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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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du auf die große Reise gehst“, wimmerte Isabella und versuchte ein Glänzen in ihre Pupillen zu zaubern. Es misslang kläglich. Einem Sturzbach gleich, strömte immer mehr des bitteren Augenwassers ihre Wangen entlang.
    „Werde … deine Tränen als Salzkristalle dem schwarzen Fährmann geben … Sind mein Wegegeld, damit er mich sicher … mit seinem Kahn … über den Fluss der Zwischenwelt geleitet … Lebewohl, mein Kind.“       
    „Mutter, Mutter, bleib bei mir“, winselte die Tochter und barg ihr Gesicht in Rubinas Schoß.
    „Genug Unsinn geschwafelt!“, bölkte Harras, zerrte Isabella an den Haaren hoch, schleuderte sie zur Seite. Sander wollte auf ihn zuspringen, aber Rubina krallte sich an seinem Hosenbein fest, flüsterte fast tonlos: „Hilf mir, Richard. Bitte. Mach es kurz …“      
    Er sah das zuckende Bündel Mensch zu seinen Füßen, fing dessen Blick. Und da schimmerten wie einstmals die A ugen. Wie der Sommer, so blau. So, wie Kornblumen schön. Wie die See, deren Wellen sich brechen.
    „Ade, du mein Mädchen. Möge Gott dir verzeihen.“ Er zog das Schwert aus der Scheide. Nur ein Hieb. Aus. Vorbei. Sein letzter Liebesdienst. Richard drehte sich um, starrte ins Nichts. Keiner sollte die nassen Pupillen entdecken, nicht den Frost, der an ihm hochkroch, in den Adern klirrte, seinen Atem lähmte und die Seele vereiste.     
     
     
    6
     
    Isabella stand unter Schock. Hitze und Kältewallungen wechselten sich ab. Ihre Mutter, mit der sie noch vor kurzem gestritten hatte, war tot. Gegangen für immer.
    Verzweiflung brach wie ein Gewitter des Herzens in ihrem Innersten aus. Sie wollte nur noch schreien, sich auf den Boden werfen und mit Armen und Beinen um sich strampeln. Denn ihre Seele schmerzte. Verdammt. Wie sehr sie schmerzte. Wollte dem Mädchen den Dienst versagen. Doch seltsamerweise funktionierte der Körper, wie Rubina es gewünscht hätte. Gib den Feinden nicht noch mehr Zündstoff, deiner Mutter Gräueltaten anzuhängen, hämmerte es in Isabellas Kopf.
    Auf Zehenspitzen schlich sie aus dem Zimmer. In der Küche gewahrte sie die Berge sudweißer Gebeine, aus denen das Kräuterweib von jeher Pulver zur Stärkung von Knochen, Nägeln und Gelenken zermahlen hatte. Oft war Isabella dabei gewesen, um der Alten über die Schulter zu schauen, ohne je auf den Gedanken gekommen zu sein, dass es sich um Ermordete handeln könnte. Gemeuchelt von der eigenen Mutter.
    Naiv, wie sie war, hatte die Tochter ihr geglaubt, wenn Rubina behauptete, die fleischlosen Kalkspender würden von Gehenkten und Menschen, die ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt hatten, stammen. Da sie nicht in geweihter Erde auf dem Friedhof begraben werden durften, wäre es keine Sünde, die Toten heimlich wieder auszugraben, um damit Gutes zu tun und anderer Leute Gebrechen zu heilen oder zumindest zu lindern.
    So recht verstanden hatte Isabella das nicht, und bei dem Gedanken daran, war es ihr als Kind immer eiskalt über den Rücken gelaufen. Aber sie konnte durchaus einsehen, dass Rubina die menschlichen Knochen schließlich benötigte. Und woher sonst hätte sie Selbige herbekommen sollen?
    Ebenso wenig Zweifel hatte sie an deren Worten gehegt, dass durch Alkohol konservierte Embryos, die, fein säuberlich in gläsernen Behältern aneinandergereiht, auf hölzernen Regalen ihr Dasein fristeten, Totgeburten gewesen seien, die ihr zur Entsorgung mitgegeben worden waren. Gekocht, zerstampft, und mit allerlei geheimnisvollen Wildkräutern versetzt, hatte sie die Salben in Töpfe und Tiegel gefüllt und für die verschiedensten Behandlungen bei Aussätzigen, Pestkranken, Pockenhäutigen und Juckreizgeplagten verwendet.
    Jetzt wusste Isab ella Bescheid und ihr gruselte. Dennoch bündelte sie die Knochen, schnappte die Behälter mit den Embryos und schaffte alles im Sauseschritt in den Keller, damit die Hexenjäger keine Beute machen konnten. Nach etlichem Treppab, Treppauf war das Hebammengut vor neugierigen Blicken geborgen.           
    Aus dem Verschlag hinter den aufgetürmten Holzscheiten dröhnte jämme rliches Geplärr. Isabella war eingeweiht, dass Rubina ihren geistig zurückgebliebenen Sohn Bernhard dort, mit Seilen gefesselt, auf seinem Strohlager gefangen hielt, ihn nur manchmal, unter Aufsicht, für ein paar Stunden im Garten an der frischen Luft spielen ließ.
    Ä lter als das Mädchen, mochte er wohl um die zwanzig Jahre sein. Das genaue Geburtsdatum war von der Mutter nie erwähnt

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