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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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aufnahmefähig.      
    „Victor“, schmeichelte das Mädchen, „soll ich dir das wertvollste Vermächtnis meiner Mutter vorführen?“
    „Wieso vorführen? Du meinst wohl zeigen?“
    „Nein. Es wird vorgeführt, und du muss dich völlig darauf konzentrieren.“
    „Hmm, das hört sich interessant an. Dann mal los.“
    Isabella kramte aus ihrer Schmuckschatulle eine Silberkette mit einem länglichen blau glänzenden Anhänger hervor.
    „Das ist ein Pendel. Willigst du ein, seinen Bewegungen zu folgen?“
    „Warum nicht? Wird hoffentlich nicht allzu schwer sein.“
    „Überhaupt nicht. Wichtig ist nur, dass du einverstanden bist. Sonst kannst du an der Vorführung nicht teilnehmen.“
    „Mach ’s nicht so spannend. Natürlich bin ich einverstanden.“
    Isabella nahm die Kette in ihre rechte Hand, ließ sie über den Mittelfinger gleiten, den sie nicht bewegte. Der blaue Stein hielt nicht still, pendelte rhythmisch hin und her.
    „Nimm die Schwingungen in dich auf. Begleite sie, Victor“, sagte sie mit leiser, monotoner Stimme und sah, wie er ihren Anweisungen folgte. Seine ohnehin bereits halb geschlossenen Lider wurden schwerer und schwerer. Kaum vermochte er den Klang ihres melodischen Summens zu folgen.
    „Du bist müde, Victor, unendlich müde. Dein Kopf will ruhen. Lass ihn auf die Schulter fallen. Sehr schön. Entspanne dich. Alle Glieder entspannen sich. Dein Hirn und dein Herz sind leer.“
    Das Mädchen wartete ab, bis er völlig in Trance war. 
    Dann fuhr sie im selben Tonfall fort: „Victor, du liebst mich, Isabella, mit sämtlichen Fasern deines Herzens. Bist voll Verlangen nach mir, kannst nicht mehr ohne mich leben. Bei Tag und Nacht sehnst du dich nach meiner Gegenwart. Du hast kein Interesse an irgendeinem anderen Mädchen. Leidenschaft lodert in dir, die dich zerfrisst, wenn ich nicht die Deine werde. Du wirst erst glücklich sein, wenn du mich als deine Braut zum Traualtar führst. Ewig währt deine Treue. Niemand kann deine grenzenlose Liebe zu mir erschüttern, hast du verstanden?“
    Victors Kopf nickte schwerfällig.
    „Knie nieder.“
    Er wankte vom Stuhl auf den Boden, kniete vor Isabella.
    „ Sprich mir nach ‚Ich liebe dich heiß und innig. Willst du meine Frau werden, Isabella?’ Sag es sofort.“
    Es war mehr ein Lallen, das seinen Lippen entfleuchte, aber er wiederholte willenlos: „Ich liebe dich heiß und innig. Willst du meine Frau werden, Isabella?“
    „Ja, das will ich. Wir bleiben zusammen, bis der Tod uns scheidet, Victor. Nun klatsche ich in die Hände, und du wirst alles vergessen haben, was soeben geschehen ist, doch die Liebe zu mir kann nie mehr schwinden, gleich, was geschieht.“
    Sie packte das Pendel in die Kassette, schlug die Hände lautstark zusammen. Victor erwachte wie aus einem traumlosen Schlummer, rieb sich verdutzt die Augen, merkte, dass er auf Knien vor Isabella lag und entschuldigte sich: „Es muss der Wein gewesen sein, der mich umgehauen hat. Der leere Magen, nächtelang kein Schlaf haben das Ihre dazu beigetragen. Ich war kein guter Unterhalter.“
    „Macht nichts. Ich werde dir ein fürstliches Abendmahl zubereiten, wie du es von daheim gewohnt bist.“
    „Au ja. Für uns auch“, riefen Barbara und Bernhard, die genau in diesem Augenblick die Höhle betraten. Siedendheiß rauschte Isabellas Blut durch die Adern. Sie dankte Gott, dass beide nicht früher mit der Versorgung der Pferde fertig geworden waren und das Mädel überrascht hatten.
    Sie versprach nicht zu viel, tafelte Brot, Butter, Fleisch, Käse, Fisch und Früchte auf, dass der Tisch sich unter der Fülle an Speisen bog. Weinbecher kreisten ebenfalls in der Runde. Mit jedem Schluck wurde die Gesellschaft ausgelassener und vergnügter. Lediglich Victor entsagte dem Alkohol. Der Becher vorhin hatte ihm gereicht. Dafür sah er Isabella anders an, als noch vor wenigen Stunden. Er zappelte bereits an ihrer Angel. Sie registrierte seine schmachtenden Blicke mit Wohlwollen und freute sich, dass Rubina sie in fast all ihre Geheimnisse eingeweiht hatte.
    Victor schaute die Räderuhr auf der Kommode an und schnellte hoch.
    „Es ist Zeit, sich auf den Weg zu machen“, sagte er erschrocken. „Ich vergaß, dass ich heute mit Herzog Christian verabredet war. Morgen darf ich ihn nicht wieder enttäuschen, wenngleich ich mit leeren Händen vor ihn treten muss.“
    „Das brauchst du nicht. Dein Freund, der Fürst, wird dich für das Vermögen, das du für seinen Krieg mitbringst,

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