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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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lernte, lernte.
    Sie dankte Gott, weil Rubina sie Lesen und Schreiben gelehrt, das diese wiederum am dänischen Königshof eingetrichtert bekommen hatte. All die an Wissenschaft grenzenden Abhandlungen der Mutter über den menschlichen Körper, seine Krankheiten und deren Behandlung wären sonst für immer verloren.
    Tagsüber wanderte Isabella von Ort zu Ort, war bald überall bestens bekannt und wurde sehnsüchtig erwartet. Bei allen von dem Mädel Behandelten stellte sich schon nach kurzer Zeit eine wesentliche Linderung der Übel ein, manche heilte sie vollständig.
    In ihrem Geldbeutel klimperten auf dem Heimweg die Groschen, unter denen sich auch ab und an ein blanker Taler befand.
    Bernhard und Barbara machten sich ebenfalls mit Walnusssaft und erdverkrusteter Kleidung unkenntlich und tätigten die notwendigen Besorgungen in den nicht allzu entfernten Ortschaften, nach Bramsfeld allerdings trauten sie sich nicht. Unterwegs hörten sie die Leute tuscheln über die Hexe mit den heilenden Händen, womit sie zweifellos Isabella meinten.
    Als Barbara ihr davon berichtete, lachte diese nur: „Sollen sie mich nennen, wie es ihnen beliebt. Solange sie mich brauchen, wird niemand Hexenjäger auf mich ansetzen lassen. Und die richtige Isabella, nach der Eberhard von Greifsburg und seine Mannen Ausschau halten, findet man in dieser Verkleidung nicht. Womöglich gibt es sie gar nicht mehr.“ 
     
     
    22
     
    Isabella fand eine Münze und betrachtete sie auf der Handfläche, schloss ihre Finger darum, dass es schmerzte, ließ sie in ihre Geldkatze am Gürtel zu den anderen Hellern und Groschen gleiten.
    Hart und geizig war das Mädchen geworden, seit sie sich ihr Brot sauer verdiente. Bernhard und Barbara mussten sich mit Haferbrei morgens, mittags und abends begnügen.
    Wochen hatte sie auf Victors Rückkehr gewartet, nichts von ihm gehört, keine Nachricht übermittelt bekommen. Sie glaubte nicht mehr an seine Liebe, fühlte si ch von ihm verraten. Manchmal irrten die Gedanken zu ihm und seinen Treueschwüren. Und wenn es geschah, verbarg sie ihre Träume in einer Basttasche mit Mottenlöchern und bunten Fransen, in der sie Haarlocken von ihm, einen seiner Ringe und den Rest eines angeknabberten Apfels, in den sich Abdrücke seiner Zähne eingegraben hatten, bei sich trug.
    Nachts jedoch, im Schlaf, rief die Zigeunerin den Namen:
    „Balder!“ Und am Morgen triefte ihr Kissen von Tränen.
    Die Tage betäubte Isabella mit Arbeit, die sich ständig mehrte. Es sprach sich herum, dass sie fast sämtlichen Krankheiten Einhalt gebieten konnte. Heidehexe nannten ihre Patienten sie fast liebevoll. Besonders die Rausch erzeugenden Produkte ihrer Kiepe wusste man zu schätzen. Nach deren Genuss verspürten die Kranken keinerlei Beschwerden in den knirschenden Gliedern, fühlten sich wie Zwanzigjährige und benahmen sich oft auch so.
    Anfang September sammelte Isabella Samen und Wurzeln der Stechäpfel, die in der richtigen Dosis nicht nur vorzüglich gegen Asthma halfen, sondern wundersame Halluzinationen bescherten.
    Es war spät, als sie den gefüllten Sack hinter sich herzog. Das Mädchen fröstelte, band sich seine Strickjacke um die Schultern. Kühler die Abende nun. Der Nachthimmel knisterte wie Taft. Es roch nach Altweibersommer und Herbstbeginn.
    Die Früchte des Birnbaums vor der Höhle lagen wie gelbe Mondscherben auf der Erde. Isabella bückte sich, um sie aufzuheben und in ihren Sack zu packen, setzte sich ins weiche Moos, wollte schauen, ob der Vollmond, trotz der verlorenen Scherben, noch rund und heil schien.
    Dem Reiter deuchte es, als würde der Himmelsgeselle mit seinem gläsernen Kamm aus Nacht und Wind Sterne in ihr Haar flechten. Er sah die Silhouette, sprang vom Schimmel, schlich sich heran und legte die Arme um ihren Leib. Erschrocken wandte sie den Kopf, und Victor erstarrte.
    „Wer bist du?“     
    Sie lachte ihr glockenhelles Lachen und versenkte den Blick ihres Augenblaus in den seinen. Erst da erkannte er sie und fragte: „Was ist passiert? Warum siehst du so zigeunerhaft aus?“
    „Vergiss nicht, dass ich wirklich eine Zigeunerin bin. Was also stört dich an meinem Anblick?“
    „Hör auf, mich zu verspotten. Sag mir, was du mit deinen Haaren und der Haut gemacht hast. Niemand kann in dir die zauberhafte Isabella vermuten.“
    „Deshalb habe ich mein Aussehen verändert. Keiner soll wissen, wer ich bin, wimmelt es doch von Hexenjägern, die nichts anderes im Sinn führen, als Isabella 

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