zeit sahen er und Isabella sich nur selten, und wenn, dann für wenige Minuten. Sie hoffte, dass ihr Onkel dem Heeresführer nichts von ihrem Nervenzusammenbruch erzählt hatte und bemühte sich, möglichst unbekümmert zu wirken. Das Haus verließ sie seit dem Zwischenfall nicht mehr, widmete sich der Herstellung von Medizin und dem Kochen herzhafter Mahlzeiten, die sie aus den Lebensmitteln zubereitete, die ihr Kinder des Trosses vorbeibrachten. Nie fragte sie nach der Herkunft des überquellenden Vorrats. Eins hatte sie gelernt: Kritiker wurden nach Hause geschickt. Und sie wollte auf keinen Fall von Christian getrennt werden.
    Richard Sanders Besorgnis wuchs beständig, je öfter er die beiden verliebte Blicke tauschen oder sich anscheinend zufällig im

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