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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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geradewegs der Hölle entsprungen.“
    „Barbara, sie haben nur ihr Recht eingefordert, wenngleich auch mit rohem Gebaren. Meine Vettern sind rau und hart, aber nicht schlecht. Der Zorn auf mein unvernünftiges Handeln hat sie unleidlich gemacht. Ich trage die Gewissensqual, niemand sonst.“
    Nachdenklich sah das Mädchen Isabella an. „Und ich habe dir mit meinen vorlauten Äußerungen zusätzlichen Kummer bereitet. Es tut mir leid. Könnte ich doch so warmherzig wie du sein und immer die Schuld bei mir suchen.“
    „Sag das nie wieder. Alle Welt hat sich an dir versündigt. Und nun lebst du schon viele Monate unter der Erde. Irgendwann muss jeder seinem Herzen Luft machen, wenn er nicht an seinem Elend zugrunde gehen will. Du hast kein Unrecht begangen.“
    Beruhigt kroch die Kleine in jenes Loch, das ihr Zuhause geworden war. Isabella backte den Geburtstagskuchen auf der von Bernhard notdürftig zusammengezimmerten Kochstelle und grübelte über ihre desolate Lage nach. Was hatte sie bloß veranlasst, das Vermögen ihrer Mutter einfach zu verschenken?
    Manchmal habe ich ein Brett vorm Kopf, dachte sie, war mir in dem Augenblick nicht bewusst, dass ich die Verantwortung für Bernhard und Barbara trage. Jetzt werden wir am Bettelstab durch die Orte ziehen. Herr, hilf mir, sende mir eine Erleuchtung.
    Sie schaute in die Runde und sah sich von lieblichen Elfen und Feen umringt, die ihr freundlich zunickten, rieb sich die Augen ob ihres Tagtraumes. Was mag diese Illusion zu bedeuten haben, überlegte sie, als ein hässlicher, brauner Kobold sich auf ihre Füße setzte und ihr zuraunte: „Hier bin ich, schöne Isabella. Denk nach. Dann wird dir die Erkenntnis kommen, was zu tun ist.“
    Ehe das Mädchen nach der Bewandtnis seiner Worte fragen konnte, war der Heidespuk verschwunden. Sie schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn und rief in den Sommerabend hinein: „Danke, ihr Märchengestalten! Ich habe euch verstanden.“
    Weder Bernhard noch Barbara erzählte sie von dem wunderlichen Erlebnis, verbrachte den Geburtstag der Kleinen  mit Sport und Spiel, tollte über Wiesen und durch Wälder, gleich einem Glückspilz, der einen Ausweg aus der Armut gefunden hat. Bernhard und besonders Barbara dankten ihr für die gelungene Feier, denn auch der Kuchen hatte geschmeckt und Sommerkleid wie Unterwäsche passten der nun Dreizehnjährigen, als seien sie ihr auf den Leib geschneidert. Zufrieden fielen sie abends in den Schlaf.
    Isabella blieb wach, rieb Haare, Gesicht und Körper mit Walnusssaft ein, sodass sie dem braunen Kobold vom Vortag verblüffend ähnelte, schlich sich zum Sumpf, tauchte ihr buntes Flickenkleid so lange hinein, bis es die schlammige Farbe ihrer Haut angenommen hatte, und breitete es in der milden Nachtluft aus. Im Erdloch verstaute sie in Rubinas zerschlissener Kiepe Töpfe und Tiegel mit den aus unterschiedlichsten Kräutern gebrauten Salben und Säften.
    Bevor es tagte, streifte sie das getrocknete Kleid über, zurrte ihren Tragebehälter auf dem Rücken fest und trieb Schusters Rappen zur Eile an, denn der Weg bis Bramsfels war lang und beschwerlich. Zwar hatten die drei Freunde das Dorf seit Barbaras Flucht gemieden, wie die Kuh den Schlächter, doch heute wollte Isabella es wagen, dort aufzutauchen. Sie musste unbedingt austesten, ob sie von irgendjemand in ihrer Verkleidung erkannt würde. Und da schien Bramsfeld der geeignete Ort.
    Ihr Herz schlug bis zum Hals, als sie bei der Bäckersfrau an das Haustor klopfte. Wenn sie mich zuordnen kann, bin ich geliefert, schoss es ihr durch den Sinn.
    Das Weib öffnete, blickte Isabella voll Abscheu an und wollte ihr die Tür vor der Nase zuschlagen. Das Mädchen war flinker, hatte bereits den Fuß in der Diele.
    „Was willst du hier, dreckiges Taterlottchen? Betteln verboten. Wenn du nicht sofort verschwindest, rufe ich den Dorfschulzen. Der wird dir Beine machen.“
    Sie hat mich nicht erkannt. Feuerprobe bestanden, jubelte Isabellas Inneres. Laut prahlte sie: „Bin kein Taterlottchen, will auch nichts geschenkt. Doch wenn du einen Kranken im Hause hast, kann ich ihn gesunden lassen, denn ich gelte als berühmte Heilerin. Habe schon Fürsten und Könige von ihren Leiden befreit. Aber falls du meine Dienste nicht benötigst, gute Frau, werde ich meine wertvolle Zeit nicht vergeuden und dahin gehen, wo man mich braucht. Gehab dich wohl, Bäckerin.“
    „Warte. Wenn du meiner Tochter das Fieber nimmst, will ich dir gern ein paar Groschen geben.

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