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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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sinnlichen Mund küsste, bevor sie sich ankleideten.
    „Das war die wundervollste Nacht meines Lebens“, flüsterte Rinaldo und knabberte an ihrem Ohrläppchen. Dann fielen sich beide erschöpft in die Arme.
    „Wir sehen uns bald wieder, mein schwarzer Zigeuner“, raunte Barbara und winkte ihm nach, als er auf sein Pfe rd sprang und davonsprengte.
    Wehmütig betrat sie die Erdhöhle, während träumerische Gedanken ihm nacheilten. Die tiefen Atemzüge der Schlafenden signalisierten ihr, dass niemand ihr Fortbleiben bemerkt hatte. Leise legte sie sich ans Fußende, schlummerte sofort ein.
    Am Morgen kam ihr das Abenteuer unwirklich vor. Sie stillte, wusch und wickelte Winfried, als sei nichts geschehen. Isabella packte ihre sorgsam beschrifteten Tiegel und Töpfchen in die Kiepe und Bernhard sprang durch den Raum wie ein grobschlächtiger brauner Kobold.
    Victor äußerte sich nicht, dachte nur bei sich, dass die drei dem Lagerkoller erlegen sein müssten, sich derart zu verunstalten. Was es heißt, in ständiger Furcht vor Entdeckung zu leben, war ihm nicht bekannt.  
    Nach dem Frühstück, das wie gewöhnlich aus Haferbrei bestand, verabschiedete er sich von den entstellten Gefährten, gab Isabella einen flüchtigen Kuss und rief ihr zu: „Wenn die Hochzeitsvorbereitungen erledigt sind, werde ich eine Kutsche schicken, die euch ins Schloss der Herzogin befördert. Bitte nehmt bis dahin wieder euer echtes Aussehen an, damit die Gäste nicht flüchten.“
    „Der hat klug reden“, wetterte Barbara. „Sollte lieber helfen, statt sich aus dem Staube zu machen. Isabella, ich kann nicht verstehen, dass du einen derartigen Narren an dem Schnösel gefressen hast. Schönheit ist schließlich nicht alles.“ Bernhard nickte zu ihren Worten.
    Isabella hingegen lachte laut und sagte: „Aber ohne Schönheit ist alles nichts. Nur kein Neid.“ Sie blieb nicht länger die griesgrämige Pfennigfuchserin, sang und tanzte mit der Kiepe über die Heide, wie jene Grillen vom Vorabend, die keinen blassen Schimmer von der Zukunft haben.
    Wenn sie des Morgens den Weg zu ihren Patienten aufnahm und sich allein auf weiter Flur wähnte, pfiff sie bisweilen Soldatenlieder, die keinesfalls jugendfrei klangen. Unbeschwerte Lebensfreude ergriff von ihr Besitz, und im Geist sah sie sich bereits im Brautkleid mit ihrem frisch angetrauten Ehemann den Hochzeitsreigen eröffnen.     
    Victor trieb die Sorge um den kranken Vater heimwärts, was er Isabella verschwiegen hatte. Eben noch von lichtem Sonnenschein begleitet, kam in den Wäldern vor Grimmshagen ein Sturm auf, der Jahrzehnte alte Buchen und Eichen wie spindeldürre Äste umknickte. Schneegestöber zu Anfang des Septembers hatte es, so viel er aus den Erzählungen der Alten wusste, noch nie gegeben. Jetzt fielen Flocken, groß wie Vogeleier, vom bleigrauen Himmel, bliesen ihn fast vom Pferd, das sich mühsam den Weg durch das Unwetter bahnte.
    Vorm Schloss lag kniehoher Schnee. Aus den Gassen strömten Menschen in Sommerkleidung auf ihn zu. Panik in den Gesichtern, heulten und schrien sie von einer Geißel Gottes, der die Erde wegen ihrer sündigen Bewohner zu vernichten gedenke. Mittenmang predigte ein Greis mit weißem Rauschebart, dass dies der Anfang der Apokalypse sei. Und das einfache Volk warf sich in den Schnee, flehte den Allmächtigen um Erbarmen an.
    Völlig durchnässt , übergab Victor Asputins Zügel einem Stallknecht, preschte die Treppe zum Eingang hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Im Torbogen harrte Alwin, als habe er auf seine Ankunft gewartet. Knochenbleich fiel er ihm in die Arme. Der Bruder brauchte nicht zu fragen, wusste auch so, wie es um den Grafen stand.
    Der saß mit halbgeschlossenen Augen in seinem Sessel vorm Fenster, schaute gelassen in das Schneetreiben.
    „Vater, wie geht es Euch?“, fragte Victor, um die Stille zu durchbrechen.
    „Wie es mir geht? Du meinst, wohin ich gehe. Ich gehe nun durch den Schnee, die blauen Perlen des Lebens zu suchen und Rubina wiederzugeben. Sie ist die rechtmäßige Eigentümerin. Mein Glück und das Glück eurer Mutter fußten auf ihrem Leid. Wollt ihr erfahren, warum es im September schneit? Ich habe Gott darum gebeten, Tag für Tag, Stunde für Stunde. Das Warten war Marter. Der Allmächtige erhörte mich. Ich brauche nicht bis zum Winter auszuharren. Bleibt immer auf dem Pfad der Tugend, meine Söhne. Ich verließ ihn vor langer Zeit.  Und nun lebt wohl.“
    Victor und Alwin stürzten auf den

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