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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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raunte sie verschwörerisch und legte den Zeigefinger auf den Mund.
    „Wer weiß, was für eine Gestalt dir über den Weg lief. Ein germanischer Gott jedenfalls nicht, denn es gibt keinen. Basta.“
    „Gibt es wohl“, beharrte Isabella. „Ich habe Gott Balder gesehen. Und er war so schön, wie ein Mensch niemals sein könnte. Aber seine Schönheit allein war es nicht, die mich blendete, vielmehr die göttliche Aura, die von ihm ausging. Ich konnte sie deutlich spüren.“
    Richard packte das Mädchen, schüttelte es wie einen Welpen im Nacken und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
    „Ich müsste dich wegen dieser Quasselei bei der Obrigkeit anzeigen. Du weißt, dass ich es nicht tun werde, weil ich noch längst nicht über Rubinas Tod hinweg bin und in dir ihr Ebenbild sehe. Auch habe ich dich lieb wie eine eigene Tochter. Deshalb bewahre ich Stillschweigen.“
    Isabella stampfte mit dem Fuß auf. Ihre Augen blitzten.
    „Und weil du tief im Innersten dasselbe glaubst. Heil Herzog Widukinds Stamm!“
    Sie duckte sich, um einem weiteren Schlag von Richards mächtiger Tatze zu entgehen. Der strebte mit weit ausholenden Schritten zur Stiege, nahm immer zwei Stufen gleichzeitig, wendete sich beim Öffnen der Falltür noch einmal um und sagte, etwas milder gestimmt: „Glaub doch, was du willst. Das musst du allein mit deinem Gewissen ausmachen. Aber erwähne solche Torheiten niemals in Gegenwart anderer Christenmenschen. Versprichst du das, Isabella?“
    „Versprochen, Onkel Richard. Nimm’s mir nicht übel und komm bald wieder.“
    „Mal sehen“, brummte Richard Sander in seinen Bart und schloss die Falltür hinter sich.
    Mädchen, Mädchen, hoffentlich wird dir dein leichtfertiges Mundwerk nicht zum Verhängnis, sinnierte er.
     
     
    14
     
    Der Juniabend war kühl und sternenklar. Im Kirschbaum sang die Nachtigall dem Vollmond ihr Schlummerlied vor. Eine Sternschnuppe tanzte vom Himmel herab, der bereits das Grau der Dämmerung abgestreift und sein mitternachtsblaues Schlafgewand angezogen hatte.
    Christian kauerte gedankenverloren im Patio der Abtei Halberstadt, den Kopf auf die Knie gestützt, blickte dem verglühenden Licht hinterher.
    „Wenn man eine Sternschnuppe sieht, darf man sich etwas wünschen“, hatte seine Mutter ihm als Kind erzählt. Ihre Worte gingen ihm durch den Sinn. Er lächelte. Früher hatte er daran geglaubt und sich bei jedem Himmelsgestein, das herabfiel, gewünscht, ein bedeutender Kriegsheld zu werden.
    Bisher hatte er nur drei Kanonen, mehrere Waffenkammern voll Musketen und ein Heer von dreitausend Mann bereitgestellt bekommen. Zu wenig, um gegen die Truppen des Kaisers anzutreten, die mit Artillerie bestens ausgestattet waren.
    „Ich habe der Pfalzgräfin versprochen, ihr den böhmischen Königsthron zurückzuerobern. Stattdessen sitze ich in meinem Bistum fest, fernab jeglichen Gefechtes. Hätte ich doch beim Herniedersinken einer Sternschnuppe wirklich einen Wunsch frei. Ich würde meine Herzallerliebste herbeiholen und ihr die Umstände meines Nichthandelns erläutern“, redete er laut vor sich hin, wie er es meistens tat, wenn er sich allein wähnte.
    „Da bin ich, mein Ritter. Und äußerst gespannt auf deine Ausflüchte“, ertönte Elisabeths Stimme vom Birnbaum her. Im Schein des Vollmonds sah sie noch bezaubernder aus als sonst. Die Verführung in Person. Sie saß auf einem der Äste und wippte mit den langen Beinen unter dem bis zu den Füßen reichenden weißen Kleid anmutig vor und zurück.    
    „Hinweg mit dir!“, brüllte Christian. „Du bist nicht Elisabeth. Sie lebt bei ihrem Gemahl in Holland. Ein weiterer Dämon will sich meines Hirns bemächtigen. Als ob die drei verruchten Geister mich nicht genug marterten.“
    Er stöhnte. Sein Kopf raste vor Schmerzen. Ihm war, als wolle der Schädel sich spalten, das vor ihm schaukelnde Gespenst hineinlassen, und die klaffende Bruchstelle im Anschluss mit einer eisernen Klammer zusammenpressen, womöglich noch zu versiegeln, damit die weiße Frau ihn samt der bereits anwesenden Höllengeister aus dem Innersten heraus traktieren könnte.   
    „Weiche, du Ausgeburt der Finsternis!“
    „Aber, aber, mein liebster Christian. Warum solch gemeine Worte gegenüber der Frau, der du noch vor wenigen Monaten ewige Liebe schworst? Fass mich an. Ich bin aus Fleisch und Blut, genau wie du.“ Sie reichte ihm die Hand, die er ungläubig ergriff. Sie war weich und warm.
    Flammende Röte überzog Christians Haut. Er

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