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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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einem unter Heidekraut verscharrten Eisenring zog, und sich die Erde, wie von Zauberhand, auftat, verschlug es ihm für Minuten die Sprache. Fassungslos musterte er die Stiege, die in Isabellas unterirdisches Reich führte.
    „Komm mit“, sagte sie und kletterte, ungeachtet seines Staunens, die Stufen hinab, um Winfried zu versorgen.
    „Egal“, entrang er seinen Stimmbändern die Worte, „ich folge dir. Und wenn du mich direkt in die Hölle beförderst.“
    Die prachtvolle Ausstattung des holzvertäfelten Raumes ließ ihn endgültig an seinem Verstand zweifeln.
    Ich träume, dachte er, na klar, ich träume. Er schaute Isabella tief in die Augen. „Gibt es dich tatsächlich, oder bist auch du nur ein Traumgespinst, das sich gleich verflüchtigt, wenn ich erwache?“
    „Ach, Victor, wie wenig du doch in deiner heilen Welt von der Wirklichkeit mitbekommst. Du lebst in einem Elfenbeinturm und weißt nichts vom Leben der einfachen Leute, ahnst nicht, dass sich in jedem Wald Räuberhöhlen befinden, wo Kostbarkeiten gebunkert werden.“
    „Befinde ich mich etwa in einer Räuberhöhle?“, fragte der Edelmann und strebte der rettenden Stiege zu.
    „Natürlich nicht. Diesen Raum hat meine Mutter in jungen Jahren von ihren Verehrern anlegen lassen, um ungestörte Schäferstündchen mit ihnen zu verbringen. Die meisten ihrer Liebhaber waren nämlich verheiratet, musst du wissen. Und Ehemänner werden ungern von ihren Gemahlinnen in eindeutigen Posen erwischt.“
    „Aha.“ Langsam ging Victor ein Licht auf und sein furchtsames Verhalten war ihm genierlic h. Gut, dass ich von keiner der mich anhimmelnden Jungfrauen in dieser Situation beobachtet werde, dachte er, und auch Isabella wird nun nicht länger Gott Balder in mir erkennen.
    Da irrte er gewaltig, wusste nicht, wie tief die Liebe zu ihm in des Mädchens Herz wurzelte. Sie war ebenso klug wie ihre Mutter und machte sich nicht vor, dass er in sie verliebt wäre. Ein kleines Abenteuer hat er sicher von mir erhofft, nichts weiter, ratterte es in ihrem Kopf, aber du entkommst mir nicht, Balder. Ich werde dir unausrottbare Liebe zu mir, der Zigeunermaid, einpflanzen. Warte ab, schöner Victor, warte ab.           
     
     
    17
     
    Christian tigerte mit Riesenschritten im Zimmer auf und ab. Er fühlte sich wie ein Raubtier im Käfig. Von allen Seiten gefordert und bedrängt, völlig auf sich allein gestellt. Seine Mutter setzte ihm zu, die Verfolgung von Rubinas Tochter umgehend einstellen zu lassen. Dem Volk ging es nicht zügig genug voran, die Hexe dingfest zu machen. Bruder Ulrich, der, wie er selbst, an die Unschuld Isabellas glaubte, wollte unbedingt den wahren Mörder auf einem Silbertablett serviert bekommen.
    Und dann war da noch die Winterkönigin, die ihn in ihren Briefen unaufhörlich bedrängte, endlich die Pfalz von den eindringenden Katholiken zu säubern, sich an die Seite des Mansfelders zu stellen. Schon bei dem Gedanken an den Burschen, der sein Mäntelchen nach dem Wind hä ngte, kam ihm die Galle hoch. Er kämpft nicht aus Überzeugung, dachte Christian, nur um des eigenen Vorteils willen.   
    Was ihn vollends in Rage brachte, war die Tatsache, dass Victor nicht zu der vereinbarten Verabredung am heutigen Tage erschienen war.
    „Dein bester Freund lässt dich im Stich“, amüsierten sich die Dämonen in seinem Kopf.
    „Schweigt! Er wird seine Gründe haben“, befahl er den Marterteufeln. „Sicher ist er in seiner Trauer um Schwester und Braut nicht imstande, den Termin einzuhalten, so wie er in den letzten Tagen bei keinem der von ihm aufgesuchten Adligen auch nur eine roten Heller eintreiben konnte“, grummelte er vor sich hin.
    Die anderen Verbündeten, Siegfried von Neulohe, Wilhelm von Schwanwerder und Ludwig von Ölshausen, hatten zwar auch keine fetten Fische an Land gezogen, aber ihre Väter griffen in die Taschen, um die Kriegskasse mit Dukaten aufzufüllen. Nur der alte Grimmshagen machte bis jetzt keine Taler locker.    
    „Er wird dafür büßen. All die Geizhälse werden büßen. Sie kennen den tollen Christian noch lange nicht. Das ändert sich bald.“
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, nahm er Feder, Tintenfass und Papier zur Hand, schrieb den Edelleuten, Gutsherren und Bauern, die seine Freunde höhnisch abgewiesen hatten, dass er ihnen in Kürze den roten Hahn aufs Dach setzen werde. Um seinen Drohungen den gebührenden Nachdruck zu verleihen, hielt er die Briefe über eine brennende Kerze, versengte

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